Vom Heim zur Holding

René E. Häsler sei „es gelungen das Christliche Internat Gsteigwiler im schweizerischen Bildungswesen erfolgreich zu positionieren“, schreibt Renés Sohn Lukas in den Webseiten des Christlichen Internats Gsteigwiler – und ich zögere, den Satz einfach so zu zitieren und den Infinitivsatz nicht mit einem Komma abzutrennen.
Er sei „sehr stolz“, was sein Vater in den vergangenen Jahren aufgebaut und geleistet habe, erläutert der Sohn. Er ist seit 2013 pädagogischer Leiter des Internats, an dessen Spitze als Stiftungsratspräsident Vater René E. Häsler steht – und ich zögere, das idyllische Bild vom Familienunternehmen von der Webseite hier reinzustellen.

Stolz und Vorurteil

„Obwohl wir eine staatlich bewilligte und kontrollierte Institution sind, wird es immer schwieriger neben den kantonalen Jugendheimen und Justizheimen zu existieren“, führt Lukas Häsler ohne Komma im Infinitivsatz weiter aus.
Ich, der vor Jahren in den Schönfels Schulen gearbeitet und erlebt hat, wie sehr das Kindswohl unter Geschäftsmodellen leiden kann, staune in der Tat, was René E. Häsler in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat und leitet – nachfolgend seine aktuellen Verwaltungsratsmandate:

Es fällt mir nicht leicht zu schreiben – und das Komma lasse ich hier weg, weil der Infinitivsatz nur aus dem Infinitiv besteht. Es fällt mir schwer zu schreiben, weil ich den Stab nicht brechen will über René E. Häsler – und auch weil ich nicht klassisch recherchieren und Häsler fragen mag nach dem Werdegang seiner Unternehmungen. Dies zumal die öffentlich verfügbaren Fakten eine klare Sprache sprechen: „Seine positive Energie, das Herzblut für diese Kinder und Jugendlichen und auch seine stets professionelle Einstellung gehören zu seiner Philosophie, welche er an uns als auch an die Mitarbeitenden weitergibt“, bramarbasiert Lukas zu seinem Vater auf den Webseiten des Christlichen Internats in weiterhin eigenwilliger Rechtschreibung.
René E. und seine Frau, die inzwischen eine andere Ehe eingegangen ist, haben nicht nur das christliche Internat gut aufgestellt, sondern auch neun gemeinsame, erwachsene Kinder.
Nachfolgend sind diese Kinder versammelt in der Häsler Group Holding AG um VR-Präsident René E. – Anfänger Abraham, schiesst mir dazu als Alliteration in den Kopf und die Tasten:

Sobald ich eintauche in die Daten des Handelsregisters und des Grundbuchs, stockt mir der Atem und wird mir fast schlecht: Rund um den Patriarchen und seine Kinder schlängeln sich zahlreiche Firmen von Foilsurfing bis zu Pflanzenkohle, wobei sinnigerweise ins Auge sticht, wie dominant die Söhne unternehmerisch gegenüber den Töchtern sind.

Schrecklicher erster Eindruck

Wie lässt sich der Eindruck vermeiden, René E. Häsler habe sich zu Lasten des Sozialstaates und womöglich Schutzbefohlener über Jahre ein ganzes Firmengeflecht zu Gunsten seiner Kinder zusammengeschustert – ja schlimmer noch: als heuchlerischer Pharisäer im frommen Gewand?
Er stünde nicht allein, hierzuberge fallen zurzeit etwa Markus Friedli oder Jakob Schwarz wahlweise mit einem Lebens- oder Geschäftswandel von Schacherern auf, die Jesus aus dem Tempel trieb – wobei sich die Schacherer im Tempel immerhin nicht als Frömmler gerierten.
Das ist ein schrecklicher Eindruck, auch wenn ich weiss, wie gut sich frommes Gehabe und knallharte Geschäftemacherei vertragen – ich bin in Adelboden aufgewachsen, die heilige Dreifaltigkeit ist hier schwergewichtig reaktionär, pekuniär und Pharisäer.

Minderbemittelte Jünglinge schweizerischer Nationalität

Bei all den handelsregistrierten Engagements Häslers fällt sein Mandat in der Jean Charles Stettler-Stiftung besonders auf. Sie wurde erst 2023 gegründet, ist im Internet nicht selbst präsent und hat laut Handelsregister den Zweck, „minderbemittelten Jünglingen schweizerischer Nationalität aus den Amtsbezirken Bern und Bern-Land die Berufsbildung mit Schwergewicht auf handwerklichen Berufen und den Besuch höherer Schulen zu ermöglichen“. Wie eine Nachfrage meinerseits ergibt, ist die Stiftung bei einschlägigen Amtsstellen der Stadt Bern unbekannt.
Wie lässt sich hier ein schlechter erster Eindruck vermeiden, wo mir doch immer wieder zu Ohren gekommen ist, dass bedürftige Jugendliche in einem paramafiosen Meccano von öffentlichen Diensten und privaten Dienstleistern buchstäblich gehandelt werden?

Unternehmerisches Flair

Ich muss mit René E. Häsler sprechen: Er sei angefragt worden, in dieser Stiftung mitzuhelfen, sagt er mir am Telefon, wir unterhalten uns ziemlich lange und angeregt. Sie seien daran, den Stiftungszweck anzupassen, erläutert Häsler, die überkommene Formulierung sei im Zusammenhang mit dem Nachlass aus den späten 1970er Jahren zu verstehen – so weit plausibel.
Dass die soziale und die unternehmerische Seite seines Werdeganges irritiert, dass der Werdegang Fragen nach Sozialmissbrauch aufwirft und mir nicht plausibel erscheint, kann Häsler nachvollziehen.
Der Neffe von Alfred A. Häsler betont jedoch, es gebe jenseits seiner Person keinen Zusammenhang zwischen all den Unternehmen seiner Familie und dem Christlichen Internat: Als Sohn eines Unternehmers und als Enkel zweier ausgesprochen starker, geschäftstüchtiger Grossmütter habe er unternehmerisches Flair mitbekommen und entsprechende Energie – eigentlich sei er ja pensioniert, werde aber selbst auf dem Sofa von Ideen gepackt.
Dass Banken seine Businesspläne unterstützten und teilweise gar mit einstiegen, habe sich ergeben; manche hätten halt ein Gespür dafür, die Segel bei Wind richtig zu setzen, er suche das nicht bewusst, es falle ihm eher zu – und im Übrigen sei es mit vielen eigenen Kindern teilweise einfacher als mit wenigen, weil die Verantwortung auf mehr Schultern verteilt werde.

Epilog

Das lasse ich so stehen und schliesse mit den Zeilen, die das Christliche Internat dem Werdegang des Patron widmet: „René E. Häsler ist in Zollikerberg (ZH) aufgewachsen. Er besuchte das Evangelische Lehrerseminar Unterstrass. Anschliessend unterrichtete er sechs Jahre im Kanton Zürich. Mit 27 Jahren gründete er die private, christliche Internatsschule in seinem Heimatdorf Gsteigwiler bei Interlaken (BE). Zusätzlich promovierte er an der Universität Bern in den Fächern Pädagogik, Psychologie und Psychopathologie. Die Internatsschule hat sich einen Namen durch die Schulung und Betreuung von benachteiligten und schwierigen Kindern und Jugendlichen gemacht. René E. Häsler ist Mitgründer der «Qualitätsinternate Schweiz» und Schulkommissionspräsident, Dozent einer Höheren Fachschule für die Ausbildung zum Sozialpädagogen/ zur Sozialpädagogin, Präsident der Qualitätskommission des Verbandes Schweizerischer Privatschulen und Vorstandsmitglied.“

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