125 Jahre Linke in Unterseen

Ernst Schläppi ist seit Januar 2020 nicht mehr; wie mein Vater Peter Grunder starb auch Ernst Schläppi in stillen Zeiten und hohem Alter: Corona verbat sich grosse Begräbnisse mit vielen Menschen.
An dieser Stelle soll an beide Männer und ihr gesellschaftspolitisches Engagement erinnert werden – mit einem kleinen, feinen historischen Werk von Ernst, zu dem ich vor mehr als 20 Jahren technische Hilfe leisten durfte.
Ernst Schläppi fasste die grosse Geschichte der Unterseener Linken zusammen und veröffentlichte sie in einer Broschüre: eine grossartige Chronik, detailreich und lebendig und beeindruckend zeigend, dass jedes Tun und Lassen immer auch lokal ist.

Weil diese Chronik in den Webseiten der SP Unterseen nicht mehr zu finden ist, nehme ich mir die Freiheit, sie hier telquel nachzureichen.

Streben nach sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung

Ein Vorwort
Zur Einführung
Über die Arbeiterbewegung
Auf dem Weg zu einer sozialen Schweiz
Zur Entwicklung der SP im Kanton Bern
Aus der Geschichte der SPU
Der Allgemeine Arbeiterverein Unterseen
Erster Arbeiterverein

Reaktivierung zum zweiten Arbeiterverein
Die sozialdemokratische Partei Unterseen
Namensänderung am 1. Mai 1918
Parteiorganisatorisches
SP-Kulturorganisationen auf dem Bödeli
Politisches Wirken in der ersten Nachkriegszeit
Streitpunkte, Stellungnahmen, Entwicklungen
Kampf gegen die Nazis auf dem Bödeli
Gleichberechtigung der Frauen
Gemeindewahlen
Schlussbemerkungen
Verzeichnisse
SPU – Parteipräsidenten und Parteisekretäre
SPU-Gemeindepräsidenten und Gemeinderäte
SPU-Mitglieder im Bernischen Grossen Rat
Benutzte Quellen und Publikationen

Ein Vorwort

Im Sommer 1997 haben Ernst Schläppi und ich erstmals über die Möglichkeit eines geschichtlichen Rückblickes unserer Partei gesprochen, weil 1998 das 80-jährige Jubiläum der SP Unterseen bevorstand. Wir haben dann aber bemerkt, dass in Kürze noch ein viel markanteres Jubiläum zu feiern sein wird: Am 15. Januar 1899 wurde der erste Arbeiterverein Unterseen gegründet, ein direkter Vorläufer der SP Unterseen. Die Arbeiterbewegung ist in Unterseen somit 1999 bereits 100 Jahre aktiv.

Wir sind froh und dankbar, dass Ernst Schläppi sich Zeit und Raum schaffen konnte, die alten Unterlagen unserer Partei zu sichten, zusammenzufassen und zu kommentieren. Leider fehlen für die Zeit von 1933 bis 1946 sämtliche Protokollbände. Glücklicherweise konnte diese Lücke wenigstens zum Teil durch Material aus der privaten Dokumentensammlung und mit persönlichen Erinnerungen von Gottfried Beyeler geschlossen werden. Der heute 90-Jährige hat die Geschichte unserer Partei in den 30-er, 40-er und 50-er Jahren stark geprägt. Der heutige Vorstand der SPU möchte an dieser Stelle Gottfried Beyeler ganz herzlich für seine Mitwirkung bei der Aufarbeitung der Parteigeschichte danken.

Nach dem 2. Weltkrieg haben dann Ernst und Margrit Schläppi-Brawand ihre langjährige politische Arbeit im Stedtli begonnen. Beide konnten mit eigenem Material und Erinnerungen das Bild der neueren Entwicklung der SP Unterseen und der Bernischen Sozialdemokratie in glücklicher Weise ergänzen.

So ist in kurzer Zeit eine recht umfangreiche Dokumentation zur Entwicklung der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratischen Partei in Unterseen entstanden. Es ist interessant und aufschlussreich, die Jubiläumsschrift zu lesen und viele unbekannte Einzelheiten aus der 100-jährigen Geschichte unserer Partei kennenzulernen. Und wir sind gleichzeitig dankbar, dass mit dieser Arbeit die Gefahr gebannt werden konnte, die spannende Vorgeschichte unserer Partei in Vergessenheit geraten zu lassen.

Der Vorstand der SPU dankt Ernst Schläppi ganz herzlich für den grossen Einsatz, der unserer Partei einen Teil ihrer Identität wieder gibt. Der Dank gilt aber auch Margrit Schläppi-Brawand, die ihren Teil zum Gelingen der Schrift beigetragen hat. Wir hoffen, dass die Aufzeichnung der Geschichte der SPU mit ihren Hochs und Tiefs auch Ansporn ist, die politische Arbeit zugunsten von weniger privilegierten Bevölkerungsschichten fortzusetzen. Die aktuelle Entwicklung läuft in erschreckendem Tempo darauf hin, überwunden geglaubte soziale Unterschiede und Spannungen wieder aufleben zu lassen. Deshalb ist der Kampf für soziale Gerechtigkeit keineswegs ausgestanden.

Unterseen, im August 1999
Für die Parteileitung: Hanspeter Berger

Zur Einführung

Die Sozialdemokratische Partei ist kein Verein zur Gestaltung der Freizeit ihrer Mitglieder, sondern eine Organisation zur Verbesserung der Lebensverhältnisse. Politische Parteien tragen von ihrer Aufgabe her eine hohe Mitverantwortung für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Sie können jedoch nur eine nachhaltige Wirkung erzeugen, wenn die überwiegende Mehrzahl ihrer Mitglieder von einer allen gemeinsamen Grundhaltung geprägt sind und danach handeln, und sie bleiben in der Bevölkerung nur verwurzelt, wenn sie sich auch der kulturellen Bedürfnisse der Einzelnen annehmen. Die Geschichte unserer Parteisektion ist deshalb auch ein Teilstück des gesellschaftlichen Wandels in unserem Land und darum nur auf dem Hintergrund der allgemeinen Geschichte zu verstehen. Die Jubiläumsschrift wurde auf Anregung des Parteipräsidenten erstellt und dafür die noch vorhandenen, sich im Besitz der SP Unterseen befindenden Protokollbücher durchstöbert. Leider fehlen von 1933 bis 1946 in einer welt- und innenpolitisch stürmischen und für die Parteientwicklung wichtigen Periode die Protokolle; sie setzen erst wieder im August 1947 ein. Weitere Unterlagen bot eine Dokumentensammlung von Gottfried Beyeler aus den Zeiten seiner hohen Aktivität für unsere Partei auf allen Ebenen. Auch persönliche Erinnerungen sind eingeflossen.

In der vorliegenden „Geschichte“ wird das politische Geschehen aus der Sicht der seit hundert Jahren bestehenden Arbeiterorganisation in Unterseen dargestellt. Von allgemeinem Interesse dürfte sein, wie sich die Landespolitik auf das lokale Geschehen ausgewirkt hat. Der Bericht enthält aber auch Einzelheiten, die wohl nur die direkt Betroffenen interessieren. Trotzdem soll darauf nicht verzichtet werden; denn sie bilden farbige Steine im grauen Mosaikbild der Geschichte. Bei der Auswahl der Zitate war es auch nicht zu vermeiden, dass eigene Erlebnisse mit eine Rolle spielten, war doch der Verfasser in den letzten fünfzig Jahren sowohl in der Sozialdemokratischen Partei wie in den Gemeindebehörden in Unterseen selber aktiv. Der Bericht über „100 Jahre Streben der SPU nach sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung“ enthält zur Information der heutigen Mitglieder viel Parteiinternes, beleuchtet aber auch Allgemeingültiges, und er ist im Besonderen allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern als Dank für die gute Zusammenarbeit in der Sozialdemokratischen Partei und in den Behörden von Unterseen und für die mir in all den Jahren gewährte Unterstützung gewidmet.

Unterseen, im Juli 1999:
Ernst Schläppi

Über die Arbeiterbewegung

Auf dem Weg zu einer sozialen Schweiz

Der Kampf um bessere Lebensverhältnisse ist so alt wie die Menschheit. Meist ging es dabei um das tägliche Brot, manchmal auch um eine gerechtere Beteiligung der arbeitenden Bevölkerung zu Stadt und Land am Wohlstand einer Oberschicht. Die Bauernkriege in der Reformationszeit in Deutschland sind ein Beispiel dafür, mit welcher Härte die Privilegierten im Laufe der Geschichte sich immer wieder gegen begründete Ansprüche der ärmeren Bevölkerungsschichten zur Wehr zu setzen wussten. Erst, als in der Zeit der Aufklärung allgemein die Einsicht wuchs, dass Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle gelten müssen und diese Ziele in der Französischen Revolution zu politischen Forderungen wurden, entstand ebenfalls bei uns ein grosser Druck zur Neuordnung der menschlichen Gesellschaft. Im beginnenden Maschinenzeitalter erzwangen die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse eine Neuordnung des Staatswesens. Der Untergang des Alten Bern und der Alten Eidgenossenschaft im Jahre 1798 und die Bundesverfassung von 1848 sind nur zwei Marksteine in dieser Entwicklung.

Die Geschichte unserer Arbeiterbewegung reicht über zweihundert Jahre zurück. Sie begann, als gegen Ende des 18.Jahrhunderts Maschinen erfunden wurden, die mehr produzieren konnten als die Menschen mit blosser Handarbeit zustande brachten. Damit endete die Zeit der Webstühle – wo in isolierter Heimarbeit zu Löhnen, wie sie von herumreisenden „Baumwollherren“ diktiert wurden, von frühmorgens bis spätabends ums nackte Überleben gekämpft werden musste – und das Maschinenzeitalter brach an. Es führte zusammen mit dem durch die französische Revolution in Europa eingeleiteten politischen Umbruch zu ganz neuen Lebensgewohnheiten und Arbeitsverhältnissen.

An Flussläufen entstanden mit Wasserkraft betriebene Tuchfabriken. Die dort arbeitenden Weber wurden nun zu „Fabriklern“, die sich mit ihrem neuen Arbeitsort dem Familienkreis entfremdeten und dort gleichzeitig einem schrankenlosen ausbeuterischen Wirtschaftsliberalismus ausgesetzt waren. Mit Kinderarbeit wurde der Gewinn weiter maximiert. Verzweiflung und Not trieb zur Selbsthilfe. So kämpften zum Beispiel die Weber gegen die Einführung von mechanischen Webstühlen und steckten 1832 in Uster eine neu eingerichtete Fabrik in Brand. Der technische Fortschritt ging trotzdem unaufhaltsam weiter. Aus der mechanisierten Textilindustrie entwickelte sich später die für unser Land bedeutungsvolle Maschinen- und Metallindustrie.

In diesem gewandelten sozialen und gesellschaftlichen Umfeld entstanden die Arbeiterorganisationen. Zuerst wurde 1838 in Genf der Grütliverein von Johannes Niederer, einem Freund und Mitarbeiter von Heinrich Pestallozzi als gesellige Vereinigung für in Genf niedergelassene Ostschweizer gegründet. Unter der Devise „Durch Bildung zur Freiheit“ verbreitete sich dieser patriotisch-demokratische Arbeiterbildungsverein über das ganze Land. Um die Mitte des 19.Jahrhunderts plagte unser Land eine Massenarmut, Auswanderungswellen nach Übersee waren die Folge. Als Karl Marx und Friedrich Engels eine europaweite Diskussion um das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit entfachten und 1848 das Kommunistische Manifest erschien, schreckte das besitzende Bürgertum auf. Die Arbeiterschaft organisierte sich und forderte bessere Lebensverhältnisse und gesellschaftliche Anerkennung. Der Kampf um Sozialreformen begann. Es entstanden Armengesetze, Kinderschutzgesetze, Arbeitszeitgesetze und im Kanton Glarus im Jahr 1864 das erste Fabrikgesetz (mit 12 Stunden täglicher Arbeitszeit für Erwachsene, Verbot von Nachtarbeit, Schonzeit für Schwangere), im Kanton Bern z.B. im Jahr 1865 eine Verordnung über Kinderschutz in Phosphor- und Zündholzfabriken.

1864 kam es auf Initiative englischer Gewerkschafter und französischer Gruppen zu einem die Landesgrenzen übergreifenden Zusammenschluss der Arbeiterbewegung, der „Ersten Internationalen“. Sie verlegte ihren Sitz nach Amerika und wurde 1876 wieder aufgelöst. Bei uns wurde im Jahr 1873 in Olten als Zusammenfassung aller lokalen Arbeiterorganisationen der erste Arbeiterbund der Schweiz gebildet. Daraus entwickelten sich der 1880 gegründete Schweizerische Gewerkschaftsbund, und nach zwei vergeblichen Anläufen wurde schliesslich im Jahre 1888 die Schweizerische Sozialdemokratische Partei geschaffen, in der dann nach dem ersten Weltkrieg der Grütliverein aufging. Die SPS trat 1889 der Sozialistischen Arbeiter-Internationalen bei, der sogenannten Zweiten Internationalen, die 1912 in Basel mit einer grossen Friedenskundgebung vergeblich den aufziehenden Weltkrieg zu verhindern suchte. 1919 trat die SPS aus dieser bedeutungslos gewordenen Organisation aus.

Parallel zu dieser Entwicklung waren auch die Bürgerlichen nicht untätig. Nachdem die Konservativen und die Liberalen im 19.Jahrhundert in den Kantonen und seit der Gründung des Bundesstaates im Jahre 1848 in unserem Lande die Führungsrolle ohne spezielle Parteiorganisationen innehatten, entstanden 1863 der landwirtschaftliche Verein als Vorläufer des heutigen Bauernverbandes, 1870 der Handels- und Industrieverein und 1879 der Gewerbeverband, 1894 wurde die Freisinnig-demokratische Partei der Schweiz gegründet und schliesslich existiert die Konservative Volkspartei als festgefügte Organisation ab 1912, während die heutige SVP ursprünglich als Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) im Jahre 1919 vom nachmaligen Berner Bundesrat Minger gegründet wurde.

Die älteste gesamtschweizerische Organisation in der Arbeiterschaft war der 1838 in Genf gegründete Grütliverein. Unter seiner Mitwirkung entstanden im ganzen Land Speiseanstalten, Sparkassen und Krankenkassen. Neben seinem politischen Wirken auf eidgenössischem und kantonalem Boden entfaltete der Grütliverein ein aktives geselliges Vereinsleben im Gesang- sowie im Turn- und Schützenwesen. Anfänglich marschierten die Grütlianer politisch an der Seite der Linksradikalen. Bei den Bemühungen um die Gründung einer schweizerischen sozialdemokratischen Partei hielten sie Distanz, stellten sich dann aber 1892 durch eine Statutenrevision auf den Boden der Sozialdemokratie. Sie trennten sich 1915 wegen der zunehmenden Radikalisierung der Arbeiterschaft in der Not des ersten Weltkrieges von der SPS und lösten sich schliesslich im Jahre 1925 als Verein auf.

Nach der Gründung der SPS im Jahre 1888 wurde 1890 in Zürich ein erster SP-Nationalrat gewählt. Die junge Partei begann ihren politischen Kampf im Jahre 1899 mit einer Initiative „Recht auf Arbeit“, ihr Sprachrohr wurde die „Berner Tagwacht“. Die SP-Vertretung im Nationalrat wuchs bis 1902 auf sieben Mitglieder an und erhielt wegen ihrem Hauptsprecher Hermann Greulich den Übernamen „Kapelle Greulich“. Vor dem ersten Weltkrieg zählte die SP-Fraktion bereits 17 Mitglieder, wobei zu diesem Zuwachs die religiös-soziale Bewegung unter Pfarrer Leonhard Ragaz beitrug, der 1913 aus Protest gegen die Haltung des Bürgertums nach dem Zürcher Generalstreik der SP beitrat und damit kirchliche Solidarität mit der organisierten Arbeiterschaft demonstrierte. Ragaz und seine Anhänger waren militante Pazifisten und traten für einen freiheitlich-demokratischen Sozialismus ein und stemmten sich, wie der Berner Robert Grimm an den Konferenzen von Zimmerwald 1915 und Kiental 1916, wo auch Lenin teilnahm, gegen linksradikale Tendenzen. 1918 kam es zur Spaltung der Arbeiterbewegung und in Zürich zur ersten Gründung einer Kommunistischen Partei.

Nach der überstandenen Not der Kriegszeit wurde unser Land durch den grossen Generalstreik erschüttert. Er dauerte vom 12. bis 14.November 1918; an den Schlusskundgebungen zum Streikabbruch nahmen ungefähr 250’000 Leute teil. In der Schweiz wurde gegen streikende Arbeiter oft das Militär aufgeboten, so z.B. 1860 in Lausanne, 1869 im Bauarbeiterstreik in Genf, 1875 im Streik der Mineure beim Gotthardtunnelbau mit 4 Toten und 12 Verwundeteten, 1898 im Bauarbeiterstreik in Genf, 1901 im Streik der Simplon-Tunnelarbeiter, 1902 im Genfer Generalstreik, der zu 300 Dienstverweigerern führte, 1903 im Maurerstreik in Basel, 1904 im Rickentunnelarbeiterstreik sowie 1912 im Zürcher Generalstreik. Die in der Arbeiterschaft sich entwickelnde ablehnende Haltung gegenüber der Armee ist zum Teil auf diese Ereignisse zurückzuführen. Im Generalstreik 1918 antwortete das „Oltener Aktionskomitee“ auf das von General Wille beantragte und vom Bundesrat beschlossene grosse Truppenaufgebot mit einem allgemeinen Aufruf und stellte dabei neun Forderungen:

  • sofortige Neuwahl des Nationalrates nach Proporz
  • aktives und passives Stimmrecht der Frauen
  • Einführung einer allgemeinen Arbeitspflicht
  • 48-Stunden-Woche in öffentlichen und privaten Unternehmen
  • Reorganisation der Armee zu einem Volksheer
  • Sicherung der Lebensmittelversorgung
  • Schaffung einer Alters- und Invalidenversicherung
  • Staatsmonopol für Importe und Exporte
  • Tilgung der Staatsschulden durch die Besitzenden

Mit einem grossen Militäraufgebot wurde der Abbruch des Generalstreiks erzwungen, und die Hauptverantwortlichen des Streikkomitees wurden im folgenden Jahr in einem Prozess von einem Militärgericht zu Gefängnisstrafen verurteilt. Robert Grimm sass sein halbes Jahr im Schloss Blankenburg im Obersimmental ab.

Nachdem die SPS bereits im Jahr 1913 eine Initiative für die Proporzwahl des Nationalrates eingereicht und die entsprechende Abstimmung 1918 gewonnen hatte, fanden 1919 die ersten Nationalratswahlen nach neuem System statt. Die SP konnte unmittelbar nach dem Generalstreik ihre Sitzzahl auf 41 verdoppeln. Mit diesem Erfolg wurde die Arbeiterbewegung zu einer entscheidenden politischen Kraft in unserem Lande. Und als weitere Frucht des Generalstreiks brachte eine Teilrevision des Fabrikgesetzes die 48-Stunden-Woche. 1935 änderte die Partei angesichts der Bedrohung der Demokratie durch Hitlerdeutschland ihre ablehnende Haltung zur Landesverteidigung und trat während des zweiten Weltkrieges, nach einem erneuten Wahlerfolg im Jahre 1943 mit weiteren 11 Sitzgewinnen, in den Bundesrat ein. Erster SP-Bundesrat wurde der in Grindelwald aufgewachsene, als Mitglied des Oltener Streikkomitees verurteilte Ernst Nobs, der als Redaktor an der Zürcher SP-Zeitung „Volksrecht“ gewirkt hatte und später zum Stadtpräsidenten von Zürich aufgestiegen war.

Ein weiterer Markstein auf dem Weg zu einer sozialeren Schweiz war die von der Linken seit den ersten Weltkrieg geforderte AHV, deren Einführung durch die im zweiten Weltkrieg unter den verschiedenen Bevölkerungsschichten entstandene Solidarität im Jahre 1947 möglich wurde. Der Ausbau unseres Landes hin zu einer sozialeren Schweiz beschleunigte sich, als der nachfolgende SP-Vertreter Max Weber im Jahr 1953 aus Protest aus dem Bundesrat zurücktrat und die SP im Jahre 1959 mit zwei Vertretern in die Regierung zurückkehrte. Der Kampf um gleiche Rechte für alle dauerte weiter an, so vor allem in der Frage der Gleichberechtigung der Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Zur Entwicklung der SP im Kanton Bern

Nach einem fehlgeschlagen Versuch im Jahre 1875, die bernische Arbeiterschaft politisch zu organisieren, gelang 1890 die Gründung des Kantonalverbandes bernischer Grütli- und Arbeitervereine als Vorläufer der SP-Kantonalpartei. Als Verbindung zwischen der Partei und den Gewerkschaften entstand daneben die Arbeiterunion Bern, die 26 Gewerkschaften, die Sozialdemokraten, den Grütliverein und die im Bernbiet entstandenen deutschen Arbeitervereine umfasste. Im gleichen Jahr 1890 fand in Bern die erste Maifeier statt, wie dies ein Jahr zuvor am Internationalen Arbeiterkongress in Paris beschlossen worden war. Und im gleichen Jahr nahmen in Bern die Konsumgenossenschaften ihren Anfang.

Im Jahr 1893 ereignete sich in Bern der sogenannte Käfigturmkrawall, der landesweit grosses Aufsehen erregte. Auf dem Stadtgebiet waren etwa 300 Bauarbeiter arbeitslos. Als die Unternehmer dann noch billigere ausländische Arbeiter einstellten, rief ein nicht gewerkschaftlich organisierter Bauhandlanger zu einer Protestversammlung auf. Nach deren Ende stiessen etwa 60 empörte arbeitslose Maurer und Handlanger auf stadtnahen Bauplätzen mit italienischen Bauarbeitern zusammen, was die bereitstehende Polizei zum Einschreiten veranlasste. Die Krawallmacher wurden verhaftet und im Käfigturm eingesperrt. Danach kam es vor dem Käfigturm zu Demonstrationen für deren Frei-lassung, was wiederum zu Zusammenstössen mit der Polizei und der Feuerwehr führte. Sogar Truppen wurden aufgeboten. Bern lebte während eines Monats wie in einem Belagerungszustand. Bilanz: 74 Verhaftete, 100 Verwundete. Im folgenden Prozess sollte mit den Sozialisten abgerechnet werden, doch konnte der Arbeiterunion keine Verbindung mit den Krawallern nachgewiesen werden. Das Geschworenengericht fällte gegen die Beteiligten harte Strafen von gesamthaft 30 Jahren Freiheitsentzug. Obwohl die Urteile nach einem Kassationseinspruch noch etwas gemildert wurden, konnte der Obmann des Geschworenengerichts sich damit nicht zurecht finden und spendete als Privatmann Geld für die Familien der Verurteilten, und angesehene Freisinnige wie der spätere Stadtpräsident Gustav Müller, der Generalprokurator Zraggen und der Staatsschreiber Kistler traten aus Protest der Sozialdemokratischen Partei bei. Die Gewerkschaften führten schliesslich eine Sammlung für die Inhaftierten und zur Deckung der Prozesskosten durch.

1893 wurde in Bern als Arbeiterzeitung die „Tagwacht“ gegründet, 1894 im Wahlkreis Bern-Land bereits der erste Grossrat und 1895 der erste sozialdemokratische Vertreter in den Gemeinderat der Stadt gewählt. 1905 kam es zur Gründung der kantonal-bernischen SP, ihr erster Sekretär war Eugen Münch. Und im Jahr 1907 wurde in Biel der erste sozialdemokratische Stadtpräsident gewählt. Dann ging es noch über dreissig Jahre, bis 1938 mit Robert Grimm der erste Vertreter der SP in die Berner Regierung eintreten konnte.

Aus der Geschichte der SPU

Vor dem Hintergrund der nationalen Entwicklung nimmt sich die Geschichte einer Lokalpartei und das, was man von ihr noch weiss, nur bescheiden aus. Da sich aber jede politische Bewegung stets aus einer Grosszahl meist kleiner Einzelaktivitäten summiert, haben auch sie ihre Bedeutung. Die von vielen Gesinnungsgenossen ohne grosses Aufheben geleistete Arbeit in Gemeinde und Kanton verdient Anerkennung. Darum soll sie zum Jubiläum der hundertjährigen Arbeiterbewegung in Unterseen zusammengetragen und – wenn auch lückenhaft – im Folgenden dargestellt werden. Dabei muss gleich vorausgeschickt werden, dass die Ursprünge der Arbeiterorganisation noch weiter zurückreichen; an der Hauptversammlung der SPU vom 21.Januar 1933 dankte Genosse Fritz Mägli „für die Anerkennung, die ihm für 50-jährige Mitgliedschaft bei der Arbeiterschaft zuteil wurde.“ Er war 1883 als Zwanzigjähriger in Sonvillier im Jura in den Grütliverein eingetreten.

An einer Versammlung der Frauengruppe Unterseen vom 13. Mai 1959 berichtete Genosse Rudolf Kunz als damals ältester Gewerkschafter, seinerzeit Gemeinderat von Interlaken und auch bernischer Grossrat, über seine Erinnerungen aus den Anfängen des sozialpolitischen und gewerkschaftlichen Lebens auf dem Bödeli. Im Protokoll wurde darüber festgehalten: „Die ersten gewerkschaftlichen Organisationen waren der Schneiderfachverein, dann kamen die Typographen, politisch betätigte sich der Grütliverein. 1897 war die erste 1. Maifeier; 400 Italiener nahmen daran teil.“

Der Allgemeine Arbeiterverein Unterseen

Erster Arbeiterverein

Gründungsversammlung am 15. Januar 1899

Das erste erhalten gebliebene Dokument aus der Geschichte der Arbeiterbewegung in Unterseen trägt auf dem Deckel die Aufschrift: „Protokollbuch des Allg. Arbeiter-Vereins Unterseen“. Im Innern beginnt es direkt mit der Überschrift und dem dazugehörigen Bericht über die Gründungsversammlung:

„Hauptversammlung, Sonntag, 15.Januar 1899, nachmittags 11/2 Uhr.

Als Tagespräsident wurde gewählt Gen.Grünig; als Sekretär Jakob Häsler; als Stimmenzähler Fr.Hirni und Jakob Imboden. Hierauf folgte die Berathung der Statuten, welche artikelweise abgelesen wurden. Bei Art.4 stellt Chr. Rubin den Antrag, das Eintrittsgeld von 40 auf 50 Cts. zu erhöhen, derselbe wird von der Versammlung verworfen. Bei Art.7 wurde hinzugefügt: Ein jedes Mitglied ist verpflichtet, eine auf ihn gefallene Wahl auf eine Amtsdauer anzunehmen. Dieser Paragraph wurde angenommen.

Die Monatsversammlungen wurden statt alle drei Wochen auf vier Wochen festgesetzt. Hierauf fand die Wahl des Vorstandes statt, welche folgendes Resultat ergab:

Präsident: Daniel Grünig; Vicepräsident: Gottfried Sterchi; Sekretär: Karl Michel; Kassier: Jutzeler; Weibel: Peter Hirni und Fritz von Allmen; Beisitzer: Chr. Rubin; Rechnungsrevisoren: Brog, Balsiger und Kurt; Delegierte in die Arbeiter-Union: Mägerli, Rubin und Beer. Es wurde beschlossen, die Zahl der Mitglieder an die Arbeiter-Union auf 40 festzustellen.“

Mit der Beratung und Genehmigung von vorbereiteten Statuten und der Wahl des Vereinsvorstandes war der „Allgemeine Arbeiterverein Unterseen“ gegründet. Der Verein beschloss dabei entgegen einem vorgeschlagenen dreiwöchigen Versammlungsrhythmus nur alle vier Wochen zusammenzukommen. Der Zweckartikel dürfte ähnlich gelautet haben, wie er für den in der gleichen Zeit gegründeten Allgemeinen Arbeiterverein der Parquet- und Chaletfabrik festgehalten wurde und erhalten geblieben ist:

„Art.1 Der Verein stellt sich die Aufgabe, die Interessen der organisierten Arbeiter zu fördern und zu schützen und unter seinen Mitgliedern das Solidaritätsgefühl (d.h. das Gefühl zur Verpflichtung in den verschiedenen Wechselfällen des Lebens sich gegenseitig helfend, belehrend und beratend beizustehen), das Streben nach bildender Vervollkommnung und denkendem Schaffen wachzurufen und dieselben zu strenger Erfüllung, sowohl der allgemein menschlichen wie beruflichen und bürgerlichen Pflichten anzuregen.“

Wo die Gründungsversammlung stattfand, ist nicht festgehalten. Auf dem Bödeli bestand bereits eine übergeordnete Organisation, die Arbeiter-Union. Der Allgemeine Arbeiterverein Unterseen war dort von allem Anfang an Mitglied, bestimmte dafür drei Delegierte und meldete als Bestand 40 Mitglieder. Man sprach sich gegenseitig mit dem noch unbelasteten Namen „Genosse“ an. Ein Mitgliederverzeichnis ist nicht erhalten geblieben. Aus den im ersten Vereinsjahr im Protokoll an Einzelne zugeteilte Aufgaben lässt sich belegen, dass Mitglieder waren: Ärni, von Allmen Fritz, Balsiger Alex, Beer, Beuggert Albert, Dietrichs, Gross Heinrich, Grünig Christian, Grünig Daniel, Häsler Jakob (später Mitglied des Schneiderfachvereins), Hirni Fritz, Hirni Peter, Hochstrasser, Huggler Gottlieb, Imboden Jakob, Jutzeler Jakob, Jäck Kurt, Ledermann Christian, Mägerli Johann, Michel Karl, Münger A., Roth Eduard, Rubin Christian, Schallenberg Friedrich, Schmocker Johann, Schuler Albert, Sterchi Gottfried, Strauss Eduard, Strauss Lebrecht, Zenger Fritz, Weber Johann, Wyss Christian, Wymann, Zingg.

Aus dem ersten Vereinsjahr

Der Verein zeigte eine rege, politisch ausgerichtete Tätigkeit. Die Arbeiterschaft drängte, den ihr zukommenden Platz in der Gesellschaft zu erreichen und von ihr beachtet und ernstgenommen zu werden. Die wichtigsten Anliegen und Vorkommnisse waren:

1899, den 12.Februar

„Die Monatsversammlungen sind auf einen Wochentag zu versetzen.

Eine Kollekte für die Familie des Gen. Bärtschi ergab 2 Fr. 50 Cts.

Hierauf hielt Genosse Kunz ein lehrreiches Referat über den Nationalratswahlproporz.“

Das Thema war aktuell, weil noch kein bernischer Sozialdemokrat im Nationalrat sass und keiner im geltenden Majorzwahlsystem eine Chance zur Wahl hatte. Im Herbst des Jahres 1899 verzichtete die Arbeiterunion dann auch auf die Teilnahme an den Nationalratswahlen.

1899, den 6.April

„Begehung der Maifeier. Zur Maifeier wurde beschlossen, Beteiligung an derselben jedem freizustellen. Wenn jedoch das Referat am Abend abgehalten würde, so sollte womöglich ein jeder erscheinen.

Unter Unvorhergesehenem wurde der Antrag gestellt, man sollte sich umsehen für ein geeigneteres Lokal, sodass man mehr öfters zusammen kommen könnte. Auch wurde beschlossen, einige socialpolitische Zeitungen zu abonnieren. Der Vorstand wurde beauftragt, dieses durchzuführen.“

Mit dieser Protokollnotiz ist eindeutig belegt, dass auf dem Bödeli schon vor der Jahrhundertwende 1.Maifeiern durchgeführt wurden.

1899, den 13.April, abends 81/2 Uhr

„Traktanden: 1. Lokalfrage, mit Herrn Fahrni, Wirt zum Sternen. Herr Fahrni offeriert dem Verein ein Lokal gratis zur Verfügung, mit Ausnahme das Licht. Es wurde beschlossen, einen schriftlichen Vertrag mit ihm zu machen.

2. Fabrikgesetz. Über das Fabrikgesetz wurde beschlossen, eine Diskussionsstunde abzuhalten.

3. Schreiben an den Einwohnergemeinderat. Der Einwohnergemeinderat soll in einem Schreiben ersucht werden, die Versammlungen auf einen Abend oder auf Sonntag nachmittag zu verlegen. Ebenfalls sei eine Vertretung bei kantonalen und eidg. Abstimmungen im Wahlausschuss zu erlangen.

Im Verschiedenen wird die Anregung gemacht, alle 14 Tage eine Sitzung abzuhalten, was auch zum Beschluss kam. Jedoch wird diese zweite Sitzung ohne Busse abgehalten, nur bei Monatsversammlungen wird unentschuldigtes Ausbleiben mit 20 Cts. gebüsst. Ferner wird beantragt, einen Aufruf zur Gründung einer Bibliothek in der Arbeiterstimme und Berner Tagwacht zu erlassen. Dieses wurde einstimmig begrüsst.“

Die Versammlungen fanden im „Sternen“, dem heutigen „Rössli“ statt. Der Verein wurde straff geführt. Wer den Monatssitzungen fernblieb und sich nicht entschudigte, zahlte nach Statuten eine Busse. Die Arbeiter wollten an den Gemeindeversammlungen teilnehmen können und verlangten vom Gemeinderat, diese nicht unter der Woche über Tag anzusetzen, wo nur die Bauern und die selbständigen Gewerbler hingehen konnten.

1899, den 17.April

„Ausserordentliche Versammlung, abends 81/2 Uhr

Da sich schon eine ordentliche Zahl Abnehmer der Consumgenossenschaft angemeldet hat, musste ein Verwaltungsrat gewählt werden. Gewählt wurde Genosse Grünig, Präsident.

Am Platz des ausgetretenen Mitgliedes Ärni, der ebenfalls Beisitzer in der Arbeiter-

union war, wurde an dessen Stelle Genosse Alex Balsiger gewählt.“

Der Arbeiterverein beteiligte sich aktiv an der als Selbsthilfeorganisation wirkenden Konsumgenossenschaft und wurde dazu von allem Anfang an beigezogen.

1899, Samstag, den 29.April, abends 81/2 Uhr

„Monatsversammlung, anwesend 31 Mann.

Über die Maifeier wurde beschlossen, sich zahlreich am Abend beim Referat einzufinden. Es wurde beschlossen, sich abends 7 Uhr im Lokal zu versammeln und in Corpore sich zu beteiligen.

Betreff der Diskussion des Fabrikgesetzes wurde erwähnt, sich an der Diskussionsstunde des Grütlivereins, der sämtliche Vereine dazu einladet, zu beteiligen, da wir selber noch nicht im Besitze eines Fabrikgesetzbuches sind.

Schluss der Sitzung 101/2 Uhr, anwesend 36 Mann.“

Die Zusammenarbeit mit dem Grütliverein wurde vom Arbeiterverein als eine Selbstverständlichkeit hingenommen.

1899, Dienstag, den 9.Mai

„Ausserordentliche Sitzung. Auf Einladung des Unionspräsidenten Genosse Zimmermann an die sämtlichen Vereinspräs. am 5.Mai betreff Waldfest bringt Genosse Grünig vor, ob dieses Jahr ein Waldfest stattfinden soll und in welcher Weise. Genosse Zimmermann erläutert dasselbe und spricht sich darüber aus, dass es dieses Mal besser organisiert werde. Ferner bringt er in Anregung auf eine costümierte Gruppe am Wege und eine Anzahl Kinder, die sich ebenfalls am Zuge beteiligen sollen.

Jedoch werden die Kinder zu den Festspielen eingeladen und auf dem Festplatz soll etwas Essen und Trinken verabfolgt werden. Nach kurzer Diskussion wurde beschlossen, ein Waldfest abzuhalten. Ferner wurde beschlossen, die Festwirtschaft der Union zu überlassen.“

Der neugegründete Arbeiterverein wurde demnach gleich in das allgemeine gesellschaftliche Geschehen einbezogen. Mit der Durchführung des Waldfestes, das schon in früheren Jahren stattgefunden hatte, wurden die Vereinsmitglieder stark belastet. Es ergab bei Einnahmen von Fr. 756.75 und Ausgaben von Fr. 567.65 ein „Benefiz“ von

Fr. 175.10. Ob der sommerliche Anlass im heute noch so geheissenen Waldfestwäldchen am Lombach stattfand, lässt sich aufgrund des Protokolls nur vermuten. Und schon im ersten Sommer des Bestehens eröffnete der Verein einen Fonds zur Anschaffung einer Fahne.

Der Arbeiterverein Unterseen nahm neue Mitglieder auf, so aus Unterseen Brog Albert, Brönnimann Samuel, Zimmermann, Götz Eduard, Korbflechter, Gysi Christian, Gysi Gottfried, Schuhmachers, Müller Samuel, Dachdecker, Wenger Robert, Zimmermann, aber auch auswärtige Mitglieder, so Michel Alex, Schnitzler und Urfer Johann, Fabrikarbeiter von Bönigen, dazu Leuthold Kaspar und Michel Emil, Handlanger, von Brienz, Gertsch Johann von Lauterbrunnen und Kunz Emil, Handlanger, von Grafenried, sowie die Genossen Meier, ein Zimmermann von Bubendorf, und Tschudin, ein Zimmermann von Langenberg, beides im Baselland. Der Vorstand sollte sogar die Ringgenberger zu einer Versammlung einladen, um sie „zum Eintritt in unsern Verein zu gewinnen“. Umgekehrt wurde das Mitglied namens Hochstrasser „wegen mehrmaligen Beschimpfungen gegenüber dem Vorstand“ aus dem Verein ausgeschlossen, und Fritz Zimmermann gab den Austritt, „welcher von unserer Mitte nicht bedauert wird“. Die Mitgliederbeiträge einzutreiben war für den Vorstand oft eine schwierige Sache. Sie sollten von den Mitgliedern jeweils vor Versammlungsbeginn dem Kassier abgegeben werden.

Aus Solidarität wurde für ausgesperrte Schuhmacher in Pruntrut und für ebensolche Arbeiter in Dänemark gesammelt; dagegen wurde ein Beitrag an die Prozesskosten der Arbeiterunion Bern wegen des Käfigturmkrawalls von 1893 abgelehnt und auf ein zweites Bittschreiben nicht eingetreten. Eine Sammlung für einen brandgeschädigten Gottfried Kolb im Lombachzaun wurde eingeleitet und, weil er nicht Mitglied des Vereins war, wieder fallengelassen. Es galt daneben, politischen Widerstand zu überwinden. Bäcker Ellenberg „versteht es nun, da nun ein Consum in hiesiger Ortschaft besteht, einige Mitglieder sowie unsern Präsidenten zu beschimpfen, weil sich jetzt einige Arbeiter von ihm abgewendet haben und ihre Lebensmittel auch im Consum beziehen“.

An der Monatsversammlung vom 21.Oktober 1899 wurde von zwölf Mitgliedern des Arbeitervereins beschlossen, zusammen mit „den bisherigen Mitgliedern des Männerchores Unterseen“ einen Arbeiter-Männerchor zu bilden. Er wurde am Dienstag, den 24.Oktober im Sternen gegründet, wobei wegen Widerstands gegen eine Namensänderung der alte Name „Männerchor Unterseen“ beibehalten wurde. Daraufhin wurde den sangesfreudigen Mitgliedern des Arbeitervereins Unterseen empfohlen, dem Arbeiter-Männerchor Eintracht in Interlaken beizutreten.

Am 12.November 1899 wurden gleich 17 neue Mitglieder in den Verein aufgenommen. Es waren dies: Amacher Friedrich, Frutiger Abraham, Maurer von Golzwyl, Götz Wilhelm, Grossen Christian, Häsler Johann, Schneider, Bönigen, Hess Gottfried, Indermühle Gottlieb, Keller Gottlieb, Kübli Christian, Müller Christian, Müller Gottlieb, Oersinger Louis, Scheu Friedrich, Urfer Gottlieb, Bönigen, Michel Christian, Wenger Friedrich, Wyss Alfred. An den beiden nächsten Versammlungen kamen dazu noch von Allmen Fritz, Fabrikarbeiter, Bleuer Johann, Fabrikarbeiter, Gottier Jack, Kutscher, Rubin Johann, Gipser, Stucki Johann, Handlanger, Wyss Christian, Handlanger, alle von Unterseen, und von Bönigen Michel-Urfer Gottlieb und Seiler Christian, Fabrikarbeiter. Der Arbeiterverein war „stark im Wachsen begriffen“. Politische und gewerkschaftliche Fragen beschäftigten die Leute:

1899, den 12.November

„Hernach hielt Genosse Hackenholz von Bern einen lehrreichen Vortrag über Entstehung und Zweck der Arbeiterorganisation und zugleich über die Entwicklung der Grosskapitalisten und deren Ausbeutung betreff der Arbeiterkräfte. Leider musste der Vortrag zu früh geschlossen werden, wegen einer zweiten Versammlung in den 3 Schweizern, betreff Lohnbewegung der Maurer und Handlanger.“

Am 25.November musste eine ausserordentliche Versammlung des Vereins zur Kenntnis nehmen, dass der Weiterbetrieb des Konsums wegen seines ungünstigen Standorts in der Goldey in Gefahr sei, aber auch, weil das Depot Unterseen und das Depot Matten vom Hauptdepot in Thun beliefert und die Kosten dafür der Genossenschaft in Thun zu gross würden. Es wurde gewünscht, „dass in hiesigen 2 Ortschaften selbständige Genossenschaften gegründet werden sollten“. Ein einheimischer Bäcker wollte ihnen den Kilolaib für 271/2 Rp liefern unter der Bedingung, dass er zu 30 Rp weiterverkauft würde. Eine Versammlung der Konsummitglieder beschloss hierauf am 3.Dezember 1899 die Weiterführung des Ladens in eigener Regie als Konsumgenossenschaft Unterseen .

Schliesslich machte der Vereinspräsident an der Monatsversammlung vom Sonntag nachmittag, den 10.Dezember 1899 die Anregung, „eine Christbaumfeier in unserem Verein zu veranstalten“. Er stiess auf Widerspruch, und die Versammlung beschloss mehrheitlich, am Altjahrstag um 11/2 Uhr zusammenzukommen, und an Stelle einer Weihnachtszusammenkunft wurde ein Theaterabend im folgenden Februar beschlossen und dafür eine besondere Kommission eingesetzt. Bertha Steiner erhielt später als Entschädigung für die Übernahme der weiblichen Hauptrolle 5 Franken, und ihrem Vater wurden vier rückständige Monatsbeiträge erlassen. Am Schluss der Versammlung machte der Sekretär „die Anwesenden aufmerksam, dass unter den anwesenden Mitgliedern solche sind, die sich immer mit Streitigkeiten befassen“. Er empfahl, „dass sie sich in Zukunft als organisierte Arbeiter mehr zurückziehen von Streitigkeiten, indem es sonst für den Verein nicht Gutes beitragen könnte.“

An der ausserordentlichen Versammlung am Altjahrstag, am Sonntag, den 31.Dezember, beklagte sich in einem Brief Genosse Weisang, Wirt zum Anker, dass sein Betrieb gemieden werde. Der Boykott wurde aufgehoben in der Weise,

„dass wenn später sich wieder etwas vorfindet, dann mit anderem Geschütz eingeschritten werden muss. Dagegen wurde die Wirtschaft auf der Thormatte oberhalb Golzwyl boykottiert, weil von dem Wirt einige Genossen zur Wirtschaft hinausgeheissen wurden und obendrauf von Mitgliedern des löblichen Männerchors Golzwyl misshandelt wurden.“

Über die Lokalfrage wurde engagiert diskutiert. Da der Verein ein Theaterstück aufzuführen gedachte, wurde ein Wechsel „in den Drei Schweizer“ gewünscht, wo sich ein Saal mit Bühne und Theatergraben befinde, was alles gratis zur Verfügung gestellt würde. Sternenwirt Fahrni war daraufhin bereit, sein Lokal ebenfalls gratis zur Verfügung zu stellen und für Heizungs- und Lichtkosten nichts mehr zu verlangen.

„Darauf wurde einstimmig beschlossen, dasselbe wieder zu behalten, da man fand, hier wegen Zuhörerschaft am sichersten zu sein.“

Da die Gemeindeversammlungen an Wochentagen in der Regel während der normalen Arbeitszeit stattfanden, war ihr Besuch mit Lohnausfall verbunden, sodass nur wenige Mitglieder des Arbeitervereins daran teilnahmen. Um den Besuch zu fördern, wurde angeregt,

„dass diejenigen, welche an den Gemeindeversammlungen beiwohnen, von

2 Monatsbeiträgen entlastet werden oder eine Entschädigung in Geld erhalten sollen. Auch soll an der letzten Sitzung vor der Gemeindeversammlung angefragt werden, wer derselben beiwohnen will.“

Ein Beschluss in dieser Sache wurde nicht gefasst. Dafür wurde die letzte Versammlung des Jahres am letzten Tag des Jahrhunderts mit einem besonderen Neujahrswunsch geschlossen:

„Auch macht Genosse Präsident Grünig die Anwesenden aufmerksam, dass sie sich übers Neujahr recht betragen als organisierte Genossen, was lebhaft unterstützt wurde.“

Das Vereinsjahr wurde mit der ersten Hauptversammlung am Samstag, den 14.Januar 1900 nachmittags abgeschlossen. Anwesend waren 51 Mitglieder.

Weitere Tätigkeiten 1900 – 1902

1900 – Am 4.Februar traten Ulrich Steiner, Vater, Sager „in hier“, und Johann Steiner, Sohn, Zimmermann, dem Arbeiterverein bei, darauf am 11.März „wurde in unsern Verein einstimmig Alfred Seiler von Bönigen, Wirt zu den 3 Schweizern in hier, aufgenommen“. Es wurde beschlossen, „von den Mitgliedern 50 Cts. pro Woche einzuziehen zu Gunsten der streikenden Schreiner in hier“. Es dürfte sich um einen Streik in der „Chalet- und Parquetfabrik“ gehandelt haben.

Am 28.April beschloss der Verein mit 11 gegen 6 Stimmen, die Teilnahme an der Maifeier jedem Mitglied freizustellen. Am Maifeier-Umzug bildete der Arbeiterverein Unterseen die neunte Gruppe. Zudem wurde angeregt, „der Verein möchte die Sonntage ein wenig in Corpore zubringen, indem dies auf andere Vereine und andere, die nicht organisiert sind, bessern Eindruck mache“.

Am 19.Mai wurde die Umwandlung des Arbeitervereins in einen „Handlangerbund“ abgelehnt und weiter beschlossen, dass bei der Abstimmung über das Gesetz der Kranken- und Unfallversicherung mit Anschluss an die Militärversicherung sämtliche zur Urne gehen sollten, und dass man „in Corpore hier vom Lokal aus zum Stimmlokal gehe“. Für die Grossratswahlen waren zwei Kandidaten aufgestellt und dazu empfohlen, „man möchte sich an Herrn Dennler in Interlaken halten“, weil man glaube, „dieser würde unsere Interessen mehr verfechten sowie für die Bahnhoffrage mehr einstehen“.

Für den 26.Juni wurde wiederum ein Waldfest geplant. Dabei sollte „die Einweihung der neuen Fahne des Gypser- und Malerfachvereins stattfinden“. Aus der Vorbereitung des Festes werden Einzelheiten in der Organisation der Arbeiterschaft ersichtlich. Über die Unterhaltungsspiele wurde am 2.Juni beschlossen:

„Das Sackgumpen wird ausgelassen; durchgeführt werden:

1. der Weggli-Esset vom Zimmerleutefachverein,

2. das Flobertschiessen vom Schreinerfachverein,

3. das Lotteriespiel vom Allgemeinen Arbeiterverein Unterseen,

4. das Blecheschiessen vom Gipser- und Malerverein, und

5. das Ringwerfen von der Metallarbeitergewerkschaft .

Die Festwirtschaft übernimmt die Arbeiterunion, welche in 3 Büffet eingeteilt wird. Es soll nicht nur die hiesige Musikgesellschaft zur Mitwirkung angefragt werden, sondern auch andere der Umgebung.“

Das sommerliche Waldfest war damals also ein von der Arbeiterschaft organisiertes Volksfest.

Am gleichen 2.Juni wurde über die Gründung eines „Baufachvereins“ berichtet und am 16.Juni trat Gottfried Wyss, Spinner, von Habkern, dem Verein bei. Dann wurde auf ein vom Bundeskomitee zugestelltes Schreiben mit 13 zu 7 Stimmen beschlossen, dem Gewerkschaftsbund beizutreten und als Folge den Monatsbeitrag von 40 Cts. auf 60 Cts. zu erhöhen.

Am 30.Juli wurde der Antrag gestellt, „man möchte bei den Gemeinnützigen Vereinen und Frauenverein Interlaken die Anregung machen, dass vorab in Unterseen ein Kindergarten errichtet werde zu Gunsten der Arbeiterklasse von Unterseen, was vom Verein allgemein anerkannt wurde.“

Das Gesuch landete schliesslich beim Gemeinderat Unterseen, der die Sache „für die gegenwärtige Lage zu köstlich“ fand. Anschliessend wurde beantragt, den Fahnenfonds zu äuffnen, „indem das Vorhandensein einer Fahne im Verein mehr Eifer und Zusammenhang erwirken würde.“

Am 29.September wurde gerügt, „dass die durchreisenden Handwerksburschen auf der Naturalverpflegungsstation schlecht behandelt werden vom Polizeidiener Balli. Genosse Wymann stellte den Antrag, ein Schreiben an den Gemeinderat einzusenden, was einstimmig beschlossen wurde.“

Am 10.November nahm die Versammlung zur Kenntnis, „dass als Glied der Union der Arbeiterverein der Parquet-Chaletfabrik Interlaken aufgenommen“ worden sei. Und die Christbaumfeier könnte der Männerchor Eintracht durchführen, doch der Verein beschloss eine solche auf Sonntag, den 30.Dezember, wobei „zur Verschönerung der Feier etwas Theatralisches“ vorzusehen sei. „Nach der Sitzung wird von den Anwesenden das von Genosse Peter Hirni bestellte Bierfässlein geleert, was unter den Anwesenden noch eine gemütliche Unterhaltung gab.“ An der nächsten Versammlung vom 2.Dezember wurde für das Theater am Altjahrssonntag das Stück „Die Prozesslustigen“ ausgewählt und dafür vier Schauspieler bestimmt.

An der das zweite Vereinsjahr abschliessenden Hauptversammlung am 27.Januar 1901 wurden zwei neue Mitglieder aufgenommen, Huggler Friedrich, Maschinist und Frick Karl, Schreiner und der Vorstand neubestellt. Darauf wurden Sammlungen „für streikende Metallarbeiter in Uzwyl und für die Streikenden in Arbon“ durchgeführt und schliesslich

„die übriggebliebenen Christbaumlose versteigert, was noch den Betrag von Fr.3.55 ergab. Auf Antrag des Vorstandes wurde beschlossen, das Geld gemeinschaftlich zu vertrinken, was auch geschah. Nun gings über zur gemütlichen Unterhaltung, wobei noch dem Genossen Seiler Alfried ein Liter aufgebürdet wurde. Auch der abtretende Präsident musste Leih halten für einen Liter sowie der neugewählte Präsident für einen Liter. So ging es zu bis abends spät mit Singen und Jodeln. Fürwahr eine muntere Gesellschaft war beieinander. Unter anderem wurde auch der Beschluss gefasst, das Mitgliederverzeichnis, welches von Genosse Balsiger ausstaffiert wurde, einzurahmen. Ferner ermahnte uns Genosse Grünig zum Zusammenhang des Vereins, wo auch das schöne Wort zur Geltung kam: ‚Einigkeit macht stark‘. Die Gemütlichkeit, welche uns zu einem Familienabend ermahnen konnte, wurde um abends 8 Uhr geschlossen, und hoffen, auch fernerhin auf gemütliche Zusammenhänge unserer Genossen.“

Mit diesem begeisterten Bericht schloss der abtretende Sekretär seine sonst eher trockenen Protokolle.

1901 – Am 9.Februar 1901 organisierte sich der Verein unter neuer Leitung zum Theaterspielen und bestimmte zur Aufführung die beiden Stücke „Der Bund der drei Länder von 1291″ und „Ein lustiges Verhör des Präsidenten Donnergueg mit dem Schang Himmelhoch“. Die Abrechnung darüber zeigte im Mai ein Defizit von Fr.39.75. Am 2.März wurde ein Beitrag von Fr. 5.- an die Fahne des Männerchors Eintracht beschlossen, und in das Gewerbliche Schiedsgericht wurde am 16.März ein Beisitzer gewählt. Am 30.März wurde eine Boykottierung der Restaurants Krone und Stadthaus besprochen, und am 20.Mai wurde davon Kenntnis genommen, dass der Arbeiterverein mit dem Grütliverein ein gemeinsames Programm für den nächsten Winter aufstellen wolle. Dazu wurde jeder organisierte Arbeiter zum Eintritt in die Grütli-Schützengesellschaft ermuntert und beschlossen, dass sich der Arbeiterverein im folgenden Herbst photographieren lasse.

Demonstrationen erregten die Gemüter. Ein Teilnehmer berichtete am 31.August über einen Protestumzug und eine Grossversammlung, die am 25.August 1901 zur Unterstützung von Streikenden in Bern durchgeführt worden war und worüber protokolliert wurde:

„Mittags um zwölf Uhr wurde der Zug eingestellt und punkt 1 Uhr war Abmarsch durch die Hauptgassen und zurück auf den Waisenhausplatz.

Hier eröffnete Genosse Schnitzler, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes die Versammlung. Dann betrat Genosse Egerter, Präsident des Organisationskomitees die rote, mit grünem Laube geschmückte Bühne und erklärte, es hätten sich 467 mit Mandaten versehene Delegierte von 387 Vereinen mit 274 Fahnen angemeldet. Am Zug beteiligten sich

4 Tausend Personen und auf dem Waisenhausplatz waren etwa 8000 versammelt. Nun betrat Genosse Sigg aus Genf die Bühne und hielt in französischer Sprache ein feuriges Referat. Grossrat Moor, der dann als zweiter Redner das Wort nahm, hielt in einer einstündigen Rede ein Referat, in dem er erklärte, die Kantonsregierungen und der hohe Bundesrat hätten sich als treue Knechte des grosskapitalistischen Unternehmertums erwiesen, wie sie es bei den Streiks in Brig, Chiasso, Rorschach, Arbon, Uzwil und Payerne bewiesen haben, wo sie die Streikenden in die Gefängnisse steckten. Die Hand auf das Parlamentsgebäude weisend, sprach er: Ihr Nichtswürdigen, werdet würdig! Mit einem begeisterten Hoch auf die freie Schweiz, die wir meinen, auf die freie Schweiz, mit einem freien, glücklichen Geschlecht, schloss Moor seine stürmisch applaudierte Rede.

Dann trat Nationalrat Triquet als dritter Redner auf die Bühne. Nun wurde zur Wahl einer Kommission geschritten, welche am Montag dem Bundesrat die Resolution und die Willensäusserung der Teilnehmer an der Protestversammlung überbringen sollte. Es wurden gewählt Nationalrat Triquet und Kantonsrat Sigg in Genf, Sekretär Calame in Zürich, Grossrat Reimann in Biel und die Grossräte Zgraggen und Moor in Bern. Schluss der Versammlung um 4 Uhr. Mit den Worten, es möchten die Genossen immer fest an der Organisation festhalten und die Tagwacht abonnieren, schloss der Delegierte Wyss seinen Bericht.“

Gleichentags wurden für eine weitere Demonstration als „Protestversammlungs-delegierte“ je ein Vertreter des Arbeitervereins, des Grütlivereins, des Malerfachvereins, der Metallarbeitergewerkschaft, des Zimmerleutefachvereins, des Arbeitervereins Chalet- und Parquetfabrik, der Typographia, der Schneidergewerkschaft und des Unionsvorstandes bestimmt.

Am 8.Oktober wurde das Durchführen der üblichen Christbaumfeier beschlossen und zur Aufführung ein Einakter mit dem Titel „Der Spuk in der Cantine oder ein fideler Christabend“ bestimmt. Der Vorstand bestellte 20 Grütlikalender und forderte die Mitglieder auf, diese zu kaufen, „denn der Grütlikalender ist der einzige richtige Arbeiterkalender, welcher unsere gute Sache vertritt“. Am 2.November wurde empfohlen, das Büchlein mit dem Titel ‚Der Kampf ums Recht‘ des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes in Zürich zu kaufen. Darin „sind die Gründe zur Protestversammlung am 25.August in Bern klargelegt, sowie die groteske Antwort des Schweizerischen Bundesrates.“

Am 30.November wurde „beschlossen, an den Kreiskommandent Frutiger in Brienzwyler das Gesuch zu schreiben, ob wir nicht zu unsrer Christbaumfeier vier Militäruniformen für das Theaterstück brauchen dürfen.“ Gleichenabends wurde auch darüber gestritten, ob der Verein seinen Mitgliedern nicht selber Cigarren verkaufen könnte, um seine eigene Kasse aufzubessern. Am 14.Dezember wurde zum vollzähligen Besuch der bevorstehenden Gemeindeversammlung aufgerufen, und „dass wir alle einstimmig für unsern Kandidat Zimmermann einstehen. Denn wenn wir Stimmenzersplitterung in unsern Reihen halten würden, so täten wir uns selber schaden.“

Im Jahre 1901 wurden als neue Mitglieder in den Verein aufgenommen: Baumann Johann, von Grindelwald in Unterseen, Baumann Peter, Maurer, Bhend Gottfried, Zimmermann, Christian von Allmen, Gasarbeiter, Flühmann Peter, Handlanger von Brienzwiler in Unterseen, Frick Johann, Zimmermann, Gafner Alfred, Schreiner, Götz Friedrich, Handlanger, Hirni Albert, Handlanger, Hirschi Ernst von Schangnau in Unterseen, Huggler Robert, Handlanger, Michel Jakob, Handlanger, Michel Johann, Gipser, Richard Fritz, Gipser, Rufener Gottfried, Schreiner, Schmocker Albert, Steinbrecher von Ringgenberg in Unterseen. Die Hauptversammlung fand am 22.Januar 1902 statt. Die Teilnehmerzahl an den Monatsversammlungen war inzwischen auf 10 gesunken. Der Vorstand wurde neu bestellt. Der Arbeiterverein sucht seine Attraktivität durch das Theaterspielen zu verbessern. Für den Familienabend wurden zwei Einakter bestimmt: „Stumme Liebe oder der Militärarzt“ und „Neutral“.

1902 – Am 25.Januar 1902 wurde ein schriftlich beantragter Austritt bewilligt, da „Fritz Zenger einen kleinen Lohn beziehe in der Fabrik, so dass die Kosten für die Vereine nicht überall hinreichen. Der Austritt wird somit genehmigt.“ Der Arbeiterverein Bönigen lud zum Besuch seines Theaters ein, worauf beschlossen wurde, „auf Sonntag abend sich auf dem Lokal zu versammeln und in Corpore nach Bönigen zu marschieren. Der Vereinspräsident warf die Frage auf, „ob es nicht tunlich wäre, der Arbeiterverein als Mitglied in den Kantonalverband bernischer Grütli- und Arbeitervereine einzutreten.“ Der Beitritt wurde „ohne lange Diskussion“ beschlossen.

Am 8.Februar wurde die Einladung des Grütlivereins Interlaken angenommen, an ihrer Volksversammlung zu erscheinen, da Genosse Armenkassier und Grossrat Scherz aus Bern ein Referat über das Steuergesetz des Kantons Bern halten werde. „Da gerade der Grütliverein nicht mit uns Hand in Hand geht, so wünschen dennoch die Genossen Häsler, Seiler, Steiner und Wyss, zahlreich zu erscheinen in ihrer Versammlung.“ Gleichzeitig wurde ein Schreiben des Centralkomitees des Schweizerischen Grütlivereins aus Luzern verlesen und kommentarlos zu Kenntnis genommen, mit der Empfehlung, „in den Kantonalverband der Union oder als Lokalverein in die Sozialdemokratische Partei einzutreten.“

Am 22.Februar lag ein Programm des Männerchors Eintracht Interlaken zu einem Konzert vor, „worauf sich einigen Genossen für den Nichtbesuch desselben aussprechen, da öfters von einigen Mitgliedern des Männerchors über den Arbeiterverein geschimpft wird.“

Am 27.Februar wurde „für eine richtige Theatervorstellung“ das Stück „Der Fabrikler, oder falsche Freundschaft“ ausgelesen.

Am 22.März lag in den Korrespondenzen ein Aufruf des Arbeiterbundes Pruntrut vor, „in welchem wir auch um Unterstützung gebeten sind, zur Deckung der Prozesskosten, welche ihnen vom Bezirksgericht Pruntrut ungerecht auferlegt wurden, da sie nur die Wahrheit veröffentlichten über die Firma Westermanns Cie in Zürich.“ Auf den 1.Mai hin wurden 100 Flugblätter von Paul Pflüger, Pfarrer von Zürich, von dem übrigens zwei Brüder längere Zeit in Unterseen wohnten, bestellt. Im Verschiedenen rügte Präsident Steiner angesichts eines Versammlungsbesuchs von nur 10 Anwesenden „den Schlendrian von Seite der Vereinsmitglieder, welcher seit einiger Zeit wieder eingerissen ist. Er fordert die Genossen zu einer bessern Mitwirkung auf, damit der Verein auf eine bessere Bahn kommt.“

Am 3.Mai wurden die anwesenden stimmfähigen Genossen aufgefordert, bei den Grossratswahlen für Herrn Amtsnotar Hirni zu stimmen und „morgen mittag 1 Uhr sich hier zu versammeln und in Corpore zum Stimmlokal zu gehen.“ Über die Verabfolgung eines Beitrages an das Bezirksspital wurde vom Vorstand der Antrag gestellt, 10 Fr. an dasselbe zu leisten, was trotz leerer Kasse einstimmig beschlossen wurde. Als Bergtour wurde die Route über Bönigen aufs Faulhorn und über die Grosse Scheidegg ins Rosenlaui hinab nach Meiringen und von dort zurück mit Bahn und Schiff vorgeschlagen. Einzelnen erschien die Tour zu streng; sie schlugen vergeblich eine solche auf das Schilthorn vor. Ausgeführt wurde am 9. und 10.August dann trotzdem die Schilthorntour, mit Besammlung Samstag abends um 8 Uhr in den Drei Schweizern und Abmarsch um 9 Uhr.

Am 17.Mai wurde angesichts des schlechten Versammlungsbesuchs ein Übergang vom 14-tägigen zum monatlichen Zusammenkunftsrhythmus beschlossen, doch schon am 5.September wieder zur alten Regel zurückgekehrt. Im Verschiedenen wurden schliesslich die Anwesenden aufgefordert, „an der Volksversammlung, welche in acht Tagen stattfindet, vom Arbeiterverein der Parquet & Chaletfabrik Interlaken anberaumt, an welcher Genosse Ferdinand Thiess, Redaktor aus Zürich referieren wird über ‚Zweck der Organisation‘, Mann für Mann teilzunehmen.“ Zudem seien keine neuen Bibliothekstatuten zu erstellen, bevor die Bibliothek nicht einen grösseren Wert darstelle; trotzdem wurden sie ausgearbeitet und 14 Tage später genehmigt.

Obwohl der Vorstand der Arbeiterunion an einem gemeinsamen Waldfest nicht mitmachen wollte, wurde am 14.Juni die Durchführung trotzdem beschlossen. Weiter sollte die Gründungsversammlung eines Zimmerleutefachvereins besucht werden, um dort zu versuchen, eine Holzarbeitergewerkschaft entstehen zu lassen, wofür der Arbeiterverein der Parquet & Chaletfabrik den Namen herzugeben bereit war.

Am 28.September fand eine Unionsversammlung statt, mit einem Referat von Gottfried Reimann aus Biel, der später dort Stadtpräsident wurde. Am 4.Oktober berichtete der Präsident über eine Delegiertenversammlung der Oberländischen Grütli- und Arbeitervereine, „dass viele Vereine, seien es Grütli- oder Arbeitervereine, wegen schlechtem Zusammenhang genötigt sind, sich aufzulösen, wo nicht ein Gesamtverband derselben besteht.“ Die Oberländischen Vereine sollten zusammen einen Kreisverband bilden. Für die bevorstehenden Nationalratswahlen wurde eine „Einerliste“ aufgestellt „in der Person unseres Genossen Scherz, Armenkassier und Grossrat in Bern.“ Dessen Grosssohn war später Direktor des Palacehotels in Gstaad.

Die Holzarbeitergewerkschaft beklagte sich, dass sie vom Unionsvorstand nicht recht behandelt werde und führte weiter an, „dass der Unionsvorstand nur aus Grütlianern bestehe“. Ferner solle die Union das vorhandene Geld des aufgelösten Zimmerleutefachvereins herausgeben. Zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen der Holzarbeitergewerkschaft und dem Unionsvorstand wurde ein Schiedsgericht bestellt.

Die traditionelle Christbaumfeier fand am 31.Dezember im Drei Schweizer statt, die Hauptversammlung zum Jahr 1902 jedoch erst am 3.Februar 1903. Dort wurde beschlossen, dem am 8.März 1903 zu gründenden oberländischen Kreisverband der Grütli- und Arbeitervereine vorläufig nicht beizutreten.

Während des Jahres 1902 waren als neue Mitglieder aufgenommen worden: von Allmen Johann, Küfer von Unterseen, Drossel Oskar, Schneider, von Strahlsund, Preussen, Schmid Ernst, Schneider, von Waldsee, Würtenberg, Gysi Christian, Schneider, von Unterseen, Tanner, Maler, Zurbrügg Adolf, Handlanger, von Frutigen, und Mägli Fritz, Bäckermeister, von Oberbipp, spendete aus Freude über seine Aufnahme in den Verein einen Doppelliter Wein zum Preis von Fr.2.50 für die sieben anwesenden Mitglieder. Dagegen wurden wegen Nichtbezahlung der Beiträge an der Hauptversammlung zehn Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen.

Die letzte protokollierte Zusammenkunft 1903

Der Ausschluss von Vereinsmitgliedern und innere Spannungen führten zum Zusammenbruch des ersten „Allgemeinen Arbeiter-Vereins Unterseen“. Die einzige protokollierte Zusammenkunft im fünften Vereinsjahr fand am 9.April 1903 statt. Der Präsident Johann Steiner resignierte: „Indem der Verein keinen grossen Zuzug von frischen Mitgliedern zu verzeichnen hat, und die gegenwärtige Mitgliedschaft keine Lust zum Besuch der Sitzungen zeigt“, wurde das Vereinslokal aus dem Drei Schweizer zum Genossen Zimmermann verlegt, der für das Material ein besonderes Kästchen bereitstellte. Die Genossen Zimmermann und Mägli äusserten sich dahin, „den Verein auf politischem Wege wieder auf die Höhe zu bringen, ohne den Grütliverein auf irgendwelche Weise zu schädigen. Es sei daher auf solche Mitglieder meistens zu agitieren, die noch keinem Verein angehören, davon ja auch genug sind, die nicht dem Grütliverein sich anschliessen, was eher beim Arbeiterverein der Fall sein könnte.“ Der Kern des Arbeitervereins liess sich offensichtlich vom Misserfolg nicht entmutigen und wollte weitermachen und setzte für den 2.Mai 1903 eine nächste Sitzung an. Das Protokollbuch blieb aber leer.

Über die Tätigkeit des ersten Allgemeinen Arbeiter-Vereins Unterseen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Mitglieder gemeinsam politische Vorträge besuchten und der Verein selber solche durchführte; man sammelte für notleidende Streikende unter den Mitgliedern Geld; der Verein organisierte die Teilnahme an der Maifeier und an Demonstrationen. Delegierte nahmen an Grossdemonstrationen in Bern teil und berichteten daheim über das politische Geschehen in Bern und in der Eidgenossenschaft. Daneben erfüllte der Verein eine von den Mitgliedern aus gesehen noch fast wichtigere Aufgabe. Er bot die Gelegenheit, im Kampf um die gesellschaftliche Anerkennung zu zeigen, dass die Arbeiter ausser ihrem beruflichen Können noch über viele andere Fähigkeiten verfügen. Dies geschah mit der Organisation von sommerlichen Waldfesten, von unterhaltenden Theateraufführungen, fröhlichen Familienabenden mit Musik und Tanz, mit gemeinsamen Bergtouren, Christbaumfeiern. Alle die vom Verein erwarteten Aktivitäten waren aber kaum zu erfüllen. Die Mitglieder zerstritten sich in der Folge wegen (zu) kleiner Mitgliederbeiträge und des Geldmangels in der Kasse. Schliesslich verlor sich der Verein in seinem Theaterspiel, das wohl den kulturellen Bedürfnissen der nicht auf der Sonnseite des Lebens stehenden Mitglieder entgegenkam, aber die Möglichkeiten des Vereins auf die Dauer überforderte. Trotz der zur Aufführung gebrachten fragwürdigen Stücken ist dieses Bemühen rührend und anerkennenswert.

Reaktivierung zum zweiten Arbeiterverein

Erneuerungsphase 1909/1910

Die politische Landschaft hatte sich im Kanton Bern durch die Gründung des Kantonalverbandes bernischer Grütli- und Arbeitervereine im Jahr 1890 und durch die Gründung der kantonalen Sozialdemokratischen Partei im Jahr 1905 mit einem von 1912 an durch Eugen Münch hauptamtlich geführten Parteisekretariates stark verändert, mit Auswirkungen bis auf das Bödeli.

Wohl aufgrund von Aussagen alter Parteimitglieder wurde im SPU-Jahresbericht von 1947 in einer Anmerkung festgehalten, dass der erste Arbeiterverein in Unterseen im Jahre 1909 aufgelöst, dann aber schon im Herbst 1910 im Café Aarburg von 11 Anwesenden neu gegründet worden sei, mit Hans Jossi als Päsident, Eduard Guyaz als Sekretär und Coiffeur Gertsch als Kassier. Eine erste Hauptversammlung sei 1911 abgehalten worden. In der im Jahr darauf folgenden Neubestellung des Gemeinderates drang der von diesen Leuten vorgeschlagene Gottfried Wenger in einer Stichwahl mit 203 Stimmen gegen Geometer Blatter mit 173 Stimmen durch. Dieser Erfolg dürfte ein Anlass gewesen sein, die Arbeiterschaft wieder besser zu organisieren.

Zweite Gründung des Arbeitervereins am 13.Mai 1914

Ein Buch mit dem verwaschenen Titel „Protokoll der Sozialdemokratischen Partei Unterseen“ beleuchtet die weitere Entwicklung zur SPU. Die zweite Gründungsversammlung fand am 13.Mai 1914 im Café Aarburg statt, begann abends um halb neun und dauert bis 10.40 Uhr. Anwesend waren 17 Personen, darunter eine Minderzahl aus dem ersten Arbeiterverein. Das Tagesbureau wurde nach einer lebhaften Diskussion bestellt, und zwar mit dem Eisenbahner Johann Jossi, Maler, als Präsident. Er teilte gleich zu Beginn Noten aus:

„Die Kapitalisten und Sozialdemokraten wurden von Jossi und Gertsch ein wenig zerzaust, um damit den Genossen die Notwendigkeit zur Gründung des Arbeitervereins Unterseen klarzulegen, wobei auch Genosse Steiner mit wenigen Worten über den Verbleib des schon einmal bestandenen Arbeitervereins sich beteiligte.“

Jossi stand in der Folge meist am linken Flügel der Partei, Steiner liess sich eher von einem pragmatischen Mittelkurs leiten. Die Ausarbeitung eines Vorschlages für Statuten wurde einer fünfgliedrigen Kommission übertragen, von denen vier bereits dem alten Verein angehört haben dürften. Umstrittenstes Traktandum war die Festsetzung der Mitgliederbeiträge. Schliesslich wurde der Gründungsbeitrag auf 50 Cts. und der monatliche Mitgliederbeitrag auf 40 Cts. festgesetzt. An der Gründungsversammlung wurde „vom Jodler-Club Edelweiss, der vollzählig vertreten war, ein schöner Jodel zum Besten gegeben.“

Nur vierzehn Tage später fand am Montag, den 1.Juni die nächste Versammlung statt. Als Präsident des neuerstandenen Arbeitervereins wurde definitiv Johann Jossi bestimmt, der den Verein bis ins Jahr 1919 leitete. Der ehemalige Präsident des ersten allgemeinen Arbeitervereins, Johann Steiner, war ebenfalls von allem Anfang an wieder dabei, zuerst als Rechnungsrevisor und dann von 1917 – 1919 als Vicepräsident. Dementsprechend wurde die im ersten Arbeiterverein begonnene Arbeit zum mindesten teilweise im zweiten Verein fortgeführt. Als Versammlungslokal wurde die Aarburg bestimmt und von der Wirtin erwartet, dass sie die „Tagwacht“ unter ihren Tageszeitungen abonnierte. Sie war dazu bereit und spendete ausserdem für jeden Anwesenden ein Gratisbier. Von den

17 Gründungsmitgliedern wurden nach dem Protokoll deren 13 für Sonderaufgaben eingesetzt; es waren dies: Beer Fritz, Schlosser, Fricker E., Frutiger Jak., Gertsch, Gottier, Imboden Fritz, Jossi Johann, Maler, Meier H., Michel, Maler, Roth Chr., Schlosser, Schwab, Steiner Johann, Zimmermann, Wenger; dazu kamen später noch Aegerter, Buri, Flück Jakob, Heimann, Imboden Albert, Nydegger, Scheidegger, Schmocker Alfred, Dachdecker und Schmocker Eduard, Maurer.

Tätigkeit in der Kriegszeit

1914 – Mitglieder im Grenzdienst

Der erste, von Johann Jossi am 12.April 1915 erstattete Jahresbericht beleuchtet die damaligen Verhältnisse und Schwierigkeiten.

„Am 1.August ertönte der gewaltige europäische Kriegslärm, der alles in seinen Grundfesten erzittern liess und nun zum grossen Völkerschlachten geworden ist. Auch unserm jungen Verein drohte er das Lebenslicht auszublasen; denn schon am 4.August mussten bis auf ein kleines Häuflein alle Mitglieder zur Grenzbesetzung einrücken. Aber das einmal entfachte Feuerlein glimmte im Stillen weiter, bis es dann am 20.Dezember bei der Gemeinderatswahl wieder hell aufbrannte und dort im Verein mit den Grütlianern wieder ein Sieg errang, indem sie den arbeiterfreundlich gesinnten Herrn Eng, Parquetmeister, als Gemeinderat hineinbrachten und auch die Finanzkommission fast neu besetzte, was für uns auch nicht wenig Wert hat. Nun glimmte es wieder, weiter, bis dann vor 3 Wochen unsere Mannen nach 8 Monaten langwierigen Grenzdienstes heimkehrten. Jetzt wollen wir aber nicht versäumen, das Fünklein wieder zur hellen Flamme zu entfachen, die nicht wieder zu dämpfen ist; denn auch dieser Arbeiter mordende Krieg zeigt uns, wie Not es tut, dass sich die arbeitende Klasse nicht nur gewerkschaftlich, sondern auch politisch organisiert, um dem Kapitalismus, der sich das grosse Elend und Unglück, das dieser Krieg mit sich bringt, auf sein Schuldkonto schreiben muss, wirksam entgegentreten zu können.“

Da vom Sommer 1914 an „der grösste Teil der Mitglieder im Militärdienst war“, fand bis im Frühling 1915 keine Versammlung mehr statt.

1915 – Fusion mit dem Grütliverein abgelehnt

Die nächste protokollierte Sitzung datiert vom 29.März 1915. Präsident Jossi orientierte „über den Antrag des Grütlivereins betreff Fusion. Genosse Gertsch sagt, dass wir nicht fusionieren wollen, dass wir also Arbeiterverein bleiben.“ Genosse Steiner, einst Präsident des ersten Arbeitervereins von Unterseen, „macht den Vorschlag, dass dem Grütliverein ganz gehörig geantwortet werde, dass sie uns in Ruhe lassen.“ Der Verein wurde in seiner Haltung bestärkt durch ein Schreiben des bernischen ersten kantonalen Parteisekretärs Eugen Münch. „Auch die sehen, was der Grütliverein will, und dass wir niemals an eine Verschmelzung denken sollen. „Es wurde noch vom Vorstand der Antrag gestellt und angenommen, dass kein Mitglied im Arbeiterverein und im Grütliverein sein kann.“ Doch schon eine Woche später wurde der Beschluss betreffend der Doppelmitgliedschaft aufgehoben, um zwei neue Mitglieder aufnehmen zu können.

Beitritt zur kantonalen SP auf den 1.Juli 1915

Als wichtigstes Traktandum beschloss die erste Hauptversammlung des neuerstandenen Arbeitervereins am 12.April auf Antrag des ehemaligen Präsidenten des ersten Arbeitervereins, Johann Steiner, auf den 1.Juli 1915 der Sozialdemokratischen Partei des Kantons Bern beizutreten. Ein Referat des bernischen Parteisekretärs Eugen Münch fand im Drei Schweizer statt, wozu erstmals auch die Frauen eingeladen wurden.

Der Arbeiterverein Unterseen wurde vom Grütliverein Interlaken an die Maifeier eingeladen. Es wurde von einer Teilnahme in Corpore abgesehen und jedem Einzelnen freigestellt, ob er hingehe. Gemeinderat Wenger beantragte am 8.Mai, dass der Arbeiterverein Unterseen zusammen mit dem Grütliverein eine Demonstration gegen die anhaltende Teuerung durchführe. Sie fand am 30.Mai statt, mit gemeinsamem Abmarsch des Vereins zur Demonstration. Ein von der Burgergemeinde erlassenes Holzerverbot erregte viel Unwillen. Der Verein verlangte dessen Aufhebung und zudem die Einstellung eines Ziegenhirtes, „damit die Ziegen wieder mit einem Hirt laufen gelassen werden, da es ja doch dem armen Mann von grossem Nutzen sei, wenn er dieselben den Tag durch ins Freie jagen kann.“ Die Not der Bevölkerung wurde im Jahresbericht 1915 geschildert:

„Wenn wir auch nicht aktiv an männermordenden Krieg beteiligt sind, so leiden wir doch indirekt durch die grosse Last der Teuerung und des Wuchers, welcher noch vielfach von unserer obersten Landesbehörde unterstützt wird, wenigstens ist noch kein Versuch gemacht worden, diesen zu unterdrücken, sondern es wird der notleidenden Arbeiterschaft der Mund verstopft, aber leider nicht mit Nahrungsmitteln, sondern durch die Militärgerichtsbarkeit und die Pressezensur.“

Als neue Mitglieder wurden aufgenommen: Schmid, Zimmermann, Flück Emil, Elektriker (er wurde gleich nach seinem Eintritt zum Sekretär bestimmt), Schmocker Karl, von Unterseen. Ein Beitritt wurde am 11.Dezember 1915 besonders vermerkt; „Zur Aufnahme in den Verein hat sich Wenger Gottfried, Gemeinderat, angemeldet, welcher aufgenommen wurde.“

1916 – Erste Vertreter im Gemeinderat

In den Gemeindewahlen wurden am 2.Juli 1916 erstmals zwei vom Arbeiterverein unterstützte Kandidaten zu Gemeinderäten erkoren, nämlich Johann Kummer, Bauunternehmer mit 111 Stimmen und Arnold Beuggert, Lokomotivführer mit 108 Stimmen. Der Verein zählte dabei erst 25 Mitglieder. Zusammen mit dem im Vorjahr in den Verein aufgenommenen Gottfried Wenger verfügte der Verein bereits über eine Dreiervertretung im Gemeinderat. Nach diesem Erfolg schrieb der Parteipräsident im Jahresbericht:

„Gerade hier in der Gemeinde laufen noch eine grosse Anzahl unorganisierte Arbeiter herum, gerade wie wenn sie zolldicke Bretter vor dem Kopf hätten und wollen es nicht glauben, dass man mit Einigkeit und Zusammenhalten sogar solche Kriege wie den heutigen verhindern könnte.“

Neueintritte im Jahr 1916 waren: Beuggert Arnold, Bieri Robert, Hirni Adolf, Maler, Oertig Albert, Drucker. Rubin Wilhelm, Zimmermann Hans, Maschinist und als erste Frau Imboden Rosa.

1917 – Beitritt zur Arbeiterunion – Flüchtlinge – Arbeiterelend

Obwohl die Versammlungen meist schlecht besucht waren, konnten in diesem Jahr viele neue Mitglieder aufgenommen werden. Es traten neu in den Verein ein: Götz Eduard, Götz Rudolf, Hirschi Ludwig, Schmoker Paul, Schlosser, Schneider Anderes, Tailleur, Sterchi Gottfried und weitere zwölf Mitglieder. Am 24.Februar 1917 wurde der Beitritt zur Arbeiterunion Interlaken und Umgebung einstimmig beschlossen. Am 17.März zirkulierte unter Verschiedenem eine Sammelliste für politische Flüchtlinge. Am 14.April wurde zum Besuch der Gemeindeversammlung aufgerufen und um die Unterstützung einer Kreditbewilligung für die Abgabe von Lebensmitteln geworben, „um unserer Behörde einmal das Arbeiterelend und die Not in gegenwärtiger Zeit klar vor Augen zu führen.“ Weiter wurde zur Vorbereitung der Gründung eines sozialdemokratischen Radfahrervereins eine viergliedrige Kommission bestimmt. Am 20.Oktober wurden die Arbeits- und Lohnverhältnisse in zwei hiesigen Betrieben gerügt. „Sobald wir sichere Beweise in Händen haben, wird gegen die betreffenden Ausbeuter vorgegangen.“ Daneben wurde als Theaterspiel das Stück „Die Waffen nieder“ gewählt. Zur Mitwirkung sollte auch der Arbeiter-Radfahrerverein beigezogen werden. – Unter der Arbeiterschaft herrschten Spannungen. Ende des Jahres wurde gemeldet, dass der Gemeinde-Arbeiterverein Interlaken aus der Union ausgetreten sei. „In Interlaken soll wieder eine SDP (eine Sozialdemokratische Partei) gegründet werden.“ Zur Vorbereitung der Nationalratswahlen vom 27./28.Oktober 1917 wurde am 20.Oktober berichtet, dass „fast jedem Mitglied ein Pöstli zugeteilt wurde für den Wahltag.“ Die Mitglieder des Arbeitervereins Unterseen waren kampfwillig. Im Aufruf für die Teilnahme an den Nationalratswahlen im Kreis Oberland wurde geschrieben:

„Gegen die Not, für die Gerechtigkeit!“

Drei Jahre Kriegsnot sind ins Land gegangen. Klagen über Klagen wurden erhoben. Man beachtete sie nicht. Erst vor den Nationalratswahlen, als in einigen Kantonen ihre Macht ins Wanken kam, erkannten die Herren, dass die allgemeine Missstimmung im Volk und im Heer berechtigt ist. Vorher wurde alles vertuscht. Denkt an den Oberstenprozess, der das Land in Gefahr brachte. Denkt an die Bereitstellung von Militärzügen ins Welschland, die grosse Entrüstung erregte. Zur Vertuschung wurde sogar dem Nationalrat der Maulkratten angelegt. Erinnert euch der Misshandlung der Bündner Wehrmänner am Flüela, des Gewaltmarsches der dritten Division, an den Drill und den Schlauch. Das rücksichtslose Verfahren gegen Gesundheit und Leben der Wehrmänner wurde als ‚militärische Notwendigkeit‘ erklärt. Wie haben junge Offiziere alte Wehrmänner behandelt! Die Vorrechte der Offizierskaste wurden vom General geschützt, der selbst sich vergass und Wehrmänner beschimpfte. Der sich sogar wiederholt Eingriffe in die Militärjustiz erlaubte. Der Bundesrat zeigte sich dabei schwach und machtlos.

Vergesst nicht den Missbrauch des Militärs zur Unterdrückung des Versammlungsrechts, zum Streikbruch von Buchdruckern in Lausanne und zur Niederwerfung des Streiks in Chippis. Alles wurde gutgeheissen.

Gedenkt der fleischlosen Tage. Die Herren durften Kutteln, Nieren und Lebern essen. Den Arbeitern wurden sie damit verteuert und vorenthalten. Denkt der Verteuerung der Lebensmittel durch Spekulanten, Schieber und Wucherer, denen man erst dann entgegentrat – als es zu spät war.

In den Behörden herrscht der Geldsack. Das Volk muss die Beachtung seiner Bedürfnisse selbst erkämpfen. Dazu sind die Neuwahlen da.“

Die Kriegsnot staute sich zur unerträglichen Spannung. Der ein Jahr später durchgeführte Generalstreik war die unmittelbare Folge.

1918 – Ein Wahljahr mit Turbulenzen

An der Hauptversammlung am 5.Januar 1918 in der Aarburg waren 18 Genossen und

1 Genossin anwesend. Am 3.März 1918 wurde die Frage gestellt, ob der Verein sich nicht in einem Lokal im Schulhaus versammeln könnte. Sie blieb unbeantwortet. Zur Vorbereitung der bevorstehenden Grossratswahlen fand am 14.März 1918 im Restaurant Schönegg bei Goldswyl eine gemeinsame Vorstandsitung mit dem Arbeiterverein Ringgenberg-Goldswil statt. Nach den Zahlen der vergangenen Nationalratswahlen könne ein erfreuliches Resultat erzielt werden. Die Flugblätter und Wahlzettel würden von der kantonalen Partei erstellt, und die Sektionen des Bödeli hätten nur ein Inserat zu machen. Die Arbeitervereine waren demnach bereits eindeutig in die Wahlorganisation der kantonal-bernischen SP eingebunden. Als Grossratskandidat wurde von verschiedenen Seiten Genosse Wenger, Angestellter der BLS, genannt, dem auch von Habkern her Unterstützung in Aussicht gestellt wurde. Eine solche Wahl eines Arbeiters sei noch nie vorgekommen. Die Grütlianer brauchten nicht gefürchtet zu werden, mit ihnen sollte ein Kompromiss gefunden werden, in dem sie „in unserem Wahlkreis keinen Kandidaten aufstellen würden, und wir in ihrem Wahlkreis“ entsprechend verzichten würden.

An einer ähnlichen Vorständeversammlung vom 17.April 1918 im Hotel Falken in Unterseen berichtete der Kandidat Wenger, er wisse aus dem Wahlkreis Unterseen nichts Weiteres, als dass die Alten wieder gewählt werden sollen. Einer meinte, „falls von der Freisinnigen Partei der Gemeindepräsident Diggelmann aufgestellt würde, wir uns der Stimme enthalten sollten, ein anderer machte die Anregung, Stimmenthaltung zu proklamieren und darauf zu verzichten, in den Wahlkampf einzutreten.“ Dann teilte der Grossratskandidat Wenger mit, dass er auf ein Schreiben der BLS hin seine Kandidatur zurückziehen müsse und stellte anschliessend erstmals den Antrag, die beiden Vereine umzutaufen in „Soz.Dem.Partei.“

An einer nur vier Tage später, am 21.April in der Aarburg stattfindenden Versammlung, an der 30 Genossen und 3 Genossinnen teilnahmen, wurden als Neueintritte zwölf Männer und fünf Frauen aufgenommen. „Betreffs der Kandidatur Wenger und seiner Anstellung bei der BLS betont der Präsident, dass Wenger auf ein Schreiben der Direktion hin die Kandidatur nicht annehmen könne und schlägt Stimmenthaltung im Wahlkreis Unterseen vor.“ Auf die Frage, „ob man nicht bei einer eventuellen Entlassung Wengers bei der BLS ihm einen Posten bei der Gemeinde geben könnte“, wurde die Angelegenheit zur Weiterbearbeitung dem Vorstand überbunden. Doch am 27.April wurde Genosse Frutiger von Goldswil als Grossratskandidat aufgestellt und ausdrücklich die Abwesenheit „unserer beiden Gemeinderäte“ bedauert. Wenger geriet später in die Kritik seiner Parteigenossen. Er musste als Präsident der Notstandskommission der Gemeinde die Verteilung von Lebensmittelkarten vornehmen. „Besser gekleidete und vornehmere Frauen würden bevorzugt behandelt,“ und man stritt sich bei Kriegsende um Zusatzbrotkarten und eine bessere Kartoffelversorgung und verlangte eine stärkere Vertretung der Arbeiterschaft in der Notstandskommission der Gemeinde. Der Arbeiterverein verzeichnete in dieser unruhigen Zeit auffallend viele Neueintritte und verstärkte damit seine politische Bedeutung.

Die sozialdemokratische Partei Unterseen

Namensänderung am 11.Mai 1918

Das Jahr 1918 brachte das Ende des ersten Weltkrieges und in der Folge als politisches Erdbeben den Generalstreik. In dieser Zeit veränderte sich in Unterseen die Parteienlandschaft. Am 11.Mai 1918 wurde unter dem Traktandum Namensänderung protokolliert:

„Der Präsident gibt den Anwesenden Aufschluss über den vom Vorstand gemachten Vorschlag, den Arbeiterverein in Soz. dem. Partei Unterseen umzuwandeln. Der Antrag, den Namen abzuändern in Soz. dem. Partei Unterseen, wurde einstimmig angenommen. Anwesend 55 Genossen und 5 Genossinnen.“

Am 8.Juni 1918 fand bereits die nächste Zusammenkunft statt, und zwar „der Soz.dem. Mitgliedschaft Unterseen“ im Restaurant Aarburg. Nachträglich mit Bleistift angebrachte Einfügungen lassen darauf schliessen, dass über den beschlossenen neuen Namen noch gestritten wurde.

Besondere Bemerkungen zur Generalstreikzeit finden sich leider nicht im Protokoll der SPU. Ein Bedürfnis, alle Kräfte der Arbeiterschaft zusammenzuschliessen, kam aber an der Hauptversammlung am 26.Januar 1919 in einem Votum zum Ausdruck, die beiden sozialdemokratischen Parteien Unterseen und Interlaken sollten sich vereinigen. Der Vorstoss hatte aber keine direkten Folgen. Weit mehr fühlte man sich mit der kantonal-bernischen Parteiorganisation verbunden. Der erste kantonale SP-Parteisekretär Eugen Münch hatte die junge SP-Sektion in ihrer Arbeit unterstützt, und seine Frau war wegen frauenpolitischen Fragen zu Rate gezogen worden. Als Münch im August 1919 verstarb, spendeten die Bödelisektionen gemeinsam einen Trauerkranz aus Alpenrosen.

Parteiorganisatorisches

Versammlungslokal

Am 29.Januar 1921 wurde die Hauptversammlung der SPU erstmals im Restaurant Stadthaus durchgeführt, obwohl „die Bauern- und Bürgerpartei ihr Lokal dort haben.“ Trotzdem wurde neu und einstimmig beschossen, „das Lokal im Stadthaus zu beziehen.“ „Schluss der Versammlung 11_ Uhr, anwesend 35 Genossen. Nun folgte der gemütliche Teil, welcher bis in die Morgenfrühe fortdauerte und recht fidel herging, da einige Genossen etwas zum besten gaben und die meisten ihre Frau oder Schatz mitgebracht hatten und so eine kleine Gesellschaft von etwa 70-80 Personen beisammen war.“

An der schlechtbesuchten Hauptversammlung vom 28.Januar 1922 wurde wiederum der Falken als Versammlungsort bestimmt. Es fanden in der Folge aber auch Versammlungen anderwärts wie in der Krone, im Drei Schweizer und im Eiger statt. Im Jahresbericht 1922 steht über weitere Tätigkeiten: „Ferner wurde das Waldfest der Arbeiterunion abgehalten, wobei sich unsere Partei auch beteiligte, welches aber infolge Arbeitslosigkeit finanziell nicht gerade gut ausgefallen ist.“

Am 23.Februar 1927 „sollen neuerdings Schritte unternommen werden zur Beschaffung eines geeigneten Versammlungslokals. Man ist der Ansicht, dass mit einigermassen gutem Willen es möglich sein sollte, ein Lokal im alten Schulhause zu bekommen, umsomehr da die Partei nur höchstens alle Monate ein Mal zusammenberufen werde.“ Am 22.November 1929 tagte die Parteiversammlung mit Erlaubnis der Primarschulkommission erstmals im heute abgerissenen alten Schulhaus an der Hauptstrasse dem Schloss gegenüber.

Fraktionssitzungen, Rechenschaftsberichte

Am 29.September 1923 fand erstmals eine „erweiterte Vorstands- und Fraktionssitzung“ im Drei Schweizer statt. „Die Fraktion sollte öfters zusammentreten, um über wichtige Beschlüsse in Behörden und Kommissionen beraten zu können.“ Die Partei konnte mit 59 zahlenden Mitgliedern rechnen. An der Hauptversammlung vom 19.Januar 1924 erstatteten erstmals SP-Mitglieder Bericht aus der Tätigkeit der Gemeindekommissionen, denen sie angehörten, wie „vorab aus dem Gemeinderat, der Schul-, Armen-, Polizei-, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftskommission sowie der Grundsteuer- und der Einkommenssteuerkommission. Die Vertreter in der Bau- und Strassenkommission und in der Schwellenkommission waren nicht anwesend.“

Schwierigkeiten

An der Hauptversammlung vom 23.Januar 1920 wurde der Vorstand von fünf auf sieben Mitglieder erweitert und der Monatsbeitrag gegen Widerstand von früher 60 Cts. auf 1 Fr. erhöht.

An der Hauptversammlung vom 19.Januar 1924 kam nach den ordentlichen Geschäften „der langersehnte Knoten der Wahlen. Aus Gesundheitsrücksichten war der bisherige Präsident Karl Lanker gezwungen zu demissionieren. Nach langem Hin und Her konnte endlich der Vicepräsident verpflichtet werden. ‚Bravo Schnätzhöltzi‘ (Michel Robert)“.

Am 13.Februar 1925 wurde bekanntgegeben, dass Genosse Grossrat Jossi „der nötige Urlaub zum Besuch der Bezirkssteuerkommissions-Sitzungen pro 1924 von der Direktion der BLS nicht bewilligt wurde.“ Dieser erklärt, „falls er als Mitglied der Bezirkssteuerkommission zurücktreten sollte, müsste er auch das Grossratsmandat zur Verfügung stellen, da er pro Session immer einen Ausfall von Fr. 50.- erleide, für den er nur durch die Sitzungsgelder der Bezirkssteuerkommission Ersatz habe.“

Verbindungen zum politischen Umfeld

Mitgliedschaft in der Arbeiterunion Interlaken und Umgebung

Auf kantonaler Ebene wurde im Jahr 1890 als Dachorganisation von 26 Gewerkschaften, dazu der Sozialdemokratischen Partei und des Grütlivereins die Arbeiterunion gegründet. Der erste Allgemeine Arbeiterverein Unterseen bestimmte schon in seinem Gründungsjahr 1899 drei Delegierte in den Vorstand der Arbeiterunion Interlaken. Der zweite Unterseener Arbeiterverein trat ihr im Jahre 1917 bei.

Über die Arbeiter-Union wurde im Jahresbericht 1922 der SPU geschrieben: „Ebenfalls zu erwähnen sei das im Herbst durchgeführte Jubiläumsfest der Union, das zu ihrem 25-jährigen Bestehen gefeiert werden konnte.“ Als Gründungsjahr ist dementsprechend das Jahr 1897 anzunehmen, obwohl am 17.Dezember 1927 an der Parteihauptversammlung mitgeteilt wurde, „dass am 21.Januar 1928 hier im Drei Schweizersaal das 30-jährige Jubiläum der Arbeiterunion stattfinde.“

Die Arbeiterunion sammelte die Arbeiterschaft auf wirksame Weise. Am 24.April 1924 verlangte der Unionsvorstand, dass für den 1.Mai-Umzug jede Sektion 2-3 Mann stelle, um nach der Ablehnung der „Lex Schulthess“, welche die 1920 eingeführte 48-Stundenwoche hatte rückgängig machen wollen, „die Beerdigung der 54 Stundenwoche zu illustrieren“.

Die Arbeiterunion als zusammenfassende Organisation der Arbeiterschaft spielte bis in die Fünfzigerjahre hinein auf dem Bödeli eine wichtige Rolle.

Verhältnis von Partei und Gewerkschaften

Die Parteiarbeit und das Wirken der entstehenden Gewerkschaften wurden säuberlich getrennt. Am 5.Dezember 1919 diskutierte die SPU, nachdem der WAV, der BLS-Werkstättearbeiterverein entstanden war, dass es nicht gut möglich sei, mit einem gewerkschaftlichen Verein einen gemeinsamen Familienabend abzuhalten. Als Gegenargument wurde betont, „dass doch die meisten Werkstättler auch Parteimitglieder seien.“

Sozialdemokratischer Amtsverband

Am 8.Juli 1921 wurde mitgeteilt, dass ein SP-Amtsverband gegründet werden solle. Die Gründungsversammlung fand jedoch erst am 5.März 1922 im Anker in Interlaken statt.

Abgrenzung zu den Freiwirtschaftern

Am 1.Februar 1922 referierte „Genosse Schwarz aus Bern über das Traktandum 14 des kantonalen Parteitages über die Freigeldfrage“ und fand hier viel Wohlwollen. Die Freiland-Freigeld-Mitglieder mussten sich jedoch nach einem Beschluss des schweizerischen Parteivorstandes entscheiden, der SP weiterhin anzugehören oder auszutreten. Da in Unterseen von einzelnen Parteimitgliedern weiter in freiwirtschaftlicher Richtung agitiert wurde, drohte die kantonale Parteileitung am 11.Mai 1931 mit deren Ausschluss. Lehrer Heinrich Schlegel unterzog sich, blieb aber mit seinen charakterlichen Eigenheiten ein Unruheherd in der Partei.

Verhältnis zum Grütliverein

Das Verhältnis zum Grütliverein wechselte von Zusammenarbeit bis zu Gegnerschaft. Am 5.Juli 1922 fand eine gemeinsame Vorstandsitzung der Sozialdemokratischen Partei und des Grütlivereins statt, um miteinander eine Initiative zum Bau einer linksufrigen Brienzerseestrasse zu lancieren. Die Auflösung des Grütlivereins 1925 und der Übertritt seiner Mitglieder in die SP brachte in Unterseen besondere Rivalitäten zwischen zwei nun der gleichen Parteisektion angehörenden Grossräten.

Stellung zur internationalen Parteiorganisation

Während der Zeit des ersten Weltkrieges wurde versucht, die zusammengebrochene Zweite Internationale zu reaktivieren. An den berühmten Konferenzen von Zimmerwald und Kiental kam es zu einer Spaltung, einerseits als Mehrheit die sogenannten Zentristen unter dem Vorsitz von Robert Grimm aus Bern, andererseits eine Minderheitsgruppe unter Lenin, welche zur Gründung einer kommunistischen, Dritten Internationalen drängte. An einem folgenden Parteitag beschloss die SPS dann aber, der Dritten Internationalen beizutreten. Der Entscheid wurde jedoch einer Urabstimmung in den Sektionen unterstellt.

Am 14.August 1919 diskutierte die Unterseener Partei über die vom SPS-Parteitag in Basel zu fassenden Beschlüsse betreffend Beitritt zur kommunistisch geprägten Dritten Internationalen. Sie stimmte dem Austritt aus der Zweiten Internationalen zu und stellte den Parteitagsdelegierten die Stellungnahme zum Eintritt in die Dritte Internationale frei. Am 12.September 1919 wurde die in den Parteisektionen vorzunehmende Urabstimmung zu dieser Frage mit 25 gegen 10 Stimmen positiv entschieden, die Mehrheit der schweizerischen Sektionen stellte sich jedoch dagegen. Die Unterseener Partei stand demnach zu dieser Zeit eher am linken Flügel der SPS.

Am 8.Dezember 1920 stand erneut die Dritte Internationale zur Diskussion. Die Delegierten wurden mit einem gebundenen Mandat an die Konferenz in Bern entsandt, die aufgestellten 21 Aufnahmebedingungen abzulehnen. Nach deren Ablehnung auch durch den schweizerischen Parteitag am 11./12.Dezember 1920 in Bern wurde die Frage erneut einer Urabstimmung unterbreitet. Sämtliche SP-Parteien auf dem Bödeli führten einen gemeinsamen Orientierungsabend durch. Nach der Ablehnung des Beitritts in der Urabstimmung kam es im Jahre 1921 auf schweizerischer Ebene zur Gründung der Kommunistischen Partei, deren Mitglieder sich von der SPS abspalteten und mit den sogenannten „Altkommunisten“ in Zürich, Basel, Schaffhausen und später in Genf fusionierten. Am 24.August 1921 wurde einstimmig beschlossen, dass der Delegierte am Parteitag in Luzern sich in der Frage des Beitritts zur Vierten Internationalen, welche sich gegen die Kommunisten abgrenzte, der Stimme enthalten solle. Die SPS trat ihr erst 1926 bei.

Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen stellte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in neuem Licht. An der Parteiversammlung vom 19.März 1948 im Drei Schweizer wurde nach einem Vortrag von Max Wullschleger, Redaktor der Basler Arbeiterzeitung, über die Vorgänge in der Tschechoslowakei, wo die Kommunisten mit einem Staatsstreich die Macht ergriffen hatten, und nach einer anschliessenden Diskussion über die aussenpolitische Lage festgehalten: „Wir Sozialdemokraten verurteilen das Vorgehen der Kommunisten aufs schärfste, welches mit Demokratie und Sozialismus nichts mehr Gemeinsames hat.“

SP-Kulturorganisationen auf dem Bödeli

In den Prokollen der SPU erscheinen sporadisch und eher zufällig einige Hinweise, wie die Arbeiterschaft sich im kulturellen und gesellschaftlichen Bereich organisierte. Die folgende Zusammenstellung ist deshalb keine zusammenhängende Darstellung der kulturellen Aktivitäten der SP auf dem Bödeli.

Arbeiter-Männerchor Eintracht

Das Bestehen des Männerchors Eintracht mit seinem Vereinslokal im Restaurant Eintracht in Interlaken ist bereits in den Protokollen des ersten Arbeitervereins in Unterseen für das Jahr 1899 belegt. In der SPU wurden verschiedentlich die sangesfreudigen Mitglieder zum Eintritt in den Arbeitermännerchor aufgefordert. An der Hauptversammlung vom 31.Januar 1933, die mit einem Musikstück eröffnet worden war, wurde ein Schreiben des Dirigenten des Arbeitermännerchors verlesen, „das dazu aufruft, am Anfang und Ende einer Versammlung Bekenntnislieder zu singen.“ Der Chor war offenbar bereit, dabei mitzuwirken, und der Dirigent von seinem politischen Auftrag überzeugt.

Sozialdemokratische Sonntagsschule

Am 11.Juni 1920 wurde auf einen Vortrag in der Eintracht über „eine Soz.dem. Sonntagsschule“ hingewiesen und am 2.Juli mitgeteilt, „dass am letzten Sonntag die erste Sonntagsschule abgehalten wurde und 38 Kinder teilgenommen haben.“ Die Genossen wurden ermuntert, ihre Kinder zu schicken. Über das Fortbestehen fehlen spätere Hinweise.

Arbeiterbildungsausschuss

Am 8.Oktober 1920 wurde bekannt gegeben, „dass an der letzten Unionsversammlung beschlossen wurde, einen Arbeiterbildungsausschuss zu gründen und nun jede Gewerkschaft und politische Partei ein oder zwei Mitglieder zu wählen haben.“ Als erstes wurde ein Stenographiekurs vorgeschlagen.

Die Gründungsversammlung fand am 18.Oktober im Central in Interlaken statt. Anwesend waren 24 Parteimitglieder aus allen Bödelisektionen; mit 12 Anwesenden stellte Unterseen den Hauptharst. Die Vorstandschargen wurden verteilt und für den Winter 1920/21 als Veranstaltungen ein Lichtbildervortrag, ein literarischer Vortrag, ein Theater und ein politischer oder rechtlicher Vortrag vorgesehen. Beschlossen wurde ein „Schreiben an alle Bödeli-Parteien (sozialdemokratische) und Gewerkschaften, um nicht nur moralische, sondern auch möglichste finanzielle Unterstützung von denselben zu erhalten.“ Als Winterkurs über 8 bis 10 Wochen zu 2 Stunden wurde ein Stenographiekurs für Fr. 8 bis 10.- durchgeführt. Da „der Besuch der organisierten Arbeiterschaft viel zu wünschen übrig liess“, und da „zumal unsere Kasse noch klein ist“, wurde „beschlossen, vorläufig mit Veranstaltungen, welche dem Bildungsausschuss grosse Kosten verursachen abzuwarten, bis das Verlangen seitens der organisierten Arbeiterschaft des Bödelis für weitere Bildungsvorträge vorhanden sei.“

Nach diesem misslungenen Anfang kam es am 6.September 1926 im gleichen Lokal zu einer „Neugründung des Bildungsausschusses.“ Auf Antrag des zum Nationalrat aufgestiegenen Hans Roth wurde der Bildungsausschuss umgetauft in „Ausschuss für Arbeiterbildung und -Sport“. „Im Verschiedenen gab Genosse Hans Roth noch einige Ratschläge, was der Bildungsausschuss alles anzustreben habe, um namentlich auch unsere Jungen zur Heranbildung unserer Sache zu gewinnen.“ Am 11.Februar 1927 „verweist er auf die Sportförderung für die Arbeiterjugend sowie geistige Bildungsverbreitung in der Linkspresse, Heranziehung von guten Korrespondenten und Referenten. Es ist vorgesehen, dass die geselligen Vereine (Männerchor und Sportvereine, Radfahrerverein, Naturfreunde) auch je zwei Delegierte in den Bildungsausschuss abordnen. Ebenfalls soll die Bibliothek der Arbeiterunion dem Bildungsausschuss unterstellt werden.“ Hans Roth übernahm 1927 die Leitung und führte in der Folge mit seinen Helfern viele erfolgreiche und auch weniger beachtete Veranstaltungen durch, bis 1931 der Interlakner Lehrer Samuel Teuscher und im Jahr darauf Gottfried Beyeler an seine Stelle trat.

Auch parteiintern wurde über das Tagesgeschehen hinaus Wissen und Erfahrungen weitergegeben. So sollte Gottfried Beyeler an der Parteiversammlung vom 27.August 1931 „über die Arbeiter-Olympiade in Wien“ sprechen. Wegen der vorgerückten Zeit wurde der Vortrag verschoben und „Beyeler schildert nun seine Reise nach Budapest und den dortigen Aufenthalt, die Besichtigung der Arbeiterwohnungen und primitiven Baracken, wo die ärmere Bevölkerung hausen muss.“ Und am 2.September 1932 hielt er ein Referat „über die deutschen Reichstagswahlen. Der Präsident verdankt den interessanten Lichtbildervortrag.“ – In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg klafften die Notwendigkeit zur Information der Arbeiterschaft und ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen immer weiter auseinander. Das Schlagwort „Wissen ist Macht“ verlor selbst in der bildungsgläubigen Linken seine Wirkung.

Naturfreunde

Am 1.Juni 1923 wurde mitgeteilt, dass die Naturfreunde am 17. oder 24.Juni ihre Gründungsfeier hätten, und zwar auf der Gemmenalp, „wozu die Genossen ebenfalls zur Teilnahme eingeladen seien.“ Die Organisation ist bis heute aktiv geblieben.

Radfahrerverein und Radfahrerbund

Am 30.Juni 1917 wurde beantragt, „man solle einen soz. Radfahrerverein gründen, man möge die Kosten bis zur Gründung dem Arbeiterverein überbürden, was auch einstimmig genehmigt wurde.“ Am 8.März 1924 wurde „an alle Fahrräder besitzenden Genossen appelliert, sie möchten dem Arbeiter-Radfahrerbund beitreten, wobei dann Genosse Wyler für die Naturfreunde eintrat.“

Sportklub Unterseen im Arbeitersportverband

An der Parteiversammlung vom 1.April 1927 wurde die Ansicht vertreten, „der Musik für den Mai-Umzug etwas zu leisten … und dem Sportklub Unterseen, der sich nun dem Arbeitersportverband angeschlossen hat, einen Beitrag zuzuerkennen.“

Arbeiterturnverein Interlaken

Am 24.Juli 1931 „ist vom neu gegründeten Arbeiterturnverein Interlaken ein Schreiben eingelangt, worin um einen Beitrag ersucht wird.“ Initiant für die Gründung war Gottfried Beyeler. Die Parteiversammlung vom 27.August bewilligte einen Gründungsbeitrag von Fr. 20.- und beschloss, als Kollektivmitglied mit einem jährlichen Passivbeitrag von Fr. 10.- beizutreten.

Jugendorganisation

Am 29.April 1927 wurde bekannt gegeben, dass die Gründung einer Jugendorganisation zusammen mit Interlaken „im Studium“ sei. An der Hauptversammlung vom 31.Januar 1931 wurde mitgeteilt, „dass in Interlaken eine Jugendorganisation gegründet worden sei, umfassend die Gemeinden Interlaken, Unterseen, Matten, Wilderswil, Bönigen und Goldswyl.“ Sie zählte zu diesem Zeitpunkt 45 Mitglieder.

Am 6.Mai 1931 wurde mitgeteilt: „Die Jugendgruppe hat sich bereit erklärt, an einer Versammlung einige Lieder zu singen.“ Die Jungsozialisten waren von ihrer politischen Aufgabe überzeugt und begeistert. Unter der Anführung von Gottfried Beyeler reisten

15 Mitglieder, ausgerüstet mit roten Fahnen, sogar an eine Demonstration gegen die Faschisten nach Lugano, die bei Ponte Tresa einen geflüchteten Sozialisten auf Schweizer Gebiet gefasst und nach Italien zurückgebracht hatten. Bei ihrer Heimkehr marschierte die Jugendgruppe fahnenschwenkend durch die Strassen und erreichte daheim ein noch viel grösseres Aufsehen. Über den Fortbestand der Organisation fehlen in den SPU-Protokollen weitere Hinweise. Doch am 4.März 1948 wurde erneut darüber diskutiert, eine besondere Jugendgruppe zu bilden. „Die allgemeine Ansicht war, die Sache ganz fallen zu lassen.“

Arbeiterschachklub

Am 13.Januar 1928 wurde an der Parteiversammlung von der Absicht zur Gründung eines Arbeiterschachklubs berichtet, der auf die Unterstützung der soz.dem. Parteien auf dem Bödeli zähle. Vorerst gehe es um Mitgliedergewinnung und einen Anfängerkurs.

Arbeiterschützenbund

Nach einem bereits am 11.April 1930 vorliegenden Schreiben des Schweizerischen Arbeiterschützenbundes mit einem Aufruf zur Gründung einer Sektion in Unterseen wurde am 30.Januar 1931 gewünscht, dass ein Mitglied der SPU an einer Delegiertenversammlung in Bern teilnehme und „in Hier eine Sektion gegründet werden“ solle. „Da aber zur Zeit zu wenig Anmeldungen vorliegen, wird die Sache auf den kommenden Herbst verschoben.“ Am 15.Januar 1932 wurde argumentiert, „die Gründung sollte in erster Linie erfolgen, „um den Muss-Schützen eine billige Schiessgelegenheit zu bieten. Betont wird, dass die Hauptschwierigkeit in der Bestellung des Vorstandes bestehe.“ Die Gründungsversammlung fand am 20.Februar 1932 in der Krone in Unterseen statt. Die Arbeiterschützen Unterseen wurden später während vieler Jahre von Walter Tschanz als Schützenmeister betreut und nach seinem im Jahr 1973 erlittenen tragischen Unfalltod schliesslich aufgelöst.

Unionsbibliothek

Von der Arbeiterunion wurden die Parteimitglieder am 10.April 1931 ersucht, „allfällig vorrätige nicht mehr benützte Bücher der Unionsbibliothek zu übergeben.“ Über den Erfolg der Sammlung und die Qualität der Bücher fehlen die Angaben.

Politisches Wirken in der ersten Nachkriegszeit

Kampf um Anerkennung in der Gemeinde

Für eine Stärkung der Gemeinde

Im Sommer 1918 wurde im Kanton Bern über ein neues Steuergesetz abgestimmt. Da nach dem vorher gültigen Gesetz jeder Steuerzahler am Erwerbsort und nicht wie heute am Wohnort steuern musste und zu dieser Zeit viele Unterseener in Interlaken, zum Beispiel in der Hotellerie, ihren Lebensunterhalt verdienten, war es um die Gemeindefinanzen im Stedtli sehr schlecht bestellt. So betrugen im Jahr 1913 in Interlaken die Einnahmen der Gemeinde bei ca 3800 Einwohnern im Ganzen Fr. 584’000.-, während Unterseen bei ca 3300 Einwohnern im gleichen Jahr nur Fr. 84’000.- einnahm, dies sogar bei einer individuell um 40% höheren Steuerbelastung! Interlaken verfügte demnach damals pro Einwohner über Fr.155.20, Unterseen dagegen trotz massiv höherer Steueranlage nur über Fr.25.70, also über einen gut sechs Mal geringeren Betrag. Die junge SPU wusste, wie stimmen und sorgte dafür, dass alle ihre Wähler zur Urne gingen. An ihrer Versammlung vom 6.Juli 1918 in der Aarburg wurde darüber protokolliert: „Der Präsident ersucht die Anwesenden, alle zur Urne zu gehen und macht die Genossen aufmerksam über die Stimmkontrolle, dass sie diese vor dem Schulhaus abgeben sollten.“ Jedes Mitglied zeigte mit seinem parteiinternen Ausweis den eigenen Wahlorganisatoren an, dass es seine Stimmpflicht erfüllt hatte.

Örtlicher Widerstand gegen die SP

Den politischen Aktivitäten der Partei blies auf dem Bödeli ein rauher Wind entgegen. Einen Monat vor dem landesweiten Generalstreik beschloss die Parteiversammlung am 12.Oktober 1918 betreffend der Wahlpropaganda für die schweizerische Proporzinitiative der SP (der 13.Oktober war der Abstimmungssonntag), dass man „die übrigen Plakate auch erst am Morgen anschlage, sonst werden sie sowieso heruntergerissen.“ Aus der Versammlung kam „die Anregung, dass während der Wahldauer immer 1-2 Mann vor dem Wahllokal sind, um die Stimmenden zu kontrollieren“.

Auseinandersetzungen in der Gemeinde

Die Partei musste um ihre Rechte kämpfen, um in Gemeindeangelegenheiten besser mitreden zu können. Am 21.Juni 1919 verlangte sie, „dass wichtige Gemeindeangelegenheiten jeweilen frühzeitig vor der Gemeindeversammlung oder Abstimmung der Partei zur Einsicht gegeben werden, dies zur Hebung des Interesses der Parteimitglieder in Gemeindesachen wie auch zur Hebung des Einflusses der Partei in solchen.“

Das Jahr 1919 war gekennzeichnet durch örtliche Arbeitskämpfe. Der Unionsdelegierte berichtete am 21.November, „die Verhandlungen der Union mit der Firma Naef, Schneider in Unterseen (der späteren Mühlen AG) haben keinen definitiven Erfolg gezeitigt, dagegen glaubt Jossi, dass die Kündigungen, welche Schneider seinen organisierten Arbeitern erteilte, rückgängig gemacht würden“. „Die Arbeitgeber wollten mit den Bauarbeitern keine Verhandlungen eingehen, bis die Arbeiter die Arbeit wieder aufnehmen.“

Auf Antrag der Partei wurde im Jahre 1919 der Holzertag in der Gemeinde von Donnerstag auf den Samstag verlegt, an dem die Arbeiter am ehesten Zeit zum Holzsammeln hätten. Die Änderung wurde als besonderer Erfolg der politischen Arbeit in der Gemeinde bewertet. Und am 19.Dezember 1919 gab „Genosse Jossi Aufschluss über die Konzertsaalinitiative und sagt, dass der Turnverein der Initiant sei und dass der Hauptgrund doch eine Turnhalle sei. Er hat in der ersten Sitzung der Vereine darauf hingewiesen, dass auch die politischen Vereine zugezogen werden sollten.“

Am 5.März 1920 wurde bekannt gegeben, „dass die Maler und Gipser auf dem Platz Interlaken in den Streik getreten sind.“ Am 19.März wurde gefordert, „dass die Stimmkarten früher verteilt werden sollten und nicht erst am letzten Tag.“ Zudem wurde appelliert, „ die bürgerlichen Blätter aus dem Hause zu schaffen und dafür die Parteipresse zu lesen und zu abonnieren; denn sie allein bringt Aufklärung.“ Am 21.April wurde anlässlich einer Lehrerwahl gerügt, „dass wir nun vor der Kalamität stehen, dass wir keinen Vertreter aus der Partei in der Schulkommission haben, sonst würden wir besser unterrichtet sein in solchen Sachen.“

Am 8.Dezember 1920 wurde bekannt, dass ein Spezereihändler sich gegen die streikenden Werkstättearbeiter dahin geäussert habe, „dass er sie als faule Kerle etc. titulierte und beantragt, dass man über die Festzeit an solches denken solle und überhaupt nichts mehr konsumiere bei dem.“ Am 20.Dezember 1920 wurde festgestellt, „weil nun wieder eine grosse Arbeitslosigkeit sei“, müsse die Arbeitsbeschaffungskommission wieder funktionieren. Dem Bauunternehmer Kummer sei aufgetragen worden, beim Bau der Seidenfadenstrasse in erster Linie die Arbeitslosen von Unterseen zu beschäftigen. – Über das Arbeitslosenelend schrieb der Parteipräsident in seinem Jahresbericht:

„Hunderttausende von fleissigen Arbeiterhänden müssen heute infolge einer total verrückten Wirtschaftsordnung feiern, sind ohne Arbeit, müssen die Bundeshilfe beanspruchen, damit sie sich und ihre Familien nicht dem Hungertod übergeben müssen. Doch bei der geringen Unterstützung, die den Arbeitslosen zukommt, muss doch festgestellt werden, dass in breiten Kreisen der Betroffenen Hunger, Not und Elend täglicher Gast geworden sind. Die Arbeiterschaft, die keine Schuld an der Weltkrise trägt, höchstens diejenige, dass sie sich nicht mit aller Kraft gegen den Weltkrieg gestemmt hat, ist nun dazu verdammt, in erster Linie auch jetzt wieder als Opfer bluten zu müssen.“

Erfolge

Die erste 1.Maifeier nach dem Generalstreik

Die Hauptaufgabe der Arbeiterunion war das Organisieren der 1.Mai-Feier mit Umzug. Im Jahresbericht 1919 der SPU wurde festgehalten:

„An grösseren und öffentlichen Aktionen sind zu verzeichnen die Maifeier, welche wieder zum ersten Male seit dem grossen Völkermorden mit einem prächtig gelungenen Demonstrationsumzug gefeiert wurde. Die musikkundigen Genossen vom

Bödeli scharten sich zusammen, und so entstand eine flotte Festmusik. Als Festredner amtete Genosse Nationalrat Nobs aus Zürich.“

Referent war der aus Grindelwald stammende Ernst Nobs, eines der vier Mitglieder des Oltener Generalstreikkomitees, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden waren und diese auch absitzen mussten. Seine Popularität in der Arbeiterschaft hatte nicht gelitten.

Die ersten Nationalratswahlen nach Proporz – 1919

Für die Vorbereitung der ersten Proporzwahl des Nationalrates wurde die Parteiarbeit intensiviert. Am 12.September 1919 beschloss die Partei, jeden Monat einen Diskussionsabend durchzuführen, und am 3.Oktober wurde für die bevorstehenden Nationalratswahlen nach Proporz geworben. Zur Durchführung der Wahl sollte „ein Kontrollbureau eingerichtet werden, „damit man einmal eine genaue Kontrolle habe, wer gestimmt habe und wer nicht, damit man die Säumigen durch die Radfahrer an die Urne holen könne.“ Am 24.Oktober gab der Parteipräsident der Versammlung bekannt, „dass am 25. und 26.Oktober unser Schicksalstag sei und appellierte an die Genossen, dass sich ein jeder mit Leib und Seele der Sache widme und sich den Bestimmungen der Partei füge.“ Der zurückgetretene Parteipräsident Jossi erläuterte anschliessend, „wie die bürgerlichen Bätter die Wahlpropaganda benutzen, und wie sie uns als Bolschewiki, Hunde, Wölfe im Schafspelz und Staatsschmarotzer titulieren.“ Am 21.November 1919 „gibt Genosse Steiner einiges bekannt über die Wahlen in den von den Radfahrern besorgten Gemeinden.“ Der Radfahrerverein wurde eingesetzt, um Wahlmaterial in verschiedenen Gemeinden des Amtes zu verteilen. Bei diesen ersten Nationalrats-Proporzwahlen gewann die SPS zusätzlich

21 Sitze. Mit einer Fraktionsstärke von 41 Sitzen musste sie künftig in der eidgenössischen Politik beachtet werden.

Die ersten Proporzwahlen in der Gemeinde – 1921

An der ausserordentlichen Parteiversammlung vom 18.März 1921 wurde das Proporzreglement der Gemeinde beraten. Zur Vorbereitung der bevorstehenden ersten Proporzwahlen in der Gemeinde wurde dann das Begehren gestellt, „in nächster Zeit die Vertrauensmänner einzuberufen zwecks Stimmkontrolle.“ Am 31.März und am 25.April bereitete der Vorstand die Wahllisten vor; er war mit Emil Diggelmann als Gemeindepräsident einverstanden und stellte Genosse Beuggert Arnold als Gemeindevicepräsident auf. Die sieben Wahllinien für den Gemeinderat wurden mit Beuggert Arnold, Jossi Hans, Michel Gottlieb (alle drei kumuliert) und mit Wirth Hans (unkumuliert) besetzt. In ähnlicher Weise wurden die Vorschläge für die Primarschulkommission, die Armenbehörde, die Polizeikommission, die Bau- und Strassenkommission, die Finanzkommission und die Sekun-darschulkommission aufgestellt. Die beiden von der SP bei ihrer Wahl an der Gemeindeversammlung unterstützten und anschliessend in die Partei aufgenommenen Lehrer Willi Felber und Heinz Schlegel wurden gleich als Propagandaleiter und Zeitungsschreiber bestimmt.

Am 30.April diskutierte die Parteiversammlung über die aus ihrer Mitte gestellte Frage, „warum die Partei die Frauengruppe nicht eingeladen habe, um an den Versammlungen teilzunehmen. Der Fall wurde vom Präsidenten aufs gründlichste erklärt.“ Betreffend der 1.Mai-Feier mahnte der Präsident „alle Genossen, zu erscheinen und während dem Umzug und dem Referat dem Alkoholgenuss zu entsagen.“ Nebenbei wurde über „den Fall der Soz.dem. Frauengruppe“ erklärt, „dass diese als solche am Umzug jedenfalls nicht teilnehmen werde.“ Die der Partei angehörenden Frauen waren bei den Wahlvorbereitungen nicht beigezogen worden und verzichteten in der Folge demonstrativ auf die Teilnahme am Maiumzug.

Am 26.Mai 1921 wurde festgehalten, „dass der Grütliverein die Bauern- und Bürgerpartei angefragt habe wegen der Listenverbindung, dass die Bürgerpartei es aber abgelehnt habe.“ An der Versammlung vom 8.Juli 1921 berichtete der Parteipräsident über einen erfreulichen Verlauf der Wahlen, welche die Partei Fr.359.60 gekostet hätten und dankte für die gute Propaganda. Am 5.Juli habe die erste Sitzung des neuen Gemeinderates stattgefunden; er werde demnächst die Beleuchtungskommission, die Grundsteuerschatzungskommission, die Feuerwehrkommission, die Schwellenkommission, die Verkehrskommission und die Jugendfürsorgekommission neu besetzen. Die in der ersten Gemeindeproporzwahl von der SP angewandte Wahlorganisation mit Vertrauensleuten und Stimmkontrolle wurde später beibehalten.

Der erste sozialdemokratische Grossrat aus Unterseen – 1922

Anlässlich der Grossratswahlen im Mai 1922 wurde aus Unterseen der bei der BLS-Werkstatt angestellte Johann Jossi, Maler gewählt. Er hatte als Präsident des Arbeitervereins Unterseen einen allgemeinen Bekanntheitsgrad erreicht und war in den ersten Gemeindeproporzwahlen in Unterseen ebenfalls als Gemeinderat gewählt worden. Nach seinem ersten Auftritt in Bern berichtete er am 7.Juni 1922 an der Parteiversammlung „noch kurz über den Verlauf der ersten Grossratssitzung“. Jossi gehörte dem Grossen Rat bis 1930 an. Er musste krankheitshalber auf eine Wiederwahl verzichten und starb wenig später. Als sein Nachfolger wurde bei den Grossratswahlen 1930 der von der Grütlianern 1926 als Grossrat gewählte und dann zur SPU übergetretene Albert Wägeli portiert und wieder gewählt. Doch trat Wägeli kurz darauf aus der SP aus.

Streitpunkte, Stellungnahmen, Entwicklungen

Fusion Interlaken-Matten-Unterseen?

Unter der alten Steuergesetzgebung, nach der Steuern am Arbeitsort entrichtet werden mussten, war Unterseen neben Interlaken, das sich zum Zentrum der Hotellerie entwickelt hatte, eindeutig benachteiligt. Deshalb unterstützte eine Versammlung sämtlicher Behörden und Kommissionen schon am 13.Juli 1913 „die Schritte, welche der Einwohnergemeinderat von Unterseen bereits getan hat, um eine Verschmelzung der beiden Gemeinden herbeizuführen.“ Sie hoffte, „bei der Gemeinde Interlaken ein loyales und freundnachbarliches Entgegenkommen zu finden.“ Ein neues Steuergesetz von 1918, nach dem Steuern am Wohnort zu entrichten waren, verbesserte die Situation zu einem Teil.

Am 13.Februar 1925 befasste sich die Parteiversammlung der SPU erstmals mit der Frage der Fusion der Gemeinden Interlaken und Unterseen. Nach der Mitteilung, „dass am 6.Februar im alten Schulhaus von Freunden der Fusion eine Versammlung einberufen worden sei zur Sammlung von Unterschriften für eine ausserordentliche Gemeindeversammlung“, erörterte man die Vor- und Nachteile einer Fusion, und Grossrat Jossi setzte „in längeren Ausführungen die parteipolitischen Nachteile auseinander“ und betonte, „dass bei einer Fusion viele Mitglieder der Partei den Rücken kehren würden. Er hält eine Fusion für unklug.“ Gemeinderat Beuggert teilte mit, „dass schon im Jahre 1917 eine Konferenz von Vertretern der Gemeinden Interlaken, Unterseen und Matten zur Fusion Stellung genommen habe und betont, dass sich damals die Vertreter der Anschlussgemeinden trotz Einverständnisses sehr zurückhaltend benommen hätten und die Verhandlungen an der Burgergemeindefrage zerschellt seien.“ Im Verschiedenen „sprechen sich mehrere Genossen zur Nichtunterzeichnung der Unterschriftenlisten aus, doch wird hierüber kein Beschluss gefasst.“ Am 19.März 1925 diskutierte die SP-Parteiversammlung nach einem Referat über Erfahrungen mit Gemeindeanschlüssen in Bern und Biel wiederum über die Vor- und Nachteile einer Fusion. Grossrat Jossi bemerkte, „dass die heutigen Bestrebungen von Leuten herrühren, denen speziell die starke soz. Vertretung in der Behörde ein Dorn im Auge sei. Dass der Grütliverein für Fusion sei, verwundere ihn nicht, da derselbe ein Wiederaufblühen seiner Sache erhoffe.“ In der Abstimmung wurde beschlossen, dass die Partei prinzipiell für die Fusion eintreten sollte. Der beigezogene Referent zog seinerseits aus der Diskussion den Schluss, „dass bei einer Fusion Interlaken mit seiner Hotellerie in Strassenbauten etc. die grössten Ansprüche stellen würde.“ Am 26.November 1926 wurde mitgeteilt, dass der Grosse Gemeinderat von Interlaken eine Fusion abgelehnt habe.

Am Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Thema Fusion erneut aufgegriffen. Am 22.November 1945 schrieb der mehrheitlich sozialdemokratische Gemeinderat Unterseen nach Interlaken, ob die Gemeinde dort grundsätzlich bereits wäre, auf die Frage einer Fusion einzutreten. In der Antwort vom 11.Februar 1946 wurde festgehalten, dass eine Volksbefragung in dieser Sache nicht erfolgt sei, dass aber bei den grossen Unterschieden in der Steuerbelastung in den Gemeinden Interlaken, Matten und Unterseen ein Ausgleich geschaffen werden müsste, woraus sich für Interlaken neue Lasten ergeben würden. Da die Gemeinde Interlaken vor andern grossen Aufgaben stehe und in erster Linie der Kurort ausgebaut werden müsse, damit er internationalen Ansprüchen genüge, erscheine eine Fusion mit den sich daraus ergebenden grossen wirtschaftlichen Aufgaben nicht tragbar. Diese Antwort gab das Signal zum Kampf um den Finanzausgleich unter den Gemeinden auf kantonaler Ebene, der von Unterseen aus massgeblich geführt und beeinflusst wurde.

In den 60-er-Jahren entstand die sogenannte „Aktion 3800″, das Fusionsthema wurde wiederbelebt und im Jahr 1972 intensiv in der Presse behandelt. Damals entstand die Einsicht, dass sich mit einer Fusion der drei Gemeinden Interlaken, Matten und Unterseen die anstehenden Probleme nicht allgemein lösen lassen. Die gemeindeübergreifenden Aufgaben, an denen zum Teil auch die am Rande des Bödelis liegenden Orte in jeweils unterschiedlichem Masse interessiert sind, müssten problemorientiert angegangen werden. Gegenwärtig diskutiert die nächste Generation über das alte Thema.

Auflösung des Grütlivereins, Übertritte in die SP

Die Grütlianer vermochten ihren Mitgliederschwund mit der Fusionsdiskussion nicht mehr aufzuhalten. Am 2.Dezember 1925 kam die SP-Versammlung „auf die bevorstehende Auflösung des Grütli-Vereins zu sprechen. Die Mitglieder wurden ersucht, mit beleidigenden Ausdrükken sehr zurückhaltend zu sein.“ Und am 12.Dezember 1925 konnte die Parteiversammlung zu Kenntnis nehmen, dass der Grütliverein beschlossen habe, zur SP überzutreten, „immerhin mit dem Vorbehalt, dass alle ohne Ausnahme aufgenommen werden“. An der Hauptversammlung vom 16.Januar 1926 wurde in diesem Zusammenhang hingewiesen auf „die mächtigen Anstrengungen der freisinnigen Partei, um Arbeiter für ihre Sache zu gewinnen.“ Doch am 25.Februar 1926 wurde einstimmig beschlossen, alle 22 Mitglieder des Grütlivereins aufzunehmen, welche den Übertritt zur SP-Sektion Unterseen erklärten. Es waren dies 10 Gaswerkarbeiter, 3 Bahnarbeiter, 2 Gemeindearbeiter, 2 Elektriker und 5 Einzelne aus anderen Berufen. Einer der Übertretenden war der Elektriker Albert Wägeli, Leiter der Installationsabteilung der Licht- und Wasserwerke Interlaken, der als Sekretär der Arbeiterunion amtete und ein Grossratsmandat innehielt.

Mit dieser Parteifusion begann für die SPU eine Zeit der inneren Auseinandersetzungen. Grossrat und Amtsverbandspräsident Jossi hatte sich schon am 5.Juni 1925 über eine Verleumdung durch seinen Kollegen Wägeli in der Grossratsfraktion in Bern beklagt, worauf die Partei Unterseen ein Schreiben an die kantonale SP-Parteileitung beschloss, „mit dem Begehren, Wägeli sei aus der Grossratsfraktion auszuschliessen.“ Ein entsprechendes Schreiben wurde aber nicht abgesandt. Aus dieser Sache entstand ein unerfreulicher Streit innerhalb der Partei, in dem sich die beiden Grossräte hart bekämpften. In der Tagwacht erschien dazu im September 1926 ein Bericht aus Unterseen:

„Zu Beginn dieses Jahres wurde in hier, wie seinerzeit auch in der Nachbargemeinde Interlaken, die Grütlisektion Unterseen liquidiert, wovon sich 22 Mitglieder zum Übertritt zur Sozialdemokratischen Partei anmeldeten und auch ohne weiteres in dieselbe aufgenommen wurden. Man war damals allgemein der Ansicht, dass, nachdem der ehemalige Grütliverein vor seiner Liquidation der Partei alle erdenklichen Schwierigkeiten, besonders bei Wahlen, bereitete, sich dieselben und speziell ihre Vertreter in den Behörden einigermassen der vorherrschenden politischen Richtung der Partei und ihrer Vertreter anlehnen würden; aber weit gefehlt, es wurde weiter gedienert und der Nacken eingezogen vor den Bürgerlichen, trotzdem wir die Mehrheit im Gemeinderat besitzen.

In Anbetracht dieser etwas gespannten Situation zwischen den verschiedenen Behördemitgliedern kam es dann an der letzten Parteiversammlung zu einer heftigen Auseinandersetzung, welche zur Folge hatte, dass es hinterher einige „Tubelgrinde“ gab. Das wäre nun insofern kein grosses Unglück, denn mit der Zeit hätte sich auch diese Hitzewelle abgekühlt. Der Gipfel ist nun das von einem ehemaligen Grütlianer und heutigen Parteimitglied lancierte „Eingesandt“ im „Oberländischen Volksblatt“ von Interlaken, welches folgendermassen lautet:
‚Stimmen aus dem Publikum (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion):
Unterseen. Die politischen Wellen in unserem Städtchen gehen gegenwärtig sehr hoch. Mit der angebahnten Fusionierung der drei Bödeligemeinden macht man sich je länger je mehr vertraut. Jedoch scheint gerade in der Sozialdemokratischen Partei die Ruhe vor dem Sturm zu herrschen. Wie wir vernehmen, sind einzelnen führenden Parteihäuptern einige Mitglieder des früheren Grütlivereins nicht sehr genehm, weil sie sich einer Diktatur nach russischem Muster nicht beugen wollen. Aus diesem Grunde dürfte es in der Partei zu einer Klärung kommen, in der Weise, dass der grösste Teil der früheren Grütlianer aus der Partei austreten und parteilos bleiben wird. (!!!)‘
Dazu ist allerdings jeder Kommentar überflüssig, denn die Herren bezeugen mit diesem Eingesandt ihre politische Qualifikation von selbst.“
Als Verfasser der Einsendung im „Volksblatt“ wurde ein Berufskollege Wägelis ermittelt. Ihm wurde empfohlen, aus der Partei auszutreten, um einem Ausschluss zuvorzukommen. Viele Mitglieder blieben nach diesen Auseinandersetzungen den Versammlungen fern; an der Hauptversammlung vom 18.Dezember 1926 nahmen noch 14 Mann teil bei „ungefähr 70 zahlenden Mitgliedern“.

1.Mai – Umzug mit Referat, dazu Abendfeier

Im Jahr 1927 ist erstmals neben dem 1.Maiumzug eine besondere Abendfeier erwähnt. Am 29.April 1927 wurde mitgeteilt: „Auch dieses Jahr soll eine Maifeier durchgeführt werden. Die Organisation wird von der Arbeiterunion übernommen. Zur Teilnahme am Umzug und an der Abendfeier werden die Genossen aufgefordert.“ Der Vorstand der Arbeiterunion Interlaken und Umgebung erliess an die Sektionen den Aufruf (leicht gekürzt):

„Werte Genossen!
Wiederum ist unser Weltfeiertag, der 1.Mai, in die Nähe gerückt, und es wird im ganzen Land fieberhaft daraufhin gearbeitet, gilt es doch am ersten Mai gegen einen gemeinsamen Feind zu demonstrieren. Es ist deshalb auch unsere Pflicht, auf dem Platz Interlaken alles aufzubieten, um am proletarischen Weltfeiertag unsern Gegnern die Wachsamkeit, Tatkraft und Solidarität der organisierten Arbeiterschaft kundzutun. … Das kann aber nur geschehen, wenn es sich ein jeder zur Ehrenpflicht macht, ausser sich selbst auch die Wankelmütigen zur Teilnahme an der Maifeier aufzurütteln. Werte Genossen, wir hoffen bestimmt, auch Ihr werdet eure Pflicht gegenüber der Organisation erfüllen.“

Der Demonstrationszug besammelte sich um 1.30 Uhr beim Restaurant Eintracht in Interlaken, marschierte dann um 2.00 Uhr auf der Route Centralstrasse – Jungfraustrasse – Marktgasse Interlaken auf den Stadthausplatz in Unterseen, um sich hier ein Referat von Fritz Adler, dem Sekretär der Internationalen in Zürich, anzuhören. Anschliessend kehrte der Umzug in einer zweiten Runde auf der Hauptstrasse und der Bahnhofstrasse durch Unterseen und über die Bahnhofstrasse und die Marktgasse Interlaken zur Eintracht zurück. Bei ungünstiger Witterung sollte das Referat im heute verschwundenen Adlersaal an der Harderstrasse in Interlaken stattfinden.

Die Abendfeier begann um 8.00 Uhr in den Drei Schweizern mit einem Liedervortrag des Männerchors Eintracht und setzte sich mit einer Filmvorführung über das Arbeiter-Turn- und Sportfest in Bern und mit einer Festmusik fort und mündete in einen gemütlichen zweiten Teil mit Tanz aus. Zur Unterstützung der Brienzer Schnitzler-Genossenschaft wurde nebenbei eine Tombola veranstaltet. Eintritt zur Abendfeier 50 Rp., für Männer war zudem der Maibändel obligatorisch.

In der Krisenzeit der Dreissigerjahre galten die vom Bildungsausschuss vorbereiteten 1.Mai-Abendfeiern als Höhepunkte der Parteitätigkeit. Weder Radio- noch Fernsehkonkurrenz hielten vom Besuch ab. Das Programm 1931 umfasste unter Mitwirkung aller Kultur- und Sportorganisationen der Arbeiterschaft im Ganzen 25 verschiedene Auftritte. Das Oberländische Volksblatt“ berichtete darüber:

Schon vor 8 Uhr war der Adlersaal zur Abendfeier voll gedrängt. Dicht eingeengt mussten weit über hundert Personen beim Ausgang stehend verharren, und sie blieben und blieben, bis die Aufführung zu Ende war; das allein sagt wohl genug über die Abendfeier. Der rührige Bildungsausschuss hat eine Leistung vollbracht, die sich auch in grösseren Ortschaften sehen lassen dürfte. Was geboten wurde an Gesang, Deklamationen, turnerischen Übungen, Reigen, Sprechchören usw. war gut vorbereitet und erntete reichen, wohlverdienten Beifall. Tiefen Eindruck hinterliess „der Vorbeimarsch der Arbeitslosen“, lauten Jubel ernteten die turnerischen Leistungen der Buben und Mädchen, besonders erwähnt sei noch die formvollendet und aus innerster Anteilnahme vorgetragene Dichtung durch Frl.Roth, Lehrerin. Ein buntes Schlussbild vereinigte die Darbietenden unter den roten Fahnen. – Während sämtlichen Darbietungen lauschte die gewaltige Menschenmenge mäuschenstill. Solche Disziplin ehrt die Arbeiterschaft.

Kommunistische Abspaltung

Die SPU war bestrebt, sich in der Bevölkerung zu verankern. Am 29.April 1927 wurde für eine nächste Versammlung als zeitgemässes Thema „Bauer und Arbeiter“ vorgeschlagen, „wofür Nationalrat Roth in Interlaken schon zu haben wäre.“ Die Sozialdemokratische Partei trat für eine Besserstellung der öffentlich Angestellten ein und befürwortete einen im eidgenössischen Parlament mühsam erreichten Kompromiss zu einem Besoldungsgesetz. Die Kommunistische Partei der Schweiz aber sammelte Unterschriften für ein Referendum dagegen, obschon sie vorher bei der Ausarbeitung der Vorlage zugestimmt hatte. Nationalrat Reinhard aus Bern hielt deshalb im Auftrag der Arbeiterunion Interlaken und des Amtsverbandes am 1.September 1927 vor etwa 150 Zuhörern im Drei Schweizer ein Referat „in urchigem Berndeutsch“, und berichtete,

„wie die eidgenössischen Räte und der Föderativverband in jahrelanger Arbeit endlich ein Besoldungsgesetz zustande gebracht haben, das dem eidgenössischen Personal das gibt, was ihm gehört. Nun stehe aber die Arbeiterschaft gegeneinander in Fehde. Auch hier im Oberland seien Unterschriftenbogen in Zirkulation, man möge sich aber hüten, das Referendum zu unterstützen. Wenn das Referendum zustande komme und das Gesetz in der Abstimmung falle, so werde dann der Lohnabbau kommen, und zwar auch für die in den privaten Betrieben tätigen Arbeiter. Zur Unterschriftensammlung hätten sich auch Parteimitglieder hergegeben, die damit dem Kapital Schlepperdienste verrichteten.“

Obwohl zum Teil bekannt war, wer aus der SPU Unterschriften gesammelt und wer unterschrieben hatte, meldete sich in der Diskussionsrunde trotz Aufforderung niemand kontradiktorisch zum Wort; der Parteipräsident nannte darauf bei Versammlungsschluss öffentlich ihre Namen. Aus diesem Vorgehen entstand neuer Streit in der Sektion. Am 16.September 1927 fand zur gegenseitigen Aussprache eine ausserordentliche Parteiversammlung statt, bei deren Einberufung begründet wurde:

„Die Unterschriftensammlung fürs Referendum hat böses Blut gemacht. Wir hoffen, den Zwischenfall nochmals in aller Sachlichkeit zu besprechen, um den Weg zur Schlichtung des Streites zu finden. … Oder soll man über uns lachen, wenn wir unsere Kraft und Zeit zur Hauptsache für persönliche Nörgeleien verlieren?“

An der Versammlung wurde als einer der Gründe zur Unterzeichnung des Referendums das im Gesetz festgeschriebene Streikverbot für die von der Öffentlichkeit Angestellten angeführt. Man sei doch im Generalstreik für ein allgemeines Streikrecht eingetreten. Von den Unterzeichnern des Referendums wurde schliesslich erwartet, dass sie ihre Unterschrift zurückzögen, und den Sammlern wurde die Frage gestellt, ob sie gewillt seien, die Unterschriftenbogen zurückzuhalten und zu vernichten. Sie verlangten Bedenkzeit und lehnten später ab. An der folgenden Vorstandsitzung vom 21.September beharrten die vorgeladenen Initiativfreunde auf ihrem Standpunkt und verlangten die Streichung ihrer Namen aus der Mitgliederliste der Sozialdemokratischen Partei.

Am 28.September fand eine Fraktionssitzung statt, an der die Unterschriftensammlung zum Referendum gegen das Besoldungsgesetz zur Sprache kam. Trotz der Parteiparole, das kommunistische Referendum zu bekämpfen, habe sich ein Genosse erlaubt, mit einer solchen Liste zu hausieren. Es sei ihm auch gelungen, einige Genossen zur Unterschrift zu bewegen. Die anwesenden Behördemitglieder vertraten die Meinung, „dass zu Handen der nächsten Parteiversammlung der Antrag gestellt werde, diejenigen Genossen, welche ihre Unterschrift zum Referendum gegeben haben, auszuschliessen.“ An der folgenden Parteiversammlung vom 14.Oktober 1927 wurde das Resultat der Vorbesprechungen bekanntgegeben und die inzwischen angekündigten Austritte der Referendumsunterzeichner genehmigt.

Die am 17.Dezember 1927 stattfindende Hauptversammlung wurde als die 13. bezeichnet. Abergläubische könnten sagen, dass deswegen die Spaltung der Arbeiterschaft eingetreten sei und dieses Jahr für die SPU eben ein Unglücksjahr war. Nach dieser Numeration waren die damaligen SP-Leute der Meinung, die SPU sei im Jahre 1914 mit der Gründung des zweiten Arbeitervereins entstanden. Nach dem erstatteten Jahresbericht fanden in diesem Jahr 1927 im Ganzen 9 Parteiversammlungen, 7 Vorstandssitzungen,

1 öffentlicher Vortrag und 2 Fraktionssitzungen statt. „Ebenso wurde eine Werbewoche durchgeführt; der Erfolg aber war ein negativer“, was bei den grossen Turbulenzen um das Besoldungsreferendum der Kommunisten nicht verwundert. Am 5.Januar 1929 gab der Präsident an einer Vorstandssitzung bekannt, dass „mit den Kommunisten zu gegebener Zeit verhandelt werden soll, um sie wieder für die Partei zu gewinnen.“

Die politischen Spannungen wurden durch die erneut wachsende Wirtschaftskrise weiter verschärft. Der Jahresbericht 1931 berichtet:

„An einer vor den Nationalratswahlen von den drei Sektionen Interlaken, Matten und Unterseen einberufenen öffentlichen Versammlung hatten wir Gelegenheit, bei vollbesetztem Adlersaal unsern verdienten Genossen Grimm, Kantonalpräsident, zu hören, wie er das Wirtschaftschaos, das gegenwärtig herrscht, von unserem Standpunkt aus zu lösen im Stande war.“

Das Arbeitslosenproblem blieb; in Unterseen bildete sich in der Folge eine kommunistische Partei. Am 4.Februar 1932 fand eine Arbeitslosenversammlung im alten Schulhaus statt, an welcher kommunistische und sozialdemokratische Exponenten über die Hilfsmöglichkeiten diskutierten und aneinander gerieten. An der Fraktionssitzung am folgenden Tag, am 5.Februar 1932, wurde bekannt, dass beim Gemeinderat eine separate Liste von 12 kommunistisch orientierten Arbeitslosen eingereicht worden sei. Damit war die Uneinigkeit der Arbeiterschaft ein weiteres Mal manifest, worauf von SP-Seite ein Zeitungsartikel erschien unter dem Titel „Kommunisten und Bürgerliche Arm in Arm“ mit der Feststellung:

„Die Kommunistische Partei Unterseen hat ihren unzähligen Versuchen, doch noch einmal aus der Bedeutungslosigkeit herauszukommen, einen neuen angereiht, der neuerdings beweist, wie diesen unverantwortlichen Elementen auch das Bürgertum recht ist, wenn es gegen die Sozialdemokraten geht.“

Die Kommunisten vermochten trotz der herrschenden Wirtschaftskrise in den Proporzwahlen aber nie einen Sitz in den Behörden zu erringen.

Regierungsbeteiligung?

Am 23.Februar 1928 befasste sich die Parteiversammlung mit einer Beteiligung der SP in der Berner Regierung.

„Die bürgerlichen Parteien sind, wie Mitteilungen aus der Presse lauten, nicht dagegen, der Linkspartei einen evtl. zwei Sitze in der Regierung einzuräumen. Sie behalten sich jedoch vor, vorerst vernehmen zu wollen, was für Nominationen aufgestellt werden. Die soz.dem.Partei des Kantons Bern lässt sich aber keine Vorschriften machen, welche Kandidaten sie hiefür aufstellten. Nachdem nun bekannt geworden ist, dass als Kandidaten Robert Grimm, Nationalrat in Bern und Grospierre Achilles aufgestellt wurden, haben nun die Freisinnige Partei wie die Bauern- und Bürgerpartei diese Kandidaten, speziell den Revolutionär Grimm, nicht acceptiert. Ein grosser Kampftag steht bevor.“

In Unterseen wie im Amt Interlaken erhielten die beiden sozialdemokratischen Kandidaten deutlich mehr Stimmen als die beiden freisinnigen Gegenkandidaten; im ganzen Kanton gerechnet war es jedoch gerade umgekehrt.

Dasselbe Problem der Beteiligung an einer im Majorzsystem gewählten Regierung stellte sich auch auf Bundesebene, als die bürgerlich dominierte Bundesversammlung gleich zweimal – 1928 und 1938 – den von den SP-Vertretern vorgeschlagenen und hochqualifizierten Zürcher Stadtpräsidenten Emil Klöti durchfallen liess. Am 5.November 1929 sollte Nationalrat Hans Roth, Interlaken für und Grossrat Johann Jossi, Unterseen, gegen eine Beteiligung im Bundesrat referieren. Letzterer war krankheitshalber abwesend, sodass Hans Roth beide Standpunkte darlegte. Die Versammlung sprach sich mit

20 Stimmen bei 3 Enthaltungen für eine Bundesratsbeteiligung aus. Am 27.August 1947 berichtete der Delegierte vom kantonalen Parteitag, dass dort Samuel Brawand aus Grindelwald einhellig mit 375 Stimmen als Nachfolger des verstorbenen Genossen Reinhard in die bernische Regierung vorgeschlagen worden sei. Er wurde im folgenden Herbst vom Volk als erster Sozialdemokrat aus dem Oberland zum bernischen Regierungsrat gewählt.

Einzelne Gemeindeprobleme

Am 9.März 1923 wurde beschlossen, für die von der Gemeinde wegen der misslichen finanziellen Lage des Verkehrsvereins Interlaken notwendige Übernahme des Weissenausteges oder des Goldeysteges die Stimme freizugeben. Unterseen übernahm in der Folge den Weissenausteg, Interlaken den Goldeysteg zum Unterhalt.

Am 23.Oktober 1924 referierte Gemeinderat Beuggert über die Gemeinderechnung. „Das diesjährige Defizit beträgt Fr.1245.-; leider muss aber das alte Defizit von

Fr. 27’887.- immer noch mitgeschleppt werden. Das ist der Grund, warum die Gemeindekasse selten Geld hat. Man sollte ein Anleihen aufnehmen, um das Defizit einmal zu decken.“

An der Fraktionssitzung vom 27.Juni 1930 wurde mitgeteilt, „dass wir auf die nächste Kirchgemeindeversammlung 2 Kandidaten bereithalten sollten, weil die Freisinnigen bereits 2 bereithalten. Ferrari Joseph, Lokomotivführer und Hirschi Ernst werden als unsere Kandidaten bestimmt. Die Vertrauensleute sollen am Samstag nachmittag und Sonntag morgen unsere Genossen zum Besuch der Kirchgemeindeversammlung aufrütteln.“

Am 12.Juni 1931 fiel zur Gemeinderechnung „eine Bemerkung wegen der hohen Zinsenlast, welche Fr.89’000.- ausmacht, während die Steuereinnahmen nur Fr.220’000.- betragen.“

Am 20.November 1931 wurden gleichzeitig 13 neue Mitglieder aufgenommen, dies wohl als Folge der schutzsuchenden Arbeiterschaft in der erneut aufziehenden Krisenzeit. Am 18.Dezember 1931 beschloss die Parteiversammlung, sowohl für die Errichtung einer Förderklasse wie für die Eröffnung einer fünften Sekundarschulklasse einzustehen. Die Gemeindeversammlung schluckte jedoch die beiden Geschäfte nicht beim ersten Anlauf.

Zum Überbrücken der immer wiederkehrenden innerparteilichen Auseinandersetzungen wegen Gemeindeproblemen veranstaltete die Partei Familien- und Unterhaltungsabende. Die Hauptversammlung vom 23.Januar 1932 wurde attraktiver als gewohnt gestaltet. Zu Beginn ertönte ein Eröffnungsmarsch, und

„nach dem allgemeinen Schlussgesang (Internationale) wird sofort zum zweiten Teil übergegangen. Einige Genossen formieren sich zu den nicht ganz unbekannten Vierergruppen, die andern haben genug zu tun, dem improvisierten Programm zu folgen, das neben musikalischen Nummern eine geradezu erstaunliche Auswahl von humoristischen Beiträgen (gelinde gesagt) aus allen Lebensgebieten zu Tage förderte. Als es drei Uhr schlug, begab sich eine noch ansehnliche Zahl von Genossinnen und Genossen nach Hause, wie man da und dort vernahm, mit dem Bewusstsein, wieder einmal einer gut gelungenen Veranstaltung der soz.dem.Partei beigewohnt zu haben. Möge sie zu den bevorstehenden Kämpfen ein gutes Symptom sein!“

Im Jahr 1933 lebten im Stedtli 82 oder mehr Arbeitslose. Sie waren aus bürgerlicher Sicht ein Übel. Im SP-Jahresbericht wurde gerügt:

„Viel zu sprechen gab eine vom Gemeindepräsidenten Flück im Sommer getroffene Verfügung, wonach das Stempeln der Arbeitslosen im Sommer verboten werden sollte. Begründet wurde dies durch die angeblich schöne Verdienstmöglichkeit beim Sammeln der Heidelbeeren und anderen Beerenarten. Diese ganze Affäre zeigte, mit welchen Mitteln unser erzreaktionäres Bürgertum jedes Mittel benutzt, um die Opfer einer kapitalistischen Gesellschaft noch mehr darben zu lassen. Unsern Vertretern im Gemeinderate sei an dieser Stelle für ihr energisches Eingreifen in dieser Sache der beste Dank ausgesprochen.

Ebenfalls haben heute die Arbeitslosen es dem Herrn Gemeindepräsidenten zu verdanken, dass sie nun alle Tage diesen schönen Gang aufs Gemeindebureau zum Stempelamt machen dürfen!“

Vom Schneider-Handel zur Parteikrise

Am 19.Oktober 1928 sprach sich die Parteiversammlung „über den Steuerskandal des Herrn Jakob Schneider und der Mühlen AG aus.“ Genosse Jossi referierte „in sehr sachlicher Weise über den Hergang dieser bis weit über die Grenzen hinaus Aufsehen erregende Steuerhinterziehung,“ die sich über die Jahre 1915 bis 1929 ereignet habe. Es gehe dabei um einen Gesamtbetrag an Staats- und Gemeindesteuern von ca. Fr.360’000.- . Ein Vergleichsvorschlag für eine Steuerabfindung mit Fr.24’000.- zwischen der Gemeinde und Herrn Schneider wurde von der Versammlung einstimmig abgelehnt. Am 1.Februar 1929 wurde erneut über den Steuerfall Schneider berichtet. Verhandlungen zwischen dem Gemeinderat und einem Treuhandbüro hätten zu einer neuen Offerte von Fr.28’000.- für einen Vergleich geführt. Der Gemeinderat habe diesem mit vier Stimmen bei vier Enthaltungen zugestimmt. Obwohl die Gemeindeversammlung vom 4.Februar die Anweisung gegeben hatte, einen Verwaltungsgerichtsentscheid abzuwarten und bei einem Vergleich nicht unter die Grenze von Fr. 40’000.- zu gehen, stimmte schliesslich der gesamte Gemeinderat einem Vergleichsvorschlag mit Fr. 30’000.- zu, und der entsprechende Vertrag wurde am 11.Februar gegenseitig unterzeichnet. Dieses Vorgehen wurde an der folgenden Parteiversammlung als eigenmächtig abgelehnt, doch am 27.März wurde wieder eingehend über den Vergleich referiert und mitgeteilt, dass der Gemeinderat ihn in eigener Kompetenz und Verantwortung abgeschlossen habe, worauf die Versammlung schliesslich mit 11 Stimmen und 18 Enthaltungen zustimmte. Am 12.April wurde jedoch an der Vorstandssitzung mitgeteilt, dass „der Entscheid der Gemeindeversammlung betreffend den Steuerfall Schneider für unsere Partei ernste Folgen nach sich ziehe.“

Der Parteipräsident zog aus eigener Initiative Nationalrat Hans Roth aus Interlaken und den Kantonalpräsidenten Robert Grimm als Berater im parteiinternen Streit bei. Gleich zu Beginn der zur Schlichtung einberufenen Versammlung wurde der Rücktritt dreier SP-Gemeinderäte bekanntgegeben, worunter der spätere Gemeindepräsident Johann Wirth sogar seinen Austritt aus der Partei gab. Trotzdem stellte dieser die letzten Entwicklungen im Schneider-Handel dar. Nachdem der Staat bereits einen Vergleich abgeschlossen habe, liege nun das Prozessrisiko einzig bei der Gemeinde, was die SP-Vertreter im Gemeinderat entgegen der Gemeindeversammlungsbeschlüsse zur Zustimmung bei einer Vergleichssumme von Fr. 30’000.- bewogen habe. Nachdem von Einzelnen dieses Vorgehen als Kuhhandel missbilligt worden war, griffen die beiden Berater in die Diskussion ein und erklärten, dass ihr Ziel sei, den „Triumpf des Zusammenbruchs unserer Partei den Bürgerlichen nicht zu gönnen.“ Sie verlangten die Bildung eines Schiedsgerichtes und die Zurücknahme der Demissionen und Austritte. Diese Vorschläge wurden einstimmig gutgeheissen. Eine fünfköpfige Schiedskommission unter dem Vorsitz von Gerichtspräsident Otto Witz aus Bern und unter Mitwirkung von SP-Nationalrat Hans Roth aus Interlaken und drei Vertretern aus der Parteisektion Unterseen fällte mit dem Ziel, die bestehenden Zerwürfnisse „zum Wohle der Partei“ zu klären, nach einer anderthalbtägigen Sitzung am 25.Mai 1929 den Schiedsspruch, dem sich alle unterzuordnen versprachen. Der Rücktritt der drei Parteivertreter im Gemeinderat wurde als nicht gerechtfertigt bezeichnet. Die Kritik von

Grossrat und Parteipräsident Jossi wurde als materiell berechtigt, in der Form gegenüber Parteigenossen aber als zu weitgehend eingestuft. Zwei weiteren Amtsträgern wurde fehlerhaftes Verhalten angekreidet, bei den andern Parteimitgliedern wurden jedoch keine Handlungen ermittelt, die zu einer Rüge oder zu einer anderen Massregelung Anlass gaben. Das Schriftstück endet mit einer Auflistung der mutmasslichen Ursachen des Parteizerwürfnisses und mit Empfehlungen für „Wege der Parteisanierung.“ Die Parteiversammlung vom 8.Juni nahm zustimmend Kenntnis vom Schiedsspruch. In der Berner Tagwacht wurde unter dem Titel „zum Steuerfall Schneider in Unterseen“ eine Einsendung publiziert:

„Die Sozialdemokratische Partei Unterseen nahm an ihrer Versammlung vom 8.Juni neuerdings Stellung zum Steuerfall Schneider und fasste dabei folgende Resolution: 1. Die Sozialdemokratische Partei Unterseen hat Kenntnis genommen von der unglaublichen Steuerhinterziehung des Herrn Mühlenbesitzers Schneider, der einst verantwortliches Mitglied der Gemeindebehörde von Unterseen und eine Stütze der bürgerlichen Gesellschaft war, und der nun durch Verlegung seines Vermögens ins Ausland Gemeinde und Staat um Hunderttausende von Franken geschädigt hat.

2. Die Sozialdemokratische Partei von Unterseen ist der Überzeugung, dass das Abkommen, das der Gemeinderat mit Herrn Schneider getroffen hat, rechtsungültig und daher hinfällig ist.

3. Diesen Standpunkt hat auch die grosse Mehrheit der letzten Gemeindeversammlung vertreten, indem sie dem Abkommen die Ratifikation versagte. Leider hat sie es unterlassen, dem Gemeinderat in dieser Sache neue, bindende Aufträge zu erteilen.

4. Die Sozialdemokratische Partei Unterseen beschliesst deshalb, sofort die Initiative zur Einberufung einer neuen ausserordentlichen Gemeindeversammlung zu ergreifen, die in der Angelegenheit Schneider endgültig Beschluss fassen soll.“

Grossrat Jossi war bereit, die Initiative an der Gemeindeversammlung zu begründen, „doch sollen ihn die Genossen unterstützen, nicht dass es heisse, es sei kommunistisch.“ Demgegenüber stützte sich der Gemeinderat in seiner Haltung auf ein juristisches Gutachten, das „dahin lautet, dass er in vollem Recht und richtig gehandelt habe.“ Die Partei beantragte in dieser Situation ein weiteres Rechtsgutachten. Die ausserordentliche Gemeindeversammlung fand am 22.Juli statt. Sie beschloss mit grossem Mehr im Sinne der Initianten. Der Gemeinderat führte aber die von der Gemeindeversammlung zur Weiterbehandlung der Initiative gefassten Beschlüsse nicht aus und verlangte seinerseits am 6.August in einer Beschwerde an den Statthalter deren Aufhebung, da sie für solche Beschlüsse gar nicht kompetent sei. Die Beschwerde wurde jedoch vom Statthalter als unbegründet abgewiesen, im Rekurs an die Regierung dann aber geschützt.

In Unterseen selber schürte im Hintergrund Genosse Schlegel, „ein Spezialfreund des Genossen Jossi“, das Feuer weiter mit dem Ziel, für sich selber einen Platz im Gemeinderat zu erreichen. Während Gemeinderat Albert Götz gesundheitliche Gründe angab und zurücktrat, gaben die beiden Gemeinderäte Hirschi und Wirth nicht nach. Da beantragte Grossrat Jossi an der Parteiversammlung vom 1.Oktober 1929, ihnen das Misstrauen auszusprechen, weil sie der Partei nicht alle Bestimmungen des eingegangenen Vergleiches bekannt gegeben hätten. Die Versammlung folgte dem Antrag in Abwesenheit der Angeschuldigten ohne Gegenstimme. Und schon am 2.Oktober 1929 wurde den beiden SP-Gemeinderäten schriftlich mitgeteilt, dass die Parteiversammlung ihnen jedes Vertrauen vollständig entzogen habe und sie auffordere, alle ihnen übertragenen Mandate zur Verfügung zu stellen. Die beiden waren nicht schützig, dies zu tun. An der Parteiversammlung vom 5.November 1929 wurde entgegengehalten und gerügt, dass der leidige Streit trotz des seinerzeitigen Schiedsspruches wieder aufgegriffen worden und „eine persönliche Geschichte“ sei, nur „um die Genossen im Gemeinderat aus der Partei zu stossen.“ Die beiden unter Beschuss geratenen Gemeinderäte traten dann auf Jahresende zurück, wurden aber trotz allem von der Versammlung in verschiedenen andern Gemeindefunktionen belassen. Die kantonale Partei interessierte sich anschliessend nach einer Mitteilung an der Parteiversammlung vom 27.März 1930 für die Sache „und ist gewillt, vor Bundesgericht gegen oben erwähnten Entscheid zu rekurieren,“ unter Übernahme der entstehenden Kosten. Die Beschwerde des Gemeinderates wurde in der Folge vom Bundesgericht am 31.Mai 1930 endgültig gutgeheissen und die Beschlüsse der Gemeindeversammlung zur Weiterbehandlung der eingereichten Initiative ungültig erklärt.

Der Handel war damit abgeschlossen. Der zum Rücktritt aus dem Gemeinderat gezwungene Johann Wirth wurde kurz darauf unbestritten zum Präsidenten der Arbeiterunion gewählt, was einzelnen Parteimitgliedern in Unterseen wiederum in den falschen Hals geriet. An einem Versöhnungsversuch des Unionsvorstandes kam es zu harten Anwürfen. Zwei Vertreter aus Unterseen, darunter der Parteipräsident, liefen davon und beantragten daraufhin den Austritt der SPU aus der Arbeiterunion, was von der Parteiversammlung am 10.September 1930 dann auch mit Dreiviertel-Mehrheit beschlossen wurde. Austritte aus der Partei folgten. Als die Vorständekonferenz der Arbeiterunion hierauf einen Wiedererwägungsantrag stellte, zog die Parteiversammlung vom 12.Dezember 1930 mit Zweidrittelsmehrheit den Austrittsbeschluss zurück. Doch die persönlichen Spannungen blieben und erschwerten die Parteiarbeit noch über Jahre.

Fortsetzung der Reibereien

Die scheinbar gelöste Parteikrise setzte sich wenig später in einer Auseinandersetzung um Lehrer Schlegel in der Bevölkerung und in einem Streit unter den der SP angehörenden Lehrerschaft fort. Am 15.Mai 1931 war Lehrer Fritz Althaus in die SP aufgenommen worden. Bei seiner ersten Anwesenheit an einer Parteiversammlung beschwerte sich Lehrer und Gemeinderat Schlegel, dass, nachdem er seinem neuen Kollegen Althaus ein Zimmer angeboten habe, der aus der SP stammende Schulkommissionspräsident Fritz Jaun empfohlen habe, das Zimmer nicht zu beziehen. Jaun begründete sein Vorgehen mit den Erfahrungen, die eine Lehrerin im selben Mietverhältnis gemacht hatte; seine Intervention habe „zu Gunsten der Partei stattfinden müssen“. Die angebrachte Kritik veranlasste Lehrer Schlegel daraufhin, von allen seinen Ämtern zurückzutreten. Er verliess die Versammlung, worauf ein Mitglied bemerkte, „es sei besser, wenn schliesslich einer gehe, als dass der gesamte Vorstand zurücktreten würde.“ Doch an der nächsten Vorstandssitzung vom 9.Juni lag ein Schreiben Schlegels vor, wonach dieser seine Demission zurückzog. An der folgenden Parteiversammlung am 12.Juni 1931 wurde mitgeteilt, dass Schlegel beim Soz.dem. Lehrerverein in Bern gegen den an der Auseinandersetzung beteiligten Genossen Beyeler Klage eingereicht habe. Dieses Vorgehen wurde getadelt. Schlegel führte dagegen an, dass nach den vergangenen Lehrerwahlen zwei Bürgerliche (Dr.Hans Spreng und Eduard Ritter) nach Huttwil gereist seien, um Lehrer Althaus zu veranlassen, bei ihm kein Wohnzimmer zu mieten. Er habe nur aus Rücksicht gegenüber Althaus von einer Klage abgesehen, unterstellte aber Beyeler ein Mitwirken an dieser Aktion. Heinz Schlegel musste schliesslich den Vorwurf entgegennehmen, „aus Kleinigkeiten immer ein grosses Wesen zu machen, was dann zu Unannehmlichkeiten führt.“ Man wolle nicht wieder den gleichen Weg beschreiten, wie es seinerzeit im Schneider-Handel gegen Genosse Wirth geschehen sei. Fritz Althaus, der in dieser Zeit der Partei als protokollierender Sekretär diente, verdross der Handel, liess sich in der Folge von seinen hohen musikalischen Fähigkeiten leiten und wandte sich der Stadtmusik Unterseen zu, die er über Jahre mit viel Engagement dirigierte und zu grossen Erfolgen führte.

Das Intrigenspiel ging weiter, und die Unstimmigkeiten in der Partei und in den Behörden belasteten die Versammlungen immer wieder. Schliesslich wurde am 6.November 1947 von einem Parteimitglied angekündigt, „an der nächsten Parteiversammlung werde ein Antrag gestellt, um einen Ausschluss des Genossen Schlegel zu erwirken.“ Er handle offensichtlich gegen die Parteiinteressen und sei infolgedessen eine Belastung. Vorfälle im Zusammenhang mit seiner Funktion als nebenamtlicher Spitalverwalter gaben weiteren Anlass zur Vorsicht. Für die bevorstehende Spitalabgeordnetenversammlung sollte er nicht mehr als Vertreter der Gemeinde nominiert werden. Am 5.Dezember wurde beschlossen, einen Fünfer-Ausschuss zu bilden, um „mit Genosse Schlegel zu Gericht zu sitzen.“ Dessen Bericht führte dazu, dass Heinrich Schlegel schliesslich von sich aus und persönlich eine schriftliche Austritterklärung abgab. Die Parteiversammlung vom 26.Dezember 1947 war damit einstimmig einverstanden.

Einführung eines Grossen Gemeinderates?

An der Parteiversammlung vom 18.März 1932 wurde über die Absicht der Bürgerlichen orientiert, dass eine vorberatende Kommission zur Einführung eines Grossen Gemeinderates eingesetzt werden solle. Unter Bezug, dass schon früher ein solcher Antrag zurückgewiesen worden sei, wurde erneut als Begründung aufgeführt,

„der Grosse Gemeinderat würde die demokratischen Rechte des Gemeindebürgers beschneiden. Auch parteipolitisch sei er für uns ungünstiger als die Gemeindeversammlung, weil in einem Grossen Gemeinderat die Soz.dem. Partei immer in der Minderheit sei, wogegen wir an der Gemeindeversammlung öfters etwas durchbringen können. Die Einführung des Grossen Gemeinderates würde auch vermehrte Kosten bedeuten. An der Gemeindeversammlung sei noch immer Platz gewesen. Von unserer Partei aus Kommissionsmitglieder zu ernennen sei wertlos, wir sollen einfach erklären, dass wir mit der Einführung des Grossen Gemeinderates nicht einverstanden seien.“

Aus der Mitte der Versammlung wurde daran erinnert, „dass man uns die Macht rauben will, die wir hie und da an Gemeindeversammlungen besitzen.“ Die Partei beschloss darauf einstimmig, einen Grossen Gemeinderat abzulehnen, aber die Mitarbeit in der Kommission nicht zu verweigern, um auf dem Laufenden zu bleiben.

An der nächsten Parteivorstandssitzung wurde die Frage weiter diskutiert. Nach der Meldung, dass die Bürgerlichen die Einführung eines Grossen Gemeinderates hauptsächlich damit begründeten, es fehle uns ein geeigneter Raum für die Gemeindeversammlungen, da diese nicht in die Kirche passten, hielt der beigezogene kantonale Parteisekretär fest, „dass die Raumfrage absolut kein Grund für die Einführung des Grossen Gemeinderates sein könne, da 80% aller Gemeinden ihre Versammlungen in der Kirche abhalten. Der Grosse Gemeinderat bringe auch eine Verflachung des Interesses der Bürger an den Gemeindegeschäften mit sich. Unser gewichtigstes Argument gegen das bürgerliche Vorhaben sei, dass der Grosse Gemeinderat eine Beschneidung der demokratischen Rechte des Gemeindebürgers bedeute.“

Am 24.Juni 1932 wurde im Vorstand gemeldet, dass der Gemeinderat mit 4:3 bei einer Enthaltung für den Grossen Gemeinderat Stellung bezogen habe. Zur Information der Stimmbürger führten die Bürgerlichen eine öffentliche Versammlung im Drei Schweizer mit einem Interlakner Hauptsprecher durch. Zur Begründung des gegnerischen Standpunktes wurde von Gottfried Beyeler ein Flugblatt verfasst und von den Vertrauenleuten der SPU in der Gemeinde verteilt. Es wandte sich an die Stimmberechtigten:

„Werte Mitbürger!
Heute Abend soll die Gemeindeversammlung über ihre Abschaffung und die Einführung eines grossen Gemeinderats beschliessen. Habt ihr Euch schon überlegt, was das zu bedeuten hätte? Diese Neuerung würde eine ganz bedenkliche Einschränkung Eurer demokratischen Rechte zur Folge haben, indem Euch Euer Mitspracherecht in Gemeindeangelegenheiten zum grössten Teil entzogen würde. Erscheint heute Abend in Massen in der Kirche, um Eure demokratischen Rechte zu verteidigen!“

Die Gemeindeversammlung vom 11. Juli 1932 lehnte schon das Eintreten auf das Geschäft mit deutlichem Mehr ab.

Kampf gegen die Nazis auf dem Bödeli

Die Partei zählte im Jahr 1932 108 Mitglieder. Am 25.März wurde jedoch an einer Parteiversammlung betrübt festgestellt, „dass bei den heutigen Verhältnissen (Faschismus in Deutschland, Anzeichen in der Schweiz)“ ein Vortrag von Nationalrat Ilg schlecht besucht war. Im Juli 1933 wurde von der Geschäftsleitung der SPS allen Sektionsvorständen und Vertrauensleuten geschrieben: „Der Kampf gegen den Faschismus muss von der Partei energisch und mit dem Einsatz der ganzen Kraft geführt werden.“

Da über die Zeit von 1933 bis 1946 die Protokolle der SPU fehlen, beleuchten nur einzelne, erhaltengebliebene Dokumente und persönliche Erinnerungen die damaligen Vorgänge. In der eidgenössischen Volksabstimmung vom 28.Mai 1933 gelang es erstmals, im Volk eine Mehrheit für den Standpunkt der organisierten Arbeiterschaft zu gewinnen und den Lohnabbau beim eidgenössischen Personal abzulehnen. Danach wurde von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit versucht, das verfehlte Ziel über Notrecht zu erreichen. Am folgenden 11.Juli 1933 erliess darauf die SPU den folgenden Aufruf an ihre Sympatisanten:

„Werte Mitbürger!
Als fortschrittlich denkender Bürger wird es auch Sie mit Sorge erfüllen, wie sich über unser Land eine Welle der schwärzesten Reaktion ausbreitet. Diese droht alles, was Sie zum Wohle der Werktätigen erkämpft haben, zu vernichten. Der Sieg der Front der Arbeitnehmer unter Führung der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften am 28.Mai hat Sie sicher gefreut. … Der klare Volksentscheid, der in jedem andern Land den sofortigen Rücktritt der Regierung zur Folge gehabt hätte, wird missachtet. Weil die Demokratie diesmal die Rechte der Arbeitenden geschützt hat, habe sie versagt, sagen die bürgerlichen Parteien und sie fordern offen verfassungswidrige Vollmachten für den Bundesrat, damit er sein Finanzprogramm gegen den Willen der Mehrheit durchsetzen kann. Dieses Finanzprogramm sieht eine unerhörte Belastung des arbeitenden Volkes und eine abermalige Schonung der Besitzenden vor.

Zu diesem Kampf werden die bürgerlichen Parteien angetrieben von den verschiedenen Fronten, die unter Führung von hohen Militärs, Waffenreisenden (Sonderegger), abgetackelten Akademikern und vielen sorgenfreien Herrenstudentchen die Schweiz „erneuern“ wollen. Ein Blick auf ihr Programm genügt, um zu wissen, was diese „Erneuerung“ der Arbeiterschaft zu bringen verspricht: Zertrümmerung der gewerkschaftlichen und politischen Organisationen, damit Auslieferung an die Willkür der Ausbeuter; Aufrichtung der faschistischen Diktatur à la Hitler, d. h. Ausrottung aller mühsam erkämpften Volksrechte und jeglicher geistiger Freiheit. Arbeiter, Angestellter, Kleinbauer, Mitbürger! Wir können eine Front sein, an der die Schläge der Reaktion, des Faschismus und des nackten Unternehmeregoismus abprallen. Der 28.Mai beweist es. Nur wir sind die Front, die die Schweiz vor dem wirtschaftlichen und kulturellen Untergang bewahren kann. Das wollen bestimmt auch Sie. Aber dann reihen Sie sich ein in die Front der Werktätigen! Es genügt heute nicht mehr, nur gewerkschaftlich organisiert oder bloss Sympathisierender zu sein. Mit der politischen Organisation der Schaffenden – der Sozialdemokratischen Partei – steht und fällt die Gewerkschaft (Deutschland). Stärken Sie die Abwehrfront gegen Faschismus durch Erwerbung der Mitgliedschaft der Sozialdemokratischen Partei, von deren Existenz und Stärke die wirtschaftliche und kulturelle Hebung der Arbeiterklasse abhängt.

In ihren Reihen vereinigen sich alle, ob Arbeiter, Angestellter, Kleingewerbler oder Kleinbauer zu einem Trutzbund der Arbeit gegen die Knechtschaft des Kapitals. Jetzt gilt es Ernst!

Dieser Aufruf ist zum Teil wie für die heutige Zeit geschrieben! Und am 26.Januar 1934 wurde gemäss Protokoll als Standpunkt der SPU vertreten: „Prinzipiell gegen Lohnabbau; denn Kampf gegen Lohnabbau ist Kampf gegen Verelendung und somit auch gegen Faschismus.“

Daneben sind einzelne persönliche Erinnerungen an die damaligen Vorkommnisse wachgeblieben. Als Nationalrat Hans Roth am 14.April 1961 an einer Parteiversammlung, die den älteren Parteimitgliedern gewidmet war, über die Entwicklung der Arbeiterbewegung von den Anfängen bis in die Gegenwart berichtet und unter anderem auch ihr Verhältnis zu Marx, zum Kommunismus und zum Nationalsozialismus dargestellt hatte, meldeten sich zwei im politischen Kampf bewährte Mitglieder, worüber kurz protokolliert wurde:

„Als erster ergreift Bähler Ernst das Wort und gibt einen präzisen Bericht über die Entwicklung der Partei im Stedtli. Er erinnert, dass es etwelchen Mut gebraucht hat, sich als Sozialdemokrat zu bekennen, und dass man schwer hatte, als solcher überhaupt Arbeit zu finden. Genosse Michel Robert (genannt Schnätzhölzi) erzählt seine Erlebnisse hinter einer unbenutzten Türe im Eigersaal, anlässlich einer Versammlung der Nationalen Front.“

An den zweiten Beitrag erinnert sich der Verfasser dieses Jubiläumsrückblickes als damaliger Teilnehmer der Versammlung auf seine Weise. Auf dem Bödeli gab es in der Vorkriegszeit eine Zelle der Nationalen Front, die sich auf die Übernahme der Macht durch die Nazideutschen in der Schweiz und damit auch bei uns vorbereitete. Als im Vorstand der SPU bekannt geworden war, dass im Saal des Restaurants Eiger ein Nazitreffen stattfinden würde, liess sich Michel Robert vor dieser Zusammenkunft von einem Genossen, der im Stockwerk über dem Restaurant wohnte und die Räumlichkeiten genau kannte, in einen Wandschrank einschliessen und hörte unbemerkt die Gespräche der ihm persönlich bekannten Nazisympathisanten mit, deren Namen er in seinem Erinnerungsbericht an der Parteiversammlung bekannt gab. Nach dem Schluss der Nazizusammenkunft, als die Luft rein war, wurde „Schnätzhölzi“ aus seinem Versteck befreit, und er begab sich zu dem in der Nähe wohnenden Gottfried Beyeler, der die Sache eingefädelt und mitbeobachtet hatte und einen Bericht mit den Namen der Teilnehmer verfasste.

Daraus entstand ein Korrespondenten-Artikel über die Naziverhältnisse auf dem Bödeli, der grosses Aufsehen erregte. Am 23.Februar 1934, einen Monat, nachdem der als Brandstifter des Reichstags angeklagte und fälschlicherweise als Täter verurteilte Van der Lubbe hingerichtet worden war, als sich über ganz Deutschland eine blutige Terrorwelle wälzte, SA-Kasernen entstanden, die Juden vogelfrei erklärt, Konzentrationslager und Folterkammern eingerichtet wurden und als politische Morde auf der Tagesordnung waren, zehn Tage nachdem auf Betreiben Hitlers die Sozialdemokratische Partei auf dem ganzen Gebiet von Österreich verboten und 200 Parteifunktionäre verhaftet worden waren, erschien unter dem Titel „Auge um Auge“ in der Tagwacht ein „Aufruf an die Oberländer Arbeiterschaft“ der die damalige Situation grell beleuchtet und die herrschende Kampfesstimmung darstellt:

An die Arbeiterschaft des Berner Oberlandes.
„Auge für Auge, Zahn für Zahn“ oder die Rückkehr ins Faustrecht, so überschreibt das „Oberl.Volksblatt“ in Interlaken seinen Kommentar über einen „Tagwacht“-Artikel, der sich mit dem Bombenanschlag einiger Lausbuben der Nationalen Front in Zürich befasst. Und dies deshalb, weil wir uns erlaubten, in die Welt hinauszurufen, und zwar heute schon, nicht erst morgen, wenn es vielleicht schon zu spät ist: „Merkt euch, ihr Fröntler, für jeden von uns wird einer von drüben dran glauben müssen.“

Wohl wissen auch wir, dass wir auf diese Weise einer Art Faustrecht entgegen gehen, direkt zu diesem gezwungen werden, leider! Der Herr Redakteur Wyss soll doch einmal über unsere Landesgrenzen hinausschauen und sich eingestehen, was aus der Arbeiterschaft gemacht wurde! Wie nennt man das, wenn eine päpstlicher als der Papst sein wollende Regierung mit Kanonen die Wohnstätten der Arbeiterviertel zusammenschiessen lässt, wobei jeder soldatische Anstand ausgeschaltet und rücksichtslos auch gegen Frauen und Kinder in dieser Kampfzone vorgegangen wurde? Gibt es hier auch biblische Erklärungen? Die Arbeiterschaft kann sich nur das eine merken, dass sie stets allein dasteht, wo es gilt, dem Recht, dem Kampf für ein menschenwürdiges Dasein den Weg zu bereiten. Wie berechtigt diese Worte sind, die uns alle auffordern, mit grösster Disziplin zusammenzuhalten und stets auf der Hut zu sein vor schurkischen Überfällen, das können wir nachstehend beweisen; es zeigt auch, dass wir hier im Oberland mitten drin stecken in einer jener schlimmen Brutstätten des Faustrechts. Die seinerzeit von dem bekannten Herrn Derendinger in Interlaken ins Leben gerufene Nationale Front hat sich nach einigen Angriffen bereits aufgelöst, um heute neuerdings in etwas anderer Form, unter dem scheinheiligen Namen „Volksbund“ ihre skrupellose Tätigkeit, die mehr als staatsfeindlich ist, zu entfalten.

Unter dem Vorsitz des Herrn Derendinger wurde am 17.Februar (1934) im Hotel Eiger zu Unterseen eine geheime Versammlung abgehalten. Dort sagte Herr Derendinger, dass die Mitgliederzahl zirka 35 Mann sei und dass es allen Anwesenden streng verboten ist, nach aussen irgend welche Angaben zu machen, sowohl über die Parteistärke wie besonders über die Geschäftsleute, die dabei sind, um diese keinen Schwierigkeiten mit ihren Kunden auszusetzen. Der Monatsbeitrag beträgt gegenwärtig Fr. 1.-, das Abzeichen Fr. 1.50; dieses darf nur an den Versammlungen getragen werden und vorläufig ja nicht an der Öffentlichkeit! Für die Gewinnung eines Abonnenten des „Volksbund“ wird eine Provision bezahlt von Fr. 3.-, die jedoch in die Kasse fliessen möge, um zur diversen Verwendung bereit zu sein. Die Anwesenden sind gebeten, von den Diskussionen reichlich Gebrauch zu machen, Vorträge zu halten, es braucht aber keiner Angst zu haben, denn für alles wird vollständige Verschwiegenheit und Diskretion zugesichert!

Ferner kam zum Wort Herr Photograph Nickles in seiner Eigenschaft als Gauleiter für Propaganda, der seine Instruktionen von der Führertagung in Olten bekannt gab. Er wies besonders darauf hin, dass die wirksamste Propaganda von Haus zu Haus sei, man lerne dann auch die Leute am besten kennen. (Herr Nickles, Oberleutnant der Schweizerischen Armee, war seinerzeit Besucher der Zentralschule für Hauptleute, wurde aber mangels offenbarer Qualifikation fallen gelassen!). In der Person des Herrn Karl Roth, Zimmermann in der Mühle Näf, Schneider AG in Unterseen, wurde ein Mann gefunden, der sich als Harstführer am besten eignet. Wie Herr Nickles erklärte, haben die Harstleute genau die gleichen Aufgaben, wie in Deutschland die SS- und die SA-Truppen! In diesen Kolonnen können nur ganz todesmutige Leute, die ihre Parteitreue genau zu prüfen hätten, aufgenommen werden. Also eine Truppe zum „Abkillen“ des Gegners.

Diese Harstleute erhalten eine ganz besondere Ausbildung und werden dann später einmal für ihre aufopfernde und gefährliche Tätigkeit durch Placierung in Staatsstellen belohnt! Unter Bravorufen wurde Karl Roth als Führer dieser Truppe eingesetzt. Herr Nickles machte noch darauf aufmerksam, dass diese Harste im Widerspruch seien zum neuen Staatsschutzgesetz; es hätte vorläufig zwar nichts zu sagen, da deren Tätigkeit erst nachher aufgenommen werde. Mittel und Wege werden sich dann schon finden, um diese Truppe zu legitimieren!

Rudolf Grünig, kaufmännischer Lehrling in der Firma Dennler, Interlaken, hat dann noch ein kurzes Referat gehalten über die sogenannt Zionistischen Protokolle. Grünig gab seiner „Überzeugung“ Ausdruck, dass mit der Judenhetze nun endlich begonnen werden müsse. Obwohl dieses Referat nicht überall Zustimmung fand, wurde es doch mit grosser Genugtuung aufgenommen.“

Dann folgten Angaben über den Mitgliederbestand, worunter etwa zwanzig Namen aus Unterseen, auf deren Auflistung hier aber verzichtet wird. Es war die Zeit, als es auch auf dem Bödeli Leute gab, die mit „Heil Hitler“ grüssten. Diese waren sich einig, dass die Schweiz wie die umliegenden Staaten bald einmal zu Hitler-Deutschland gehören würden.

Die dem „Volksbund“ angehörende Ortsgruppe Interlaken-Unterseen nannte sich selber eine Kampfgemeinschaft und verfügte über eine eigene sogenannte Sport-Abteilung (leicht umzubenennen in SA!), offiziell um mit diesen Leuten ihre eigenen Versammlungen zu beschützen. Im Volk wurde sie aber als eine „Truppe zum Abkillen des Gegners“ eingeschätzt, wozu nach der Nazi-Propaganda „die Juden, die Freimaurer und die Sozialdemokraten“ gehörten. An ihren Versammlungen hatten sie ihre Rollen für die Machtübernahme bereits verteilt. Der Aufruf an die Arbeiterschaft des Berner Oberlandes schloss:

„Genug für heute! Und nun, werte Genossen, sind diese Angaben etwa Beruhigungszückerchen? Kann man damit die Arbeiterschaft etwa einschläfern? Nein und nimmer, nein! Wir erklären nochmals: Für jeden von uns einen von drüben!

Wenn hier nicht gebieterisch Halt geboten wird, dann wird sich eben die Arbeiterschaft zur Selbstverteidigung rüsten müssen! Dann ist es allerdings unser Recht: „Auge um Auge, Zahn um Zahn!“ Im übrigen merke sich jeder gerecht denkende Bürger die oben zitierten Namen. Es sind alles Feinde des demokratischen Staates, die lieber schon heute als erst morgen einen jeden, der nicht mit ihnen ist, an den Galgen hängen würden! Gebe sich niemand der Illusion hin, dass er geschont werde. Diese Fröntler, die sich alle aus einer Gesellschaftsschicht rekrutieren, der zur Hauptsache die Einkommen zufolge der heutigen Krisis zurückgebunden sind, und die somit ihr jetziges Dasein als unbefriedend betrachten, diese Fröntler werden, wenn sie glauben, der Moment sei günstig, einfach losschlagen, mit einer Brutalität, wie wir sie nunmehr rund um unser Schweizerland herum erlebt haben!“

Der Aufruf schlug in der Öffentlichkeit wie eine Bombe ein. Ein Resultat des Berichtes war, dass sich die Teilnehmer der Zusammenkunft daraufhin gegenseitig verdächtigten, unter ihnen befinde sich ein Verräter. Einige wollten ihre Teilnahme an der Versammlung nicht wahrhaben, andere distanzierten sich in der Folge von dieser verräterischen Organisation. Die Nazizelle auf dem Bödeli war aber nur geschwächt, einzelne verfolgten ihre trüben Ziele weiter. Die Sozialdemokraten auf dem Bödeli blieben auf der Hut.

Während des Krieges wuchs die Spannung noch weiter an. Ein deutscher Staatsangehöriger namens Walter Kirchhoff in Interlaken war der führende Nationalsozialist des Berner Oberlandes und dazu ausersehen, im Falle eines deutschen Überfalls als Gauleiter zu wirken und Terror und Schrecken zu verbreiten. Man erinnerte sich auf dem Bödeli auch nach dem Krieg noch an die Auftritte dieses Nazis, die mit den deutschen Siegen zu Anfang des Krieges immer frecher geworden waren. Als er im zweiten Kriegsjahr nach Deutschland zurückbeordert wurde, erdreistete er sich, in einem Inserat „nach jahrelanger Tätigkeit in der Schweiz alle Reichsdeutschen im Berner Oberland“ auf den 13.Mai 1941 „zu einem Abschiedsabend in den Saal des Hotels Gotthard in Interlaken einzuladen, wo „in Anwesenheit des deutschen Gesandten Herr von Köcher und des Landesgruppenleiters Botschaftsrat Freiherr von Bibra“ die Zusammenkunft stattfand. Dieser propagandistisch aufgezogene Anlass nur wenige hundert Meter von der Residenz General Guisans entfernt empfand die widerstandswillige Bevölkerung im Berner Oberland als Provokation.

Samuel Brawand von Grindelwald erzählte an seinem 100.Geburtstag eine Episode aus dem Kampf gegen Nazibewunderer:

Ich glaube, es war im Zusammenhang mit den Grossratswahlen im Jahr 1942. Mein Klassenkamerad Ernst Barben aus Spiez war Jungbauer und hielt im Glacier in Grindelwald einen politischen Vortrag. In der Diskussion meldete ich mich zum Wort und erklärte: „Solange die Jungbauern die politischen Ratschäge aus Deutschland beziehen, wollen wir nichts mit ihnen zu tun haben.“ – Am selben Tag am Abend fand im Adlersaal in Interlaken eine ähnliche Veranstaltung statt. Roth Hans war nicht zu Hause. Einige von uns fuhren mit dem Fahrrad hinaus, und wir hatten ebenfalls unsere Gesinnungsfreunde auf dem Bödeli zur Teilnahme angemacht. Dort wiederholte ich meine Feststellung und forderte die zahlreichen Versammlungsteilnehmer auf: „Wer meiner Meinung ist, verlässt mit mir den Saal.“ Es blieben nur einige wenige zurück, etwa zwanzig.

Im nächsten „Jungbauer“, der Zeitschrift der politischen Bewegung gleichen Namens, erschien ein Artikel unter der Überschrift: „Der sozialdemokratische Nationalrat Brawand ist ein Lügner und Ehrabschneider“, und zwei Flugblätter kurz vor den Grossratswahlen enthielten üble Anpöbeleien. Die Qualifikation und die Beschimpfungen konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, und die Sache landete schliesslich vor dem Richter.

Dort war es schwer zu beweisen, welche Mitglieder der Jungbauernbewegung Schulungskurse in Deutschland sowie den nationalsozialistischen Parteitag in Nürnberg besucht hatten. Dr. Hans Müller hatte „nur“ eine Reise zu Reichsminister Darre unternommen. Der Vorfall endete in einem Vergleich ohne langen Prozess. Solche Auseinandersetzungen, im privaten wie im öffentlichen Kreis, waren keine Einzelfälle.

In der heutigen Diskussion um die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg soll niemand sagen, man habe es nicht gewusst. Wenigstens die Arbeiterschaft wusste um die Grauen der Naziherrschaft. Es gab aber Leute in der Schweiz, die sich anpassen und dabei ihre Vorteile wahren wollten. Sie gedachten, Hitler seine politische und kriminelle Dreckarbeit machen zu lassen, um sich so der Linken zu entledigen und nachher die Volkswirtschaft ungehindert zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen zu können. Die im Herbst 1940 eingereichte berüchtigte „Eingabe der 200″ verlangte vom Bundesrat die gewaltsame Beseitigung der freiheitlichen Kräfte unseres Landes und die volle Aktionsfreiheit für die Fünfte Kolonne. Ein Unterzeichner war Grossrat Ludwig Lengacher in Mülenen, Anführer der „Heimatwehr“ im Oberland und in den Nationalratswahlen 1935 Kandidat der „Nationalen Erneuerung“.

Vom „Sozialdemokrat“ zum „Oberland“

In den Gemeindewahlen gegen Kriegsende im Jahr 1944 erreichte die Sozialdemokratische Partei im Stedtli eine überwiegende Mehrheit. Vom Anfang 1945 an gab sie als monatliches Mitteilungsblatt den von Gottfried Beyeler redigierten „Sozialdemokrat“ heraus. Sie veröffentlichte darin „u.a. alle wichtigen Gemeindeangelegenheiten und – was Sie sonst nirgends lesen können – regelmässige Berichte aus den Verhandlungen des Gemeinderates“ und begründete dieses Vorgehen:

„Seitdem uns die grosse Mehrheit der Bevölkerung die Führung des Gemeindeschiffleins anvertraut hat, fühlen wir uns verpflichtet, unsere schwere und verantwortungsvolle Aufgabe in engster Volksverbundenheit zu lösen. Dazu gehört vor allem eine gründliche Orientierung über alle Massnahmen der Gemeinde.“

Das Mitteilungsblatt wurde in allen Kreisen mit Spannung erwartet und gelesen. Den zweiten Jahrgang konnte jedermann für Fr.3.- abonnieren. In der Nummer 12 vom 23.Dezember 1946 wurde als „wichtige Mitteilung“ angefügt:

„Etwas Grosses ist geschehen: Den Arbeiterorganisationen des Berner Oberlandes steht ab 1.Januar 1947 eine eigene Lokalzeitung zur Verfügung. Das Verlagsrecht des „Oberland“ ist an die Pressegenossenschaft der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei übergegangen. Somit wird der „Sozialdemokrat“ nicht mehr erscheinen und alle Nachrichten, die er bis jetzt vermittelt hat, werden im Oberland erscheinen und noch viel mehr dazu!“

Und der Redaktor schrieb dazu:
„Nun „Sozialdemokrat“ – du musst sterben, damit etwas besseres leben kann. Mit dem Übergang des Verlagsrechtes des „Oberland“ an die Pressegenossenschaft des arbeitenden Volkes erhält das Oberland die seit Jahren und bei jeder Gelegenheit immer wieder gewünschte Zeitung, die viel mehr bieten wird, als unser Mitteilungsblatt imstande war. Das „Oberland“ wird zu einer ausgebauten Lokalzeitung für das arbeitende Volk umgestaltet.“

Von 1947 an erschien das „Oberland“ unter Leitung von Gottfried Beyeler. Das Blatt wurde damals wegen seiner pointierten Leitartikel vom politischen Gegner beachtet und teilweise gefürchtet. Bei den eigenen Leuten musste dagegen unablässig um mehr Abonnenten geworben werden. Am 18.November 1951 fand z. B. in Matten eine Orientierungsversammlung statt, wozu die Parteipräsidenten und alle interessierten Parteimitglieder geladen waren. Man suchte freie Mitarbeiter und gab das Blatt später unter Fritz Hug aus Wilderswil als Hauptredaktor sogar täglich heraus. Auf die Dauer überforderte die Aufgabe die inzwischen drei nebenamtlichen Redaktoren, darunter Albin Stähli aus Gsteigwiler, später Unterseen, und den einzigen Setzer Karl Zumbühl. In den Sechszigerjahren wurde die Pressegenossenschaft schliesslich aufgelöst. Die Zeitung ging an das „Volksblatt“ über, doch der Name „Oberland“ wurde vom alten Verlagsbesitzer an die in Spiez erscheinende „Volkszeitung“ weiterverkauft, worauf diese zum heutigen „Berner Oberländer“ umgetauft wurde.

Nachdem die sozialdemokratische Tageszeitung „Oberland“ eingegangen war, wurde ähnlich wie der „Sozialdemokrat“ in den Vierziger-, in den Siebzigerjahren wieder lokal mit der „Stedtli-Press“ versucht, die Wählerschaft in der Gemeinde besser zu informieren. Dieses Bedürfnis zeigte sich dann auch in beiden Amtsbezirken Interlaken und Oberhasli, sodass sich der Amtsverband und die Gewerkschaften der Sache annahmen und anschliessend in den Neunzigerjahren den sozialdemokratischen „Standpunkt“ herausgeben liessen. Leider gelang es nicht, ein genügendes Interesse zu erzeugen, und es fehlte auch hier der Willen und die finanzielle Kraft, um dieses Projekt durchzuhalten.

Höhen und Tiefen

Im Jahre 1935 wurde mit der sogenannten Kriseninitiative versucht, die wirtschaftliche Notlage gemeinsam mit den Angestellten und einem Teil der Bauern zu bekämpfen. Obwohl sie vom Schweizervolk gesamthaft abgelehnt wurde, wirkte sie über die eigenen Parteigrenzen hinaus und erzeugte mit ihrem Resultat in der Arbeiterschaft eine Zukunftshoffnung. Der Parteipräsident schrieb im Jahresbericht:

„Der 2te Juni brachte die Abstimmung über die Kriseninitiative, welche die Kassenbüchlein und die Versicherungsgesellschaften leider zu Fall brachten, wenn auch nicht mit der Stimmenzahl, wie sie die Drahtzieher des Bundes vornehmer Herren erwarteten. Dieser Kampf war einer der prächtigst geführten, welcher der Berichterstatter bis heute mitgemacht hat. Folgende Resultate kamen zustande: Unterseen stimmte 540 Ja gegen 203 Nein, im Amt waren es 4233 Ja gegen 2550 Nein, und im Kanton zirka 91’000 Ja gegen 77’00 Nein.“

Die Freude der Arbeiterschaft, für einmal die Mehrheit der Bevölkerung in der Gemeinde, im Amt und im Kanton hinter sich zu wissen, ist deutlich spürbar. Die aktive Arbeit einzelner SPU-Mitglieder rüttelte viele Gemeindebürger zur Mitarbeit in öffentlichen Dingen auf. Im Oktober 1943 wurde bei den Nationalratswahlen eine erfolgreiche Werbeaktion durchgeführt. Parteipräsident Herrmann Zimmermann konnte in der Einladung zu der am 18.Dezember 1943 stattfindenden Versammlung stolz mitteilen, dass 60 neue Mitglieder aufgenommen würden. An der Hauptversammlung der SPU vom 19.Januar 1944 konnten weitere 39 neue Mitglieder aufgenommen werden, sodass im Jahresbericht 1943 festgehalten wurde, dass die Mitgliederzahl zu Beginn des Berichtsjahres 61 und am Ende 170 betragen habe. Am 22.Dezember 1944 folgten weitere 32 Eintritte, und an der Hauptversammlung vom 3.Februar 1945 folgten wiederum 16 Aufnahmen. Die Zeit um das Kriegsende war eine Periode des Aufbruchs. Die Bevölkerung von Unterseen befand sich auf einem sozialen Höhenflug. Die Einführung der AHV wurde hier im Herbst 1947 mit 766 Ja gegen nur 58 Nein angenommen.

Die Verantwortlichen an der Spitze der Partei waren bestrebt, ihre seit 1945 bestehende politische Dominanz von 5 zu 2 im Gemeinderat nicht zu missbrauchen. Am 29.Januar 1949 verzichtete z.B. die SP darauf, einen ihr zustehenden Sitz in der Vormundschaftsbehörde zu besetzen, um einem bürgerlichen Fürsprecher den Eintritt zu ermöglichen. Man konnte damit der Gemeinde ja vielleicht auch einige juristische Beratungskosten sparen.

Auch Enttäuschungen blieben nicht aus. Über die Parteiversammlung vom 28.Oktober 1949 vermerkte der Protokollführer „nebenbei, dass es für unsere Partei beschämend ist, wenn von 260 Mitgliedern nur deren 36 erscheinen. Es sollte unbedingt ein grösseres Interesse an der ganzen Sache gezeigt werden.“ Und an der Parteiversammlung vom 30.Juni 1950 mit dem Haupttraktandum „Parteimitglieder fragen, Behördemitglieder antworten“ erschienen nur 7 Mitglieder. Der Präsident fragte an, „ob es nicht ratsam wäre, die Versammlung auf einen späteren Termin zu verschieben zufolge des grossen Andranges. Zu allem fehlen ja für das Haupttraktandum die Behördemitglieder alle.“ An der nächsten Vorstandssitzung „lässt der Präsident noch einige wehmütige Worte fallen, und er sehe sich gezwungen, wenn es so weitergehen sollte, das Amt niederzulegen zufolge Mangel an Interesse seitens der meisten Mitglieder.“ Im Jahresbericht 1954 wird jedoch stolz bemerkt: „Der Grossratswahlkampf liegt hinter uns. Ist es nicht ausserordentlich wichtig, dass wir im Amt weitaus die stärkste Partei sind! Es gibt vielleicht in der Schweiz keine Gemeinde, in der die sozialdemokratische Mehrheit so ausgeprägt besteht, wie in unserem Unterseen.“ Die Partei blieb weiterhin aktiv. An der Parteiversammlung vom 22.November 1957 konnten nach einer erfolgreichen Werbeaktion 14 neue Mitglieder aufgenommen werden.

Kampf um den Finanzausgleich

An der Parteiversammlung vom 24.März 1950 wurde Gottfried Beyeler als Kandidat für die Grossratswahlen aufgestellt, mit der Begründung: „Geht es doch gerade hier um unsere Vertretung wie im Interesse des Finanzausgleichs und somit auch um die Arbeitslosigkeit im engeren Oberland.“ Die beiden Themen Finanzausgleich und Arbeitslosigkeit waren aktuell.

Am 15.Dezember 1950 vertrat der „auf hoher Warte stehende Genosse Beyeler, Grossrat, der ja auch in unserer Gemeinde als Finanzminister seines Amtes zu unserer Zufriedenheit waltet“, das Gemeindebudget für das kommende Jahr, „unter dem Motto: Sparen und Schulden tilgen und den laufenden Geschäften gerecht werden. Regen Anteil findet die leidige Unterseen-Mauserei (ein Beitrag der Gemeinde zur Bekämpfung der Mäuseplage auf den Feldern), und da bis dato diesbezüglich noch kein Reglement geschaffen wurde, wurde hier mal energisch gekürzt. Wollen hoffen, dass es die Mäuse nicht merken.“

Am 9.Februar 1951 diskutierte der Vorstand über die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. „Doch ist leider gerade hier die Sache schwer zu regeln.“ Angesprochen wurde die Streikdrohung der Bauarbeiter wegen des Einsatzes von Baggern beim Aushub für die „neue Post“ in Interlaken. „Hier sei der Pflichtkreis des BHAV“ (Bau- und Holzarbeiterverband). Dessen Sekretär, Grossrat Walter Dürig aus Matten, gelang es damals nur mit viel Mühe, den Einsatz von Arbeitsmaschinen vor seinen Verbandsmitgliedern zu rechtfertigen und einen Proteststreik zu verhindern.

Ende dieses Jahres 1952 trat Gottfried Beyeler wegen seiner Wahl zum Schulinspektor aus dem Grossen Rat zurück. Er legte auch seine Ämter in der Gemeinde nieder und trat von seinen Parteifunktionen zurück. Der Präsident dankte ihm für seine treue Mitarbeit. „Er gehörte seit 25 Jahren dem Vorstand ohne Unterbruch an. Er hat manche schwierige Situation meistern geholfen und hat einen guten Anteil daran, dass wir Sozialdemokraten in der Gemeinde diese Bedeutung erlangten.“ An der Parteiversammlung vom 5.Dezember 1952 wurde protokolliert: „Mit einer Senkung des Steuerfusses kann heute noch nicht gerechnet werden. Wir hoffen es, aber wir warten erst das Resultat der Volksabstimmung vom 15.Februar 1953 ab“ (über das vom Zurücktretenden stark mitgeprägte kantonale Finanzausgleichsgesetz). Am 27.Februar gab der Parteipräsident „die erfreulichen Resultate der letzten Abstimmung bekannt (in Unterseen mit 629 zu 29 Stimmen angenommen!) und dankte all den willigen Helfern. Besonderen Dank noch unserem verdienten Kämpfer für das in dieser Sache besonders Geleistete.“ In der Folge sprach Gottfried Beyeler an einer Gesamtfraktionssitzung am 27.November „anhand von Tabellen, die er eigens zur Orientierung zusammengetragen hat, zum Thema „Steuersenkung ja oder nein“. Trotz auch geäusserten Bedenken befürworteten die vierzig anwesenden Behördemitglieder einstimmig eine Steuersenkung von 3,1 auf 2,8, die wegen des kantonal erreichten Finanzausgleichs unter den Gemeinden möglich geworden war. An einer öffentlichen Versammlung am 11.Dezember 1953 im Drei Schweizer wurde das Vorhaben den Gemeindebürgern erklärt und an der folgenden Budget-Gemeindeversammlung für das Jahr 1954 beschlossen. In Unterseen setzte daraufhin eine bemerkenswerte wirtschaftliche Entwicklung ein.

Gleichberechtigung der Frauen

Erste Frauen in der SPU

Am 10.April 1916 wurde mit Rosa Imboden erstmals eine Frau in den Arbeiterverein aufgenommen. Am 30.Juni 1917 wurde orientiert über die Strickfabrik, „die in Unterseen nächstens eröffnet werde … und die Anregung gemacht, man möchte die Frauen und Töchter einladen, die im Sinne haben, in diese Strickfabrik einzutreten, zu einer gemeinsamen Sitzung zwecks Gründung eines soz.demokr. Frauenvereins.“ Es wurde beschlossen, „sobald es günstig und die fragliche Fabrik in Aktion ist, die Frauen und Töchter aufzuklären, sodass sie schon vom ersten Tag an gewaffnet dastehen, und nicht vom Capital elend ausgesogen und mit Hungerlöhnen abgespiesen werden.“ In die Kommission zur Vorbereitung dieser Aktion wurden gewählt: Frau Beer, Frau Feller, Frau Imboden und die Genossen Beer und Feller. Am 20.Oktober 1917 soll „mit der Gründung einer Frauengruppe nun einmal ernst gemacht und die nötigen Vorarbeiten sofort an die Hand genommen werden.“

Die Forderung nach dem Frauenstimm- und -Wahlrecht ist alt. Nach einer langen Vorgeschichte erklärte erstmals das Gemeindegesetz von 1917 die Frauen als in die Schul-, Armen- und Gesundheitskommissionen wählbar, 1932 kam die Vormundschaftskommission dazu. In der Folge wurden manchenorts einzelne Frauen in die Parteien aufgenommen und in diese Kommissionen gewählt. In Interlaken bestand bereits im Jahr 1919 eine Frauengruppe der Partei, in der auch sozialdemokratische Frauen aus Unterseen mitmachten. Diese nahmen aber ebenfalls an den Parteiversammlungen in Unterseen teil. An der SPU-Versammlung vom 21.November 1919 wurde „in die Frauengruppe aufgenommen Frau Stalder. Ausgetreten sind Frau Küng und Frl. Schaub infolge Verlassen der Gemeinde.“ Der Präsident gab bekannt, dass demnächst eine kantonale Frauenkonferenz in Bern stattfinde. Die Delegierte dafür wurde von der Parteisektion bestimmt.

Am 4.November 1921 schrieb die Frauengruppe, sie beabsichtige sich der Partei anzuschliessen, ihre Beiträge in die allgemeine Kasse fliessen zu lassen und ihre Ausgaben auch daraus zu decken. Doch der Parteivorstand beschloss am 23.November „nach reger Diskussion und reiflicher Prüfung, der Frauengruppe ihr Gesuch zu verweigern, da unsere Parteikasse sowieso auf schwachen Füssen steht, ohne dass man noch weitere Ausgaben hätte und man nicht wieder das Gezänk und Streit in der Partei haben möchte.“ An der Parteiversammlung vom 6.Januar 1922 ergänzte der Parteipräsident aber den Standpunkt des Vorstandes, „dass wir in diesem Falle gegen die Parteistatuten arbeiten, wo es ausdrücklich heisse, die Sektionen hätten die Frauenbestrebungen möglichst zu unterstützen und emporzuheben, und dass die Parteien Interlaken und Bönigen ihre Frauen auch wieder aufgenommen hätten.“ Darauf wurde aus der Versammlung gewünscht, „der Vorstand möchte der Frauengruppe mitteilen, dass sie sich nicht auflöse, und dass die Partei ihnen beistehen möchte. Der Antrag von Genosse Arnold Beuggert siegte mit 14 gegen 4 Stimmen.“

Die Frauen hatten mit ihren Anliegen bei der Partei vorerst wenig Gehör. Am 8.September 1922 verlangten sie, die Partei möchte „die nötigen Schritte bei den Gemeindebehörden um Einrichtung einer Haushaltungsschule“ unternehmen. Die Versammlung war jedoch „allgemein der Ansicht, sich vorläufig mit der Angelegenheit nicht zu befassen und der Frauengruppe ein aufklärendes Schreiben zukommen zu lassen.“ Erst fünf Jahre später, am 28.Mai 1927, wurde berichtet, dass nun im 8. und 9. Schuljahr der geforderte hauswirtschaftliche Unterricht erteilt werde.

Bereits für die ersten Proporzwahlen in der Gemeinde im Jahr 1921 wurden von der SPU Frauen aufgestellt. Als erste Frau wurde damals von der SP-Liste Frau Rosa Beer in die Primarschulkommission gewählt, ihr folgte als zweite im Jahr 1924 Frau Johanna Felber-Hubacher in die Armenkommission. Am 16.November 1928 wurde der Partei ein Schreiben der Frauengruppe überreicht, in welchem diese bei den bevorstehenden Gemeindewahlen „Vertretungen in der Schulkommission und in der Armenkommission“ wünschte. Den Anliegen wurde wiederum stattgegeben.

Am 22.Februar 1930 verlangte „die Frauengruppe in Hier“ erneut, in die Partei aufgenommen zu werden. Dem Anliegen wurde an der Parteiversammlung vom 30.März einstimmig entsprochen und die Frauen als Einzelmitglieder aufgenommen. Dabei wurde ein reduzierter Preis für die Monatsmarken festgesetzt, „da die Mehrzahl der Genossinnen Frauen unserer Genossen seien, und für zwei Personen monatlich zu grosse Auslagen erwachsen würden“.

Gründung einer eigenen Frauengruppe

Die Gruppe der Frauen half bei verschiedenen Parteiaktivitäten mit und erwarb sich mit der Zeit das Wohlwollen der Parteimänner. Am 15.August 1946 konnten die Frauen der Partei für einen Beitrag von Fr. 50.- danken. Im Frühling 1947, als sich die SPU nach der „Flucht aus dem Gemeinderat“ neu organisierte und anschliessend an Bedeutung noch gewann, erteilte der Parteivorstand der kurz vorher als Lehrerin gewählten Margrit Brawand den Auftrag, die Frauengruppe wieder zu einer eigenständigeren Organisation zu entwickeln. Ziel war in erster Linie, das allgemeine Stimm- und Wahlrecht für die Frauen verwirklichen zu helfen. Es galt noch viel Widerstand zu überwinden, auch bei den SP-Männern selber.

Die SP-Frauen tagten anfänglich jeden zweiten Donnerstag eines Monats. Sie hörten sich Referate zu politischen Fragen an, organisierten Ferienplätze und Ferienlager für Arbeiterkinder, Delegierte besuchten Tagungen, man sang gemeinsam, es wurde vorgelesen, einzelne führten dazu Handarbeiten aus, für die Kinder wurden die traditionellen Weihnachtsfeiern vorbereitet, und dazu kam noch manch anderes.

Vom Kampf zur Einführung des Frauenstimmrechts

Am 21.April 1949 wurde über eine vorgeschlagene Erhöhung der Zahl der Kirchgemeinderatsmitglieder von 9 auf 11 diskutiert und gefordert, die zwei neuen Sitze sollten Frauen vorbehalten werden. Darauf erreichten die Unterseener Frauenorganisationen gemeinsam einen ersten Erfolg. Am 10.Februar 1950 wurde an der Hauptversammlung der Frauengruppe im Jahresbericht festgehalten:

„Mit dem gemeinnützigen Frauenverein und dem Frauenkomitee zusammen ist es endlich gelungen, dass eine Frau in den Kirchgemeinderat gewählt wurde.“

Dabei ist besonders zu vermerken, dass an der entscheidenden Kirchgemeindeversammlung nach der durchgesetzten Frauenwahl der Präsident aus Protest die Kirche verliess.

Für die Frauen folgten andere, auch gute Erfahrungen. Die Frauengruppe half im Jahre 1953 bei der vom Frauenverein angeregten Gründung der Heimpflege mit. Unter den Frauen war viel guter Wille zur Zusammenarbeit vorhanden. An der im Falken stattfindenden Hauptversammlung vom 9.Februar 1955 ging ausgerechnet beim Traktandum Wahlen das Licht aus. „In der Dunkelheit gingen die Wahlen prächtig vonstatten. Demissionen lagen keine vor, und niemand räusperte sich, um uns abzusetzen, also in globo wiedergewählt!“ schrieb die Protokollführerin.

Ein Höhepunkt in der Unterseener Frauengruppengeschichte wurde eine öffentliche Versammlung mit Anna Kethly am 18. Februar 1958 im Drei Schweizer. Sie war die erste Sozialdemokratin im Ungarischen Parlament, wo sie einen harten Kampf gegen politische Verfolgungen unter den Horthy-Faschisten führte. Später litt sie viereinhalb Jahre unter kommunister Herrschaft in einer schmalen Gefängniszelle. Zur Zeit des Ungarnaufstandes 1956 war sie Vizepräsidentin der Regierung geworden und entkam nur dank dem Umstand, dass sie während des russischen Einmarsches in Wien weilte und dort über das Los der Flüchtlinge aus ihrer Heimat verhandelte. Sie leitete in den folgenden Jahren die ungarische Exilregierung und versuchte, in der UNO das Los ihrer Landsleute zu verbessern. Dank seiner besonderen Verbindungen war es Gottfried Beyeler gelungen, die berühmte Frau zu einem Besuch einzuladen und für ein Referat an einer Versammlung der Sektionen des Amtsverbandes Interlaken zu gewinnen. Sie sprach über das Schicksal Ungarns und über ihren eigenen lebenslangen Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit. Zur Erinnerung an die ausserordentlich beeindruckende Begegnung wurde daraufhin im Protokoll der Frauengruppe ein umfangreicher Zeitungsartikel über die berühmte Frau eingeklebt.

Am 22.Januar 1959 ging es an einer öffentlichen Versammlung im Drei Schweizer wieder einmal um die Einführung des allgemeinen Stimm- und Wahlrechts für die Frauen. Eingeladen hatten die verschiedenen Frauenorganisationen gemeinsam, und die politischen Parteien machten mit. Der angefragte Gegenreferent, der spätere Regierungsrat Dr.Hans Tschumi, wollte aber nur als erster Diskussionsredner auftreten. Am Schluss der Versammlung erhielten die zwei offiziellen Referentinnen, die beide für die Annahme der zur Abstimmung kommenden eidgenössischen Vorlage eingetreten waren, zum Dank je einen Blumenstrauss. Obwohl es sonst üblich war, bei gemeinsamen Anlässen die Kosten zu teilen, weigerte sich die damals noch als Gegner auftretende SVP in standhafter Kleinkrämerei, ihren geringen Anteil zu übernehmen. Als nach langem Kampf das Eis endlich gebrochen war und im Kanton Bern als Anfang jede Einwohnergemeinde den Frauen das Stimmrecht geben konnte, war die Gemeindeversammlung Unterseen eine der ersten, die dies beschloss. Im Protokoll der Frauengruppe ist gross und mit rotem Filzstift eingetragen:

„29.Juli 1968, 1.Gemeindeversammlung mit Mitspracherecht der Frauen.“

Man sieht daraus, welch emotionale Bedeutung dieser Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau für die Betroffenen hatte. Und am 17.Oktober 1968 wurde stolz festgehalten:

„Gemeindewahlen vom 1.Dez.1968. Erstmals gehen wir Frauen an die Urne. Jetzt beginnt die grosse Vorarbeit. Am 23.Oktober ist der erste von drei Vorträgen: Unsere Gemeinde, eine lebendige Demokratie. Es werden Einladungen gedruckt, die unsere Frauen alle persönlich weitergeben sollen. Wir sollen 2 Frauen in die Vormund-schaft-, 2 in die Fürsorge- und 2 in die Schulkommission aufstellen. Auch eine Gemeinderätin wird aufgestellt. Aber im Moment haben wir noch keine entdeckt.“

Während SP-Frauen in den Kommissionen seit 1921 mitarbeiteten, sollte es noch viele Jahre dauern, bis 1996 mit Vreni Linder-Hofstettler erstmals eine auf der SP-Liste kandidierende Frau in den Gemeinderat nachrücken konnte und in der kommenden Legislatur wiedergewählt wurde. Die vor allem zur Erkämpfung des Frauenstimm- und Wahlrechtes gegründete Sozialdemokratische Frauengruppe Unterseen wurde an ihrer Hauptversammlung vom 6.März 1985 aufgelöst, und ihre Mitglieder traten wieder in globo in die Gesamtpartei über. Auf diese Weise konnten unnötige Doppelspurigkeiten vermieden und ein weiteres, kleines Stück voller Gleichstellung wenigstens innerhalb der Partei erreicht werden.

Gemeindewahlen

1921 – Erste Proporzwahl

Am 22.März 1919 gab SP-Parteipräsident Jossi an einer Parteiversammlung „den Ursprung der Proporzinitiative bekannt. Dann erhielt er den Auftrag, an der Gemeindeversammlung zu begründen.“ Am 21.März 1921 genehmigte die Gemeindeversammlung das Reglement über die Verhältniswahlen (Proporzwahlen), und schon am 4. und 5.Juni 1921 fanden die ersten Gemeindewahlen gemäss dem neuen Proporz-Wahlreglement statt. Sie brachten mit drei gewählten Sozialdemokraten und einem Grütlianer gleich eine Mehrheit für die Arbeiterbewegung im siebenköpfigen Gemeinderat. Da der Grütlianervertreter Wägeli sich in entscheidenden Fragen aber eher bei den Bürgerlichen anlehnte, entwickelte sich keine gute Zusammenarbeit unter den Vertretern der Arbeiterschaft. Es entstand daraus sogar ein ausgesprochenes Konkurrenzverhältnis, als neben dem im Gemeinderat sitzenden SP-Parteipräsident Johann Jossi, der seit 1920 auch als Grossrat amtierte, der Grütlianer und als Sekretär der Arbeiterunion funktionierende Albert Wägeli ebenfalls in den Grossen Rat gewählt wurde und 1926 nach der Auflösung des Grütlivereins in die SPU übertrat.

1924 – Gemeinsame Listen abgelehnt

Am 6.November 1924 berichtete Grossrat Jossi über eine Sitzung der politischen Parteien von Unterseen in den Drei Schweizern. „Es war ein Vorschlag, eine gemeinsame Liste aufzustellen. Die Mehrheit der Delegierten war jedoch der Meinung, dass das gegen den Proporz sei. Es wird keine gemeinsame Liste aufgestellt. Die Parteien versprechen sich aber gegenseitig, vor den Wahlen nicht eine literarische Woche durchzuführen.

Die Grütlianer wünschen neuerdings Listenverbindung mit unserer Partei. Neuerdings wird einstimmig beschlossen, darauf nicht einzutreten.“ Die SPU steuerte ihren eigenständigen Kurs mit ganzer Kraft. Am 5.Dezember 1924 wurden alle Radfahrer ermahnt, „sie möchten sich dann Sonntags rechtzeitig beim Falken einfinden zwecks Schleppdienst“ bei den Gemeindewahlen.

1928 – Spaltung in der Arbeiterschaft

Die Auseinandersetzung zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten wegen des eidgenössischen Besoldungsgesetzes 1927 erzeugten auch bei uns Spannungen in der Arbeiterschaft und führten in Unterseen schliesslich zur Bildung einer kommunistischen Partei. Diese gewann jedoch keinen grossen Anhang, die Uneinigkeit hatte aber einen Sitzgewinn der bürgerlichen Parteien zur Folge.

Weit mehr wurde in diesen Jahren die Parteitätigkeit vom Schneiderhandel belastet. Er war zudem überlagert von den Auseinandersetzungen zwischen den beiden Grossräten Jossi und Wägeli. Als der tuberkulosekranke Jossi sich 1930 als Grossrat nicht mehr aufstellen liess und wenig später starb, dafür aber der von der SPU portierte Wägeli gewählt wurde und anschliessend aus der Partei austrat, blieb in der Partei ein grosser Scherbenhaufen zurück.

1932 – Intensiver Wahlkampf

Bei der SP wehte ein frische Wind. Ihre Flugblätter und Zeitungsartikel wurden von einem jungen Lehrer namens Gottfried Beyeler geschrieben. Ein Aufruf begann:

„Werter Mitbürger!
Wieder werben die Parteien um Deine Stimme und Du machst Dir Gedanken darüber, wem Du diesmal Deine Stimme geben kannst. Überlege Dir folgendes:

Die ganze Welt schmachtet unter der Geissel der Wirtschaftskrise. Der Kapitalismus, einstmals Grosses schaffend, ist unfähig geworden, ungezählten Millionen Arbeit und Brot zu verschaffen. Auch in unserem Lande mehren sich täglich die Opfer dieser unsinnigen Wirtschaftsordnung, die Getreide verbrennt, Kaffee versenkt und die Menschheit verhungern lässt. Da stellt sich jeder die Frage: Wann ist die Reihe an mir? Und jeder sagt: So kann es nicht mehr weitergehen!“ …

Willst Du, dass der Kurs weiterhin auf Not und Verelendung geht, wähle bürgerlich. Willst Du aber so handeln, wie es Deine wirtschaftliche Stellung verlangt und Deinen Interessen entspricht, dann trete ein in die grosse Front der Werktätigen und wähle sozialdemokratisch.“

Ein Kommentator schrieb im Oberländischen Volksblatt:
„Das arme Aarestädtchen, das sich eben erst aus den schlimmen Kriegs- und Nachkriegszeiten herausarbeitete, bekommt durch die Krisenzeit, die neue Sorgen und Mühen über das ganze Land auschüttet, Pflichten zugewiesen, die nicht auf die leichte Achsel genommen werden können.“

Die Kommunisten beteiligten sich an diesen Wahlen, hatten aber keinen Erfolg. Darauf verschwanden sie wieder. Unterseen war in der Krisen- und Zwischenkriegszeit mehrheitlich bürgerlich. Doch die SP errang mit Hans Wirth in der nach dem Majorzverfahren zu wählenden Ratsleitung erstmals den Vicepräsidenten, und zwar auf Anhieb. Dagegen zersplitterten sich die bürgerlichen Parteien im einem nachfolgenden Kampf um den Präsidenten. „Vor der Stichwahl unter zwei Bürgerlichen flatterten während den letzten zwei Tagen mindestens neun gedruckte Flugblätter von Hand zu Hand.“

1936 – Teilnahme der Bauernheimatbewegung (JB)

Es war die Zeit des Frontenfrühlings, als in Deutschland die Naziherrschaft aufgerichtet wurde. Die im Volk als Jungbauern bezeichnete Bauernheimatbewegung stand im Gegensatz zum Freisinn und zur Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei. Sie galt bei uns als deutschfreundlich und wandte sich vor allem an die kleineren Bauern. Sie versuchte aber auch, bei den Arbeitern und Angestellten ihre Stimmen zu holen. In Unterseen gewannen die Jungbauern einen Sitz, aber zu Lasten der BGB.

1940 – Stille Wahlen in der Kriegszeit

Auf Initiative der SP vereinbarten die damaligen vier Unterseener Parteien (SP, FdP, BGB, JB) im zweiten Kriegsjahr unter gegenseitiger Besitzstandwahrung am 16.Oktober 1940 stille Wahlen und reichten anschliessend eine einzige gemeinsame Liste ein. Sie teilten darauf der Bevölkerung in der Presse mit:

„Für die anfangs Dezember stattfindende Neubesetzung der Gemeindebehörden haben die politischen Parteien und Gruppen beschlossen, auf einen Wahlkampf zu verzichten und für die nach dem Majorz und dem Proporz zu wählenden Behördemitglieder einen gemeinsamen Wahlvorschlag einzureichen. Es soll damit in der heutigen Zeit besonders sinnlose gegenseitige Befehdung der Parteien, die sich seit Jahren zum Wohle der Gemeinde zu sachlicher Zusammenarbeit gefunden haben, vermieden werden.

Als Ausdruck des Willens zu positiver Arbeit werden die Parteien an Stelle der ausfallenden Wahlkosten dem Frauenverein gemeinsam einen Betrag von

200 Fr. für die Weihnachtsbescherung bedürftiger Schulkinder überweisen.“

1944 – Zeit zum Aufbruch

Die Erlebnisse im zweiten Weltkrieg förderten im Volk die Solidarität. Diese Grundhaltung verhalf den Sozialdemokraten im ganzen Land zu grossen politischen Erfolgen, die mit den Forderungen erreicht wurden: „Das Kapital in den Dienst der Arbeit – die Wirtschaft in den Dienst des Volkes – die Steuerlasten gerecht verteilen – für die Alten sorgen – gegen Arbeitslosigkeit und für Vollbeschäftigung kämpfen – für bessere Löhne und gegen die Teuerung.“ In den Gemeindewahlen im Dezember 1944 steigerte die SPU ihre Wählerzahl um 209 Wähler auf deren 462. Sie stellte erstmals den Gemeindepräsidenten und gleich fünf von sieben Gemeinderäten. Hinter diesem Erfolg stand der begeisterte Einsatz von vielen Vertrauensleuten der Partei. Die Jungbauern verloren gleichzeitig ihren einzigen Sitz. Ein bürgerlicher Wahlkommentator schrieb:

„Die Linke hat frühzeitig ihren Willen bekundet, für die kommenden vier Jahre die schwere Verantwortung einer Mehrheitspartei zu übernehmen; diese Aufgabe ist ihr nun auch zugefallen. Wir geben zu, dass sie in die neuen Behörden eine ganze Reihe von Bürgern stellt, die zu einer aufbauenden und initiativen Arbeit gewillt und fähig sind. Die Jungbauern hätten bei offenen Wahlen wohl schon vor vier Jahren ihre bisherige Vertretung eingebüsst. Hätten sich nicht noch einige Parteilose vor ihren Wagen spannen lassen, wäre ihre Stimmenzahl noch bedeutend kleiner.“

1946 – Flucht aus dem Gemeinderat

Im August 1946 trat Gemeindepräsident Werner Meuter auf Ende des Jahres von seinem Amt zurück. Er begründete seinen Schritt mit seinem schlechten Gesundheitszustand, doch verbargen sich dahinter starke parteiinterne Spannungen, weshalb anschliessend die SP-Gemeinderäte Roth, dann auch Götz und Schlegel demissionierten. Auf den gleichen Zeitpunkt zogen sich ebenfalls der bürgerliche Gemeindevicepräsident und ein gemeinderätlicher Parteikollege von ihren Ämtern zurück, wobei in der Presse behauptet wurde, dass dies „Ausdruck der Ermüdung vom Sichherumschlagen mit einer unbelehrbaren sozialdemokratischen Gemeinderatsmehrheit sei.“ Dies veranlasste den Gemeinderat Unterseen schliesslich am 18.Dezember 1947 zu einer öffentliche Erklärung, wonach

„sämtliche Ratsmitglieder aller im Gemeinderat vertretenen Parteien, der Bürgerpartei, der Freis.dem. Partei und der Sozialdemokratischen Partei feststellen, dass sich die Arbeit in unserer Behörde im Geiste gegenseitiger Achtung, absoluter Lojalität und allseitiger positiver Mitarbeit zum Wohle der Gemeinde abwickelt.“

Der Gemeinderat wurde nach den gesetzlichen Vorschriften komplettiert und funktionierte die restlichen zwei Jahre der Amtsperiode in anderer Zusammensetzung unter dem neuen Gemeindepräsidenten Hans Wirth weiter. In der folgenden Gemeindewahl 1948 wurden die Gemeindebehörden für die nächste Amtsperiode auf sozialdemokratischer Seite vorbehaltlos und gesamthaft mit den gleichen Parteistärken bestätigt.

1952 – Wahlen ohne Beteiligung der bürgerlichen Parteien

Am 14.Februar 1952 besprachen die SPU-Behördemitglieder an einer gutbesuchten Fraktionssitzung im Stadthaus die Grundsätze, die bei einer beabsichtigten Revision des aus dem Jahre 1921 stammenden Organisationsreglementes der Gemeinde wegleitend sein sollten. Während die Wahlart des Gemeinderates im Proporzverfahren an der Urne, wie dies nach dem ersten Weltkrieg von der SP erkämpft worden war, unbestritten blieb, wurde festgehalten, „dass bei einer Wahl der Kommissionen durch den Gemeinderat eine Beschneidung der Demokratie entstehen würde, andererseits dem gegenüber erläutert, dass es auch einige Vorteile biete, wenn dieselben vom Gemeinderat bestimmt würden.“ Diese Grundfragen, aber auch die Chefbeamtenwahlen, boten Anlass zu einer lebhaften Diskussion, die sich in vielen Einzelheiten verlor. Darauf bestimmte die Parteiversammlung vom 26.März vier Vertreter in eine siebenköpfige Reglementskommission der Gemeinde, im Bewusstsein, dass ihnen „ein reiches Arbeitsfeld vor unserem Wahlkampf im Herbst“ warte. An der Parteiversammlung vom 19.September 1952 wurde über das Resultat der Kommissionsberatungen informiert, dass „vieles weichen und neu gefasst werden musste, denn auch im Stedtli bleibt die Zeit nicht still, war doch das alte Reglement seit 1921 in Kraft.“ Bei der Beratung des im Organisationsreglement integrierten Proporzreglementes wurde aus der Versammlung heraus beantragt, die Möglichkeit zur Listenverbindung zu streichen. Dem Begehren wurde zugestimmt. Ein entsprechender Antrag zuhanden der Gemeindeversammlung sollte gestellt werden „und somit ein reger Aufmarsch gesichert sein“. – An der Parteiversammlung vom 3.Oktober 1952, an der 51 Mitglieder anwesend waren,

„schilderte der Vorsitzende die heutige Lage zufolge des an der letzten Gemeindeversammlung gemachten Antrages (Aufhebung der Listenverbindung, wie auch stille Wahl des Gemeindeschreibers und des Kassiers), welch ersteres besonders in dem gegnerischen Lager wie eine Bombe gewirkt hat, und sie heute, wie sie sagen, (für die Gemeindewahlen) keine Liste mehr aufstellen wollen.“

Es sei deshalb einem besonders eilig zusammengestellten Ausschuss aus dem Kreis des Gemeinderates nötig erschienen, ohne vorherige Parteikonsultation in einer Unterredung die Argumente für diese Stellungnahme zu ergründen, um sie hier bekanntzugeben, „damit selbst der Hinterste unter uns bei etwelchen Zusammenkünften auch mit den Gegnern voll in der Lage sein soll, die wahren Begebenheiten zu wissen und zu sagen.“ An der Vorstandsitzung vom 5.November wurde beschlossen, eine volle Liste einzureichen. „Sollte die bürgerliche Seite wirklich keine einreichen“, wäre „die Liste auf den heutigen Stand zu reduzieren.“ An der Parteiversammlung vom 21.November wurde die Einigkeit in der eigenen Partei beschworen,

„dies besonders, da heute in den Reihen unserer Gegner (Freisinn und Bauern- und Bürgerpartei) gar keine Einigkeit herrscht und wahrscheinlich von dieser Seite keine Liste eingereicht werde, was uns aber nicht in den Schlaf wiegen möchte, besonders da in diesem Falle die Nominationen von unserer Seite gestellt werden müssen und die Arbeit in den kommenden vier Jahren keine geringe sei. … Um in den kommenden Wahlen ein gesundes Verhältnis zu haben, wäre es jedoch gut, wenn je ein Vertreter der Bauernsame und des Gewerbes aufgestellt werden könnte. Doch wer? Um dies alles noch zu bereinigen, wird dem waltenden Partei-Wahlausschuss die nötige Kompetenz erteilt, damit wir am Jahreswechsel einen vollständigen Gemeinderat haben.“

An einer ausserordentlichen Vorstandsitzung am späteren Sonntag nachmittag des 30.Novembers wurde bekanntgegeben, „da die Bürgerlichen keine Vorschläge zur Gemeindewahl bis dato, wie verlautet, weder eingereicht noch vorbereitet hätten, liege es nun an uns, das Gemeindeschiff auf eine gesunde und gute Fahrt zu bringen. Genosse Beyeler, der verschiedentlich versucht hat, die Bürgerlichen und Bauern doch noch zu gewinnen, brachte die Nomination von Feuz Hans, Landwirt und Sigg Jean, Aufzugsrevisor, die zu portieren wären, um die Verantwortung doch noch zu einem Teil zu teilen.“ Der Parteivorstand kam zum Schluss, „1. eine volle Siebner-Liste bei Eingabe einer Liste von anderer Seite, und 2. eine Fünfer-Liste für den Gemeinderat und eine Freie Liste mit zwei Nominationen“ einzureichen.

Nachdem keine bürgerlichen Wahllisten zustande kamen, reichte die SP ihre nach der zweiten Variante vorbereiteten Listen ein, und es erfolgten für die Amtsperiode 1953-1956 stille Wahlen. Als Gemeindevizepräsident war Spitalverwalter Adolf Seiler zur Mitarbeit bereit. Er trat später in die BGB ein und blieb bis 1959 in diesem Amt. Für die Ernennung der vom Gemeinderat zu wählenden Kommissionen erteilte der Parteivorstand bei seinen Beratungen am 16.Januar 1953 an zwei Mitglieder den Auftrag, „mit den Bürgerlichen nochmals Fühlung aufzunehmen, damit diese ihrerseits einige Nominationen treffen.“ Im Jahresbericht 1953 an die Hauptversammlung der SPU fasste der Parteipräsident das politische Geschehen in Unterseen zusammen:

„Eine merkwürdige Situation. In Unterseen beteiligten sich die bürgerlichen Parteien an den Gemeindewahlen nicht mehr und überliessen alle Arbeit den Sozialdemokraten! Aus Trotz und ‚Täubi‘, wie sie öffentlich sagten, doch wohl aber aus einer inneren Parteikrise heraus, die sie nun geschickt verdecken zu können glaubten. Besinnt ihr Euch noch an den lustigen Ausspruch des Gemeindepräsidenten, der damals sagte: Und wer glaube, dass es nun nicht mehr gehe, der müsse riskieren, dass es trotzdem gehe!“

1964 – Überempfindliche Reaktion

Der Gemeinderat unternahm allsommerlich einen gemütlichen Tagesausflug mit einem guten Essen. Ausnahmsweise ging es einmal höher. So wanderte in diesen Jahren eine gemeinderätliche Gruppe vom Jungfraujoch aus auf das obere Mönchsjoch, und drei Seilschaften mit zwei beigezogenen Bergführern bestiegen sogar die Jungfrau. Solch gemeinsame Erlebnisse erleichterten das Verarbeiten von Meinungsverschiedenheiten oder persönlichen Spannungen.

Im Vorfeld zu den gegen Ende des Jahres 1964 stattfindenden Gemeindewahlen führte die SP im Sommer eine Umfrage durch, um der Bevölkerung die Gelegenheit zu geben, ihre Wünsche und Vorstellungen für die Weiterentwicklung der Gemeinde in die Behördearbeit einzubringen, ähnlich, wie dies anderwärts selbst bürgerliche Parteien getan hatten. Zur gleichen Zeit plante der Gemeinderat seinen traditionellen Ausflug, im Jahr der Landesausstellung an die EXPO in Lausanne mit einem Abenteuer in Auguste Piccards Unterseeboot. Als die Umfragebogen in die Haushaltungen flatterten, ärgerten sich die bürgerlichen Gemeinderäte wegen der erzielten Propagandawirkung in der Bevölkerung dermassen, dass sie eine Sitzung aus Protest verliessen und sich weigerten, am gemeinsamen Ausflug teilzunehmen. Die Ratsreise fiel ins Wasser; bei dieser Verweigerung dürfte bei Einzelnen auch Angst vor der Tauchfahrt in die Tiefen des Genfersees eine Rolle gespielt haben. Trotz der Aufregung brachten die Wahlen keine Verschiebung der politischen Gewichte in der Gemeinde. Hingegen machte in der anschliessenden Amtsperiode die Wahl des Gemeindepräsidenten Fritz Oester zum Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Interlaken innerhalb der Gemeinde eine Neubesetzung des Präsidiums nötig. Der Wechsel erfolgte in stiller Wahl.

1980 – Parteienzersplitterung

In Unterseen wurde seit der Einführung der Proporzwahlen im Jahre 1921 die Geschicke der Einwohnergemeinde bis zum Jahr 1980 von den drei historischen Parteien SP, FdP und BGB (heute SVP) bestimmt. Nur in der Krisenzeit der Dreissigerjahre und der anschliessenden Kriegszeit reichte es den Jungbauern zu einem kurzen Gastspiel im Gemeinderat. Nach dem zweiten Weltkrieg meldeten sich zu Beginn der Sechziger Jahre eine aus Handel, Gewerbe und Handwerkerkreisen stammende, mit HGH bezeichnete Gruppe, im Volk „die zornigen jungen Männer“ genannt, die zur bürgerlichen Politik in Oposition standen. Es gelang ihnen, einen Sitz auf Kosten der SVP zu gewinnen, doch fanden sie sich innert kurzer Zeit zu ihrer Stammpartei zurück. Nach einem vergeblichen Versuch des Landesrings der Unabhängigen (LdU), anfangs der Siebzigerjahre im Stedtli Fuss zu fassen, kam es anschliessend zu einer neuen Entwicklung. Anfangs der Achzigerjahre traten auch bei uns neue politische Gruppierungen auf, wie die Evangelische Volkspartei (EVP), die Freien Bürger Unterseen (FBU) und die Liberalsozialistische Partei (LSP). Sie sprachen Wählerkreise an, die vorher ohne diese Alternative meist den Sozialdemokraten gestimmt hatten. Später kam noch die Eidgenössisch-demokratische Union (EDU) dazu, welche eher ins bürgerliche Lager eindrang. Damit wurden die politischen Kräfte in unserer Gemeinde ähnlich wie im Kanton aufgesplittert, was eine klare und gradlinige Führung der Gemeindegeschäfte erschwerte.

Für die SPU brachte diese Entwicklung fast unausweichlich den Verlust der über vierzig Jahre lang innegehabten Mehrheitsstellung in der Gemeinde.

1988 – Eine Wende

Seit dem Jahre 1944 trug die SP als Mehrheitspartei die Hauptverantwortung für die Gemeindegeschäfte. Sie berief in dieser Zeit regelmässig ihre Behördemitglieder zu Fraktionssitzungen zusammen, um offene und entscheidende Fragen im Voraus zu diskutieren und miteinander abzuwägen. In der Zeit der starken Dominanz nahmen vierzig bis fünfzig Personen an solchen Zusammenkünften teil. Dabei war es unvermeidlich, dass in Sachfragen etwa Meinungsverschiedenheiten auftauchten, bisweilen auch bestehen blieben und mit der Zeit zu Abnützungs- und Ermüdungserscheinungen führten. Trotzdem trugen die Partei und ihre Exponenten während ihrer Mehrheit im Gemeinderat über alle Jahre die hohe Belastung mit dem Willen, für die gesunde Entwicklung unserer Gemeinde Wesentliches beizutragen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges veränderte sich mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage auch das Denken und Handeln in unserer Bevölkerung. Mit den guten Steuerzahlern, welche das schöne Bauland im Stedtli entdeckt hatten, vermehrt bei uns Häuser bauten und zu einer erfreulichen Entwicklung der Gemeinde beitrugen, verschob sich die politische Zusammensetzung im Stimmvolk und anschliessend in den Behörden. Diese Veränderungen führten zusammen mit der entstandenen Parteienzersplitterung bei den Proporzwahlen zu entsprechenden Sitzverschiebungen. Bei den Majorzwahlen trat die Veränderung etwas verzögert ein. Sie wurde schliesslich begünstigt durch Rivalitäten unter zwei SP-Vertretern im Gemeinderat. Dem von der Partei in einem demokratischen Verfahren für das Präsidentenamt portierten Alfred Gafner trat der unterlegene Hans Schütz entgegen. Dieser wurde schliesslich in einer Stichwahl überparteilich unterstützt und mit 1086 gegen 752 Stimmen gewählt, worauf er aus der SP austrat, um sein Amt als Parteiloser zu führen. Das Sprichwort „Einigkeit macht stark“ wirkt für die SPU bis in die Gegenwart mit seinem Gegenteil: Uneinigkeit schwächt.

Schlussbemerkungen

Die Arbeiterbewegung führte in Unterseen über verschiedene Entwicklungsstationen. Der erste, im Jahr 1899 gegründete Arbeiterverein war als Ort der Begegnung und der gegenseitigen Unterstützung gedacht, er sollte als Organisation im Kampf um wirtschaftliche Besserstellung und gesellschaftliche Anerkennung dienen.

Die Zeit des ersten Weltkrieges mit der Verarmung der unteren Volksschichten führte zum Aufbruch im Generalstreik 1918 und damit zur Beteiligung der Minderheiten im Staatswesen, zu Proporzwahlen in Bund, Staat und Gemeinde. In Unterseen bildete daraufhin die SP zusammen mit den Grütlianern von 1920 an während acht Jahren eine mit innern Spannungen belastete Mehrheit.

In der Zwischenkriegszeit mit dem Krisenelend liess sich unsere Arbeiterbewegung nicht verlocken und bestand im Kampf gegen den Nationalsozialismus und den Faschismus eine grosse Bewährungsprobe. Die Auseinandersetzungen gegen die „Fröntler“ wurden auf dem Bödeli öfters sogar mit persönlichem Risiko geführt.

Die Not im zweiten Weltkrieg stärkte das Gemeinschaftsgefühl und damit den Willen zum Aufbau einer sozialeren Schweiz. Nach früheren vergeblichen Anläufen wurde 1947 die AHV und die IV eingeführt. Auch in Unterseen geschah ein grosser Aufbruch.

Während die Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte ihres hundertjährigen Bestehens vor allem für ihre Anerkennung kämpfte und zur Mitarbeit im Gemeinwesen drängte, trug die SPU in der zweiten Hälfte die Hauptverantwortung für die Gemeinde. Das einst arme „Stedtli“ erlebte unter sozialdemokratischer Führung eine erfreuliche Entwicklung, die in weiten Kreisen Anerkennung fand. Der Kampf um eine Besserstellung der mit ihrer Altstadt und den entsprechenden Wohnverhältnissen schwer belasteten Gemeinde führte an zwei entscheidenden Marchsteinen vorbei. Die erste, grundlegende Änderung wurde durch das Steuergesetz vom 1918 bewirkt, als die Steuern nicht mehr am Arbeitsort, sondern neu am Wohnort zu entrichten waren. In Unterseen mit seinem grossen Anteil an Leuten, die auswärts, zum Teil in Interlaken in der Hotellerie, ihrem Erwerb nachgehen mussten, wirkte sich die Neuregelung günstig aus.

Als zweite, entscheidende Wende ist der Kampf um den Finanzausgleich unter den Gemeinden zu nennen. Er machte 1954 in Unterseen eine merkbare Steuersenkung möglich, sodass unsere Gemeinde in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wegen ihres Wohngebietes auch von gutsituierten Leuten entdeckt und nicht mehr der hohen Steuern wegen gemieden wurde. Obwohl sich diese Veränderung im Laufe der Jahre örtlich gegen unsere Partei auswirken musste, hinderte dies die SPU nicht, entschieden dafür einzutreten. Daneben brachte die Neuordnung des Fürsorgewesens, welches den kantonalen Lastenausgleich und damit das Ende des unwürdigen Abschiebens der Armen in andere Gemeinden bedeutete, neben der Entlastung der Gemeinde für die direkt Betroffenen mehr Menschlichkeit. Das nach dem zweiten Weltkrieg einsetzende wirtschaftliche Wachstum mit den vielen technischen Neuerungen führte zu einem andern Lebensgefühl der Menschen. In der dadurch veränderten Gesellschaft suchen die politischen Parteien neue Wege, um den Wandel aus ihrer Sicht und in ihrem Sinn zu beeinflussen. Das Ziel, für allgemein gute Existenzverhältnisse sorgen zu helfen, bleibt aber unverändert.

Die Parteien sind mit diesem Wandel in Gemeinde und Staat eng verbunden. Für die SPU führten die hundert Jahre Streben nach sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung über Höhen und Tiefen, über Erfolge und Enttäuschungen. Die Kraft der Arbeiterbewegung hing und hängt aber immer vom Willen und Einsatz einzelner Menschen ab, die für mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft eintreten. Doch sind die Zeiten vorbei, in denen der Briefträger auf seiner Tour den alten Leuten beim Ausfüllen der Stimm- und Wahlzettel half und am Abend mit den Jungen turnte und sie für die SP warb. Die Aufgabe der Parteifunktionäre ist im Zeitalter der Genussgesellschaft und der Massenmedien nicht leichter geworden. Die Zahl derer, die bereit sind, in den Behörden mitzuarbeiten und sich entsprechend zu exponieren, ist kleiner geworden. Dazu braucht es im täglichen politischen Kampf nach wie vor grosse Standfestigkeit, starke Überzeugungskraft und viel Mut.

In der ersten Hälfte des Jahrhunderts waren im engeren Oberland die aus Grindelwald stammenden und in Interlaken wirkenden Hans Roth und seine Frau Elisabeth Roth-Bernet Leitfiguren in der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. Beide verfügten über ein solides weltanschauliches Fundament und viel persönliche Ausstrahlung, und beide engagierten sich für die Arbeiter- respektive Frauenbildung. Hans Roth hielt als Nationalrat viele welt- und europapolitische Vorträge und konnte seinen Beruf als Geschichtslehrer an der Sekundarschule nicht verleugnen. So sprach er bei uns an der Parteiversammlung vom 2.Juni 1951 zum Thema „Vereinigte Staaten von Europa“. Der Sekretär kommentierte damals etwas unbeholfen: „Weit in die Vergangenheit greifen seine Daten zurück, und bis in die heutige Zeit, mit all den Wirren und Wandlungen, die Europa zu durchschreiten hatte und stets noch vor den Toren des Friedens steht, wenn nicht die breite Volksschicht der Arbeitenden gemeinsam sich zum Zusammenschluss und zur Einigkeit findet.“

Am 7.März 1958 sprach Hans Roth an einer gemeinsamen Veranstaltung der beiden Frauengruppen von Interlaken und Unterseen über „Christentum und Sozialismus“. Die Protokollführerin schrieb darüber: „Das Christentum besteht aus zwei Hauptteilen, die soziale Botschaft und die Kirche mit dem Glauben an das Leben nach dem Tod. Unsere Partei ist in diesem Glauben neutral. Das Christentum und der Sozialismus sind bisher die stärksten Kräfte, welche die Gerechtigkeit unter den Menschen verfechten. Keine anderen Lehren wurden so geschändet wie das Christentum und der Sozialismus. Warum sind wir zur sozialistischen Partei gegangen? Weil sie Gerechtigkeit sucht. Wir sollen uns ein hohes, ideales Ziel setzen, das für Jahrhunderte gilt: Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlfahrt, Menschenwürde, Frieden.“

Vieles bleibt noch zu tun, um die für alle geltenden Menschenrechte weltweit durchzusetzen. Meist muss der Kampf gegen wirtschaftliche Ausbeutung, gegen privilegierte Oberschichten oder gegen religiös verbrähmte Traditionen geführt werden. Er wird besonders hart, wenn egoistische Machterhaltung oder sogar Kriminalität mit im Spiele sind. Ein nachhaltiger Erfolg kann dabei nur erreicht werden, wenn in allen Ländern mit allgemeiner Volksbildung mehr Toleranz und gegenseitige Achtung erreicht werden kann. Im Vertrauen darauf, dass sich immer wieder junge Menschen für die sozialdemokratischen Ideale begeistern lassen und das menschliche Zusammenleben danach ordnen helfen, soll in Unterseen das zweite Jahrhundert der Arbeiterbewegung und auf der ganzen Welt das dritte Jahrtausend für alle zu menschenwürdigen Lebensverhältnissen führen.

Wir geben das Streben nach einer gerechteren Weltordnung nicht auf. Aus den in der Arbeiterbewegung gemachten Erfahrungen wissen wir aber, dass allgemeine Verbesserungen oft im Gegensatz zu Sonderinteressen stehen und deshalb meist hart und in kleinen Schritten politisch erkämpft werden müssen. In diesen Auseinandersetzungen haben sich die daran Beteiligten in der Vergangenheit oft mit Kampfliedern gegenseitig Mut gemacht. Eines davon, das als Volkslied ursprünglich von den Wanderburschen gesungen wurde, fand sogar Eingang in die Singbücher unserer Schulen. Wir haben es oft gesungen, und es wird für uns auch in der Zukunft gelten:

Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘
und die alten Lieder singen,
und die Wälder widerklingen,
fühlen wir, es muss gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit,
mit uns zieht die neue Zeit!

Verzeichnisse

SPU – Parteipräsidenten und Parteisekretäre

Erster Arbeiterverein Unterseen 1899 – 1903

Gründungspräsident: Gründungssekretär:
Grünig Daniel Häsler Jakob
Vereinspräsident: Protokollsekretär:
1899 Grünig Daniel Häsler Jakob
1901 Häsler Jakob Wyss Gottfried
1902 Steiner Johann Häsler Jakob
1903 id. id.
1909 Vereinsauflösung
1910 Reaktivierung
Jossi Johann Guyaz Eduard

Zweiter Arbeiterverein Unterseen 1914 – 1918

Neugründungspräsident: Tagessekretär:
Jossi Johann Schwab
Präsident: Protokollsekretär:
1914 Jossi Johann Niederhäuser Hans
1915 Flück Emil
1916 Schmocker Alfred
1917 Oertig Albert
1918 Feller Rudolf

Sozialdemokratische Partei Unterseen – ab 1918

Präsident: Protokollsekretär:
1918 Jossi Johann Feller Rudolf
Jossi Eduard
1919 Guyaz Eduard
1919 Widmer Fritz Imboden Hans
1921 Rubin Hans
1922 Imboden Hans
1923 Lanker Karl
1924 Michel Robert
1925 Niederhäuser Hans
1927 Roth Fritz
1928 Ferrari Joseph Keller Otto
1929 Himmelberger Ulrich Niederhäuser Hans
Steiner Hans
1930 Ferrari Joseph Ziebold Fritz
1931 Borter Friedrich Ferrari Joseph
1932 Althaus Fritz

Von 1933 bis 1946 sind die Protokolle verschollen.

1934 Beyeler Gottfried
1935 Borter Friedrich
1937 Santschi Christian
1940 Keller Otto
1943 Zimmermann Hermann Flück Hans
1944 Schnider Adolf
1945 Beyeler Gottfried
1946 Beuggert Arnold Bähler Karl
1947 Beyeler Gottfried Götz Arnold
1948 Flück Walter
1949 Eggimann Hans
1950 Martin Otto
1951 Oester Fritz
1953 Leuenberger Willy Wenger Paul
1954 Stähli Albin
1957 Ryf Hans
1958 Ziebold Fritz
1961 Soppelsa Nino
1962 Schläppi Ernst Portner Friedrich
1965 Bhend Peter
1966 Fuchs Anton
1967 Schori Ulrich Liniger Werner
1971 Buchs Hans Simonet Hans
1974 Margot Simon
1975 Schläpfer Walter Geissbühler Hans
1976 Schütz Hans
1981 von Ballmoos Ernst Balsiger Alfred
1982 von Känel Hansuli Schori Christoph
1983 Imboden Heinz
1987 Fritschi Hans Imboden Heinz
1991 Berger Hanspeter diverse 1997 Berger Hanspeter, Eggli Ruth, Seiler Walter (Dreier-Parteileitung)

SPU-Gemeindepräsidenten und Gemeinderäte

Erste Vertreter der Arbeiterbewegung

Im Majorzwahlverfahren an der Gemeindeversammlung gewählt: 1913 Wenger Gottfried, Schreiner
1915 Eng Johann, Parkettmeister
1916 Wenger Gottfried, Vorarbeiter
Beuggert Arnold, Lokomotivführer
Kummer Johann, Bauunternehmer

Vertreter der SPU

Nach dem Organisations- und Verwaltungsreglement (OVR 1920) wurden im Majorzverfahren nur noch der Gemeindepräsident und der Gemeindevicepräsident und neu die sieben Gemeinderäte im Proporzverfahren an der Urne gewählt:

1921 SP 3, Grütlianer 1, FdP 1, BGB 2
Beuggert Arnold, Lokomotivführer Jossi Johann, Maler
Michel Gottlieb, Gipser
Wägeli Albert, Elektromonteur,Grütlianer

1925 SP 3, Grütlianer 1, FdP 1, BGB 2
Jossi Johann, Grossrat
Michel Gottlieb, Gipser
Wirth Johann, Schlosser
Wägeli Albert, Elektromonteur, Grütlianer

1929 SP 3, FdP 2, BGB 2
Götz Albert, Schlosser
Hirschi Ernst, Maurer
Wirth Hans, Schlosser

1930 Schneiderhandel, Rücktritt der SP-Mitglieder und Ersatz durch
Steiner Peter, Schlosser
Himmelberger Ulrich, Schlosser
Schlegel Heinrich, Lehrer

1933 SP 3, FdP 2, BGB 2, KP 0
Wirth Hans, Vizepräsident Roth Christian, Schlosser
Jaun Fritz, Schlosser
Steiner Johann, Schreiner

1937 SP 3, FdP 2, BGB 1, JB 1 (Jungbauern, Heimatbewegung)
Felber Willy, Vizepräsident Kaufmann Christian, Bauarbeiter
Steiner Johann, Zimmermeister
Ziebold Fritz, Monteur

1941 Stille Wahlen:
SP 3, FdP 2, BGB 1, JB 1
Felber Willy, Vizepräsident Frutiger Mathäus, Posthalter
Kaufmann Christian, Bauarbeiter
Ziebold Fritz, Monteur

1945 SP 5, FdP 1, BGB 1
Meuter Werner, Präsident Götz Alfred, Maschinenmeister
Roth Christian, Schlosser
Rubin Hermann, Packer
Schlegel Heinrich, Lehrer
Zimmermann Hermann, Schiffskassier

1947 „Flucht aus dem Gemeinderat“, Neuorganisation
SP 5, FdP 1, BGB 1
Wirth Hans, Präsident Beyeler Gottfried, Lehrer
Borter Hans, Spengler
Michel Christian, Oberbriefträger
Rubin Hermann, Packer
Zimmermann Hermann, Beamter

1949 SP 5, BGB 2
Wirth Hans Beyeler Gottfried, Lehrer
Borter Hans, Spengler
Kaufmann Christian, Landwirt
Michel Christian, Oberbriefträger
Zimmermann Herm., Beamter (bis 1949) Beuggert Arnold (ab Herbst 1949)

1953 Wahlen ohne Beteiligung der bürgerlichen Parteien
SP 5, Bürgerlichnahe 2 (dazu Vizepräsident)
Wirth Hans Beyeler Gottfried, Schulinspektor (bis 1954)
Borter Hans, Spengler
Michel Christian, Oberbriefträger
Oester Fritz, Postangestellter
Studer Arnold, Maurer Schläppi Ernst, Sekundarlehrer (ab 1955)

1957 SP 4, FdP 1, BGB 2
Wirth Hans Oester Fritz, Postangestellter/Grossrat
Schläppi Ernst, Sekundarlehrer
Schori Ulrich, Kassier IBI
Studer Arnold, Maurer

1961 SP 4, FdP 1, BGB 1, HGH 1 (Handel, Gewerbe, Handwerker)
Oester Fritz, Präsident Bhend Gottfried, Monteur
Jost Hermann, Gewerbeschulvorsteher
Schläppi Ernst, Sekundarlehrer
Schori Ulrich, Kassier IBI

1965 SP 4, FdP 1, BGB 2
Oester Fritz Jost Hermann, Gewerbeschulvorsteher
Nyffenegger Max, Werkführer
Schläppi Ernst, Schulinspektor (bis 1966)
Schori Ulrich, Kassier IBI 1966 Schläppi Ernst, Präsident Schläpfer Walter, Briefträger

1969 SP 4, FdP 1, BGB 2
Schläppi Ernst Dietrich Paul, Gewerbelehrer
Nyffenegger Max, Werkführer
Schläpfer Walter, Briefträger
Schori Ulrich, Kassier IBI

1973 SP 4, 3 BGB, LdU 0
Schläppi Ernst Dietrich Paul, Gewerbelehrer
Gafner Alfred, Lehrer
Schläpfer Walter, Postangestellter
Schori Ulrich, Hauptkassier

1977 SP 4, FdP 1; SVP 2
Schläppi Ernst Gafner Alfred, Lehrer
Liniger Werner, Verwaltungsbeamter
Schläpfer Walter, Postangestellter
Schütz Hans, Bahnbeamter

1981 SP 4, FdP 1, SVP 2, Liste der Kleinen (LDU, EVP, FBU, LSP) 0
Schläppi Ernst Gafner Alfred, Lehrer
Liniger Werner, Verwaltungsbeamter
Schläpfer Walter, Postangestellter
Schütz Hans, Bahnbeamter

1985 SP 3, FdP 1, SVP 2, FBU 1 (Freie Bürger Unterseen)
Schläppi Ernst Imboden Heinz, Küchenchef
Mani Franz, Lehrer
Schütz Hans, Bahnbeamter

1989 SP 3, FdP 1, SVP 2, FBU 1
Imboden Heinz, Küchenchef
Mani Franz, Lehrer
Margot Simon, Lehrer

1993 SP 2, FdP 1, SVP 2, FBU 1, EDU 1 (eidg.-dem. Union)
Berger Hanspeter, Dr.med.
Margot Simon, Lehrer (bis 1995)

1996
Margot Simon, Vizepräsident
Linder-Hofstettler Vreni, Englischlehrerin (parteilos)

1997 Achterproporz (inklusive Vizepräsident) nach OgR 1996:
SP 3, FdP 1, SVP 2, FBU 1, EDU 1
Margot Simon, Vizepräsident
Berger Hanspeter, Dr.med. (bis 1998)
Linder-Hofstetter Vreni, Englischlehrerin
Hug Thomas, Elektromechaniker(ab 1999)

SPU-Mitglieder im Bernischen Grossen Rat

1922 – 1930 Jossi Johann
1926 – 1930 Wägeli Albert, Grütlianer, 1926 Übertritt in die SP, 1930 Austritt nach der Wiederwahl
1946 – 1950 Zimmermann Hermann
1950 – 1952 Beyeler Gottfried
1954 – 1966 Oester Fritz
1966 – 1976 Buchs Hans
1976 – 1990 Schläppi-Brawand Margrit, 1986/87 erste Grossratspräsidentin

Benutzte Quellen und Publikationen

Handschriftliche Dokumente

Sozialdemokratische Partei Unterseen
Protokollbuch des Allgemeinen Arbeitervereins Unterseen 1899 – 1903
Protokollbuch der Sozialdemokratischen Partei Unterseen 1914 – 1921
Protokollbuch mit Stempel „Arbeiterverein Unterseen“ 1921 – 1929
Protokolle Section Unterseen vom 25.Januar1930 bis 4.November 1932
Protokollbuch der „Soz. Demokrat. Partei Unterseen“ 1947 – 1954
Protokollbuch 1954 – 1961
Protokollordner 1962-1971, 1971-1987, 1987-1992
Jahresberichte der SPU 1914-1922, 1929-1935, 1940/1941, 1943, 1947-1950, 1953-1981, 1986, 1991
Vier Protokollentwurfhefte 19.3.1918 – 24.10.1919, 21.11.1919 – 26.5.1921, 1.10.1929 – 24.7.1931, 21.8.1931 – 16.1.1934
Protokoll des Bildungsausschusses der Arbeiter-Union Interlaken, vom 18.Oktober 1920 bis 15.Dezember 1931
Kassabuch des Grütlivereins, Sektion Unterseen 1921-1926
Sozialdemokratische Frauengruppe Unterseen
Protokollbuch vom 5.Mai 1947 bis 12.Februar 1953
Protokolle vom 10.März 1953 bis 1.Dezember 1968
Protokolle vom 3.September 1968 bis 6.März 1985
Kassabuch von 1947 bis 1984
Heft mit Mitgliederverzeichnis 1947
Präsenzhefte 1966 – 1977 und 1977 – 1984

Gedruckte Dokumente

Privatsammlung Gottfried Beyeler
Gemeindewahlen 1920 bis 1956; Akten zum Kampf gegen die Nationale Front.

Publikationen

175 Jahre Geschichte der schweizerischen und bernischen Arbeiterbewegung
1800 – 1975, Arbeiterbildungsausschuss der Stadt Bern, Unionsdruckerei Bern 1975.
Solidarität, Widerspruch, Bewegung – 100 Jahre Sozialdemokratische Partei der Schweiz, Limmat Verlag Genossenschaft, Zürich 1988.
Allgemeiner Arbeiterverein der Parquet- und Chaletfabrik Interlaken, Statuten.
Sozialdemokratische Partei Unterseen, Jahresbericht 1947, Buchdruckerei Oberland, Interlaken

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