Stille, unheimliche Geldmaschinen

Aschi Blatter, dem der Ox gehört, sei wenigstens ehrlich, sagte mir unlängst ein einheimischer Interlakner Gewerbler: Blatter habe erzählt, er könne es sich leisten, das Restaurant Ox am Marktplatz geschlossen zu lassen. Natürlich ist das ein jämmerlicher Anblick, insbesondere im Vergleich zu der Zeit, als das Gebäude sorgfältig verpackt war und sich alle darauf freuten, das Geschenk dereinst auszupacken und zu geniessen.
Aber immerhin haben wir es bei Blatter mit einem Alteingesessenen zu tun: kein Vergleich zu den fremden Fötzeln, die ihre Läden leerstehen lassen oder gar vorgeben, sie betrieben ernsthafte Geschäfte – und ich spreche hier nicht von leidlich gelangweilten Weibchen, die sich als Hobby einen Laden leisten, womöglich bezahlt vom gütigen Göttergatten.

Hier sehen wir zum einen die schön verpackte Liegenschaft, deren schönes Restaurant geschlossen ist, weil sich zum anderen der Eigentümer das leisten kann – was Wunder, bei all seinen Firmen.

Von wegen Gewerbe

Nachfolgend darf ich ein paar der bizarren Geschäftsmodelle zeigen, die sich ausbreiten, wenn nicht nur Arbeit nichts mehr wert ist, sondern auch Gewerbe und Handel:

  • Ich spreche von Shops, in denen Kassen ohne Umsatz brummen, um Belege zu generieren, wobei das entsprechende Geld regelmässig bar vorbeigebracht und flugs auf verschiedene Banken verteilt wird, auf dass niemand den Verdacht schöpfe, da werde Geld gewaschen.
In der ehrwürdigen alten Post, gebaut 1888, in der später eine Bank Geld machte, habe ich seit der chinesischen Übernahme samt Verwandlung in einen teuren Lumpenladen kaum je Kundschaft gesehen. Die Liegenschaft gehört einer MWG AG in Luzern, Chef ist Wei Ma, Zeichnungsberechtigte sind Simon Wyss, Felix Kurt Schweizer und Dong Hee Cho, die Geschäftsleitung hat Dong Hee Cho.

  • Ich spreche von Betrieben, in denen ganze Familiennetzwerke jenseits von ordentlichen Arbeitsgesetzen operieren und jeden ordentlichen Gewerbler als Idioten erscheinen lassen, der sich an die Gesetze hält, weil die Regeln ja einen Sinn haben, sprich etwa Gewerbefreiheit, Rechtsgleichheit oder Arbeitnehmerschutz sicherstellen sollten.
In diesem Geschäft unten an der Jungfraustrasse in Interlaken habe ich ausser asiatisch anmutendem Verkaufspersonal noch nie Menschen gesehen. Eine Zeitlang standen Koffer herum, inzwischen sieht es eher nach Salben aus – aber nimmer nach Umsatz. Die Liegenschaft gehört der Häsler AG, die im Umfeld eine ganze Reihe Häuser hat. Im Verwaltungsrat sitzt unter anderem ein ehemaliger Interlakner Gemeindepräsident.
  • Ich spreche von all den Liegenschaften, die sich die Schwerreichen dieser Welt hierzuberge kaufen, um Geld in Boden und Bauten zu verwandeln und den Geldwert damit zu sichern, wenn nicht zu steigern – und zwar ganz unabhängig von jeglichen Umsätzen. Von Rajan über Kumar bis bis Zhongji haben sich auf dem Bödeli Kräfte niedergelassen, zu deren Ursprüngen und Wirkmächtigkeit unsereins vielleicht lieber nicht zu viel wissen möchte. Als ich jedenfalls einmal kriegerischen Zusammenhängen Sri Lankas und Geldflüssen in Oberländer Liegenschaften nachging und darüber schrieb, forderte mich ein Oberländer Anwalt freundlich auf, das sein zu lassen – was ich umgehend tat, zumal ich den besagten Anwalt im Grenzgebiet von Moldawien und Transnistrien verortete.
Gleich gegenüber vom obigen leeren Laden liegt in der Jungfraustrasse dieses Geschäft ohne Kundschaft. Es gehört zum Komplex des Hotels Weisses Kreuz, das dem südkoreanischen Unternehmer Su Young Kwon gehört – er ist auch Eigentümer des Hotels Krebs ganz in der Nähe an der Bahnhofstrasse. Zeichnungsberechtigt ist hüben und drüben auch der Allzweckstatthalter Jürg Zumkehr, neben Markus Friedli der weitum grösste Ausverkäufer der Heimat. Wobei erschwerend hinzukommen mag, dass auf Friedli christlicher Glanz fällt, während Zumkehr der SVP huldigt.

Von wegen Neid

Zu schlechter Letzt höre ich schon die alte Leier vom Neid. Mit Verlaub ist mir diese Empfindung, die als Todsünde gilt, eigentlich komplett fremd: Seit frühester Kindheit habe ich im Privaten, im Sportlichen, im Sozialen und im Beruflichen so viel bekommen, dass ich nur demütig sein kann.
Hier geht es mithin nicht um Neid, sondern um Recht und Ordnung: dass sich Arbeit lohnt, dass die Anständigen nicht die Dummen sind, dass die netten Gutmenschen nicht systemisch übervorteilt werden und wir auf eine Spur geraten, die in Putins Russland endet, in Xis China, in Rajapaksas Sri Lanka oder in den Höfen und Kerkern arabischer Fürstentümer.
So einfach ist das und so klar. Aber unglaublich schwer zu machen: Denn das Genossenschaftliche unserer 1000 Jahre alten Berg- und Burgerschaften und das Republikanische unsere Passstrassen, unserer Schulen, Kraftwerke und Eisenbahnen ist institutionell zwar unerreicht stark und tüchtig, aber kapitalistisch armselig und schwach.

In diesem einzigartigen, in den letzten Jahren rundum sanierten Ründihaus am Marktplatz Interlaken herrscht immerhin Klarheit: Es ist im Parterre seit Jahren geschlossen, und in den Wohnungen in den Obergeschossen weiss die Mieterschaft nicht, an wen sie sich wegen des Abfalls in den Treppenhäusern wenden soll – bitte melden, Ammann Globalbau.

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