PH: Scholastik von der traurigen Gestalt

Zur europäischen Epoche der Scholastik, deren Hochblüte mit epochalen Umbrüchen (Reformation, Globalisierung) und Errungenschaften (Buchdruck, Perspektive, Integral) zusammenfiel, gibt es eine bezeichnende Anekdote. Zwar fehlen Belege dafür, dass die Scholastiker wirklich darüber diskutierten, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz hätten. Aber die legendäre Geschichte verdeutlicht die Kritik an der Scholastik: weltfremde Haarspalterei sozusagen.

Den aktuellen Wissenschaftsbetrieb etwa an der PH entsprechend zu kritisieren, greift zwar zu kurz: Zum einen hinken Institutionen ihrer Zeit immer hinterher, zum anderen liegt an der PH eine Verbindung zur Praxis schon deshalb auf der Hand, weil hier Lehrkräfte ausgebildet werden (wobei der unziemliche Gebrauch des Nomens Lehrkräfte statt dem aktuellen der Lehrpersonen auf einen Pferdefuss hinweist). Nicht zuletzt menschelt es, was keine Kritik erlaubt, sind wir doch alle Menschen.

Weltferne Haarspalterei

Aber wo Systemisches wirkt, wo mithin Strukturen grundsätzlich Formen erzwingen, ist Kritik nicht nur angebracht, sondern notwendig – es muss, darf und soll ja nicht weltfremde Haarspalterei sein und bleiben.
Die entsprechende Kritik dräut: einerseits aus der Geschichte der PH, andererseits aus den tradierten Geschichten, und schliesslich aus meinen ersten Erfahrungen:

Obwohl grundlegende Dokumente wie der Orientierungsrahmen der PH Bern das Feld ähnlich ordentlich abstecken, wie es der umfassende Lehrplan 21 für die Schulen tut, erscheint die PH systemisch ähnlich chaotisch wie der Betrieb an den Volksschulen.

Wo beginnen, selbst wenn ich systemisch bleibe und den Verantwortlichen im Bereich «Medien und Informatik» nicht ankreide, dass vom Semesterbeginn an zahlreiche wichtige Links nicht funktionieren und die Studierenden nur noch spotten?

Das Allgemeine mag indes im besonderen Bereich der Medien und der Informatik systemisch deutlich durchscheinen: Statt die Schulen samt ihren SuS (Initialabkürzungswort für «Schülerinnen und Schüler») darin zu unterstützen, in unserer Zeit epochaler Umbrüche und Errungenschaften das weite Feld der Medien und der Informatik sach- und stufengerecht zu beackern, dilettieren die Verantwortlichen und bringen den Studierenden etwa bei, wie eine Power-Point-Präsentation funktioniert oder Plakate zu gestalten sind.

Als Anhänger von McLuhan und von Gebser (beschämend, ihn just in Bern nicht anzutreffen) habe ich freilich vollstes Verständnis, zumal Jung und Freud ebenfalls intus sind: Wenn die Herausforderungen zu gross sind, müssen wir verdrängen und uns auf ein Feld beschränken, das wir leidlich überblicken können.

Wirklicher Handlungsbedarf: einschlägige Werbung auf dem Weg vom Bahnhof an die PH Bern.

Überforderung, Verdrängung, Übertragung

Von einer Institution, die auf hohen geistigen Ebenen das Lernen und Lehren thematisiert :-(und diejenigen ausbildet, die unsere Kinder ausbilden;-), erwarte ich freilich mit vorab eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen der Zeit.
Was mir stattdessen an der PH vor allem begegnet, ist Scholastik – und sie ist nicht einmal gut. Denn wäre sie es, würde sie wenigstens für Interdisziplinität sorgen: dass fächerübergreifend gearbeitet wird, und zwar mit leidlich einheitlichen Terminologien – und dass nicht der eine Dozent an der PH von EVA spricht und der andere von AVE, wo sie doch letztlich dasselbe meinen.
Selbstredend wäre eine Vereinheitlichung über die PH hinaus eine Überforderung im Rahmen der aktuellen scholastischen Hochblüte vorab der Geisteswissenschaften.

Aber zum einen ist der überaus intellektuelle und akademische scholastische Zugang gerade an einer PH keine Notwendigkeit und im Orientierungsrahmen jedenfalls nicht angelegt, und zum anderen ist es einfach ein Unsinn, die Studierenden auf Terminologien zu konditionieren – ich kenne meine Pappenheimer, meine studierten Damen und Herren.

Die PH-Strategie: so wohl- wie hohlklingend.

Aber an der PH ist aus meiner bisherigen Warte eben Scholastik in ihrer hilflosen Form: kleine Felder ganz genau abstecken und klarstellen, was und wer darin Platz hat – Engel auf einer Nadelspitze halt.

Es ist zum Heulen und Zähneklappern.

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