La-la-lachen-Land

von Marcel Prost*

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Oder so ähnlich. Was mich betrifft, so kann ich sagen, dass ich, wie viele andere Menschen auch, ausgesprochen gerne lache. Nicht gerade ab jedem Scheiss, aber doch über vieles. Ich kann mich zum Beispiel noch gut daran erinnern, als ein SVP-Politiker meinte (legendär), dass das was die hysterischen Klimaschützer als Klimawandel bezeichnen, in seinen Kreisen ganz einfach Wetter heisse. Hahaha – ich habe mich fast nicht mehr eingekriegt vor lachen. Ganz ehrlich, ich fand es superlustig. Weil es in Tat und Wahrheit so todtraurig ist.
Und da liegt ja auch der Kern des Humors. Es ist ein Schutz gegen die Dummheit. Ein Schutz gegen das Elend, gegen die Ungerechtigkeit. Ein Trost. Man muss sich ja nicht gleich totlachen.

Eine neue anarchische und seriöse Denkrichtung in der Anthropologie fragt sich ja auch nicht mehr unbedingt, wann genau die ersten Tyrannen, Könige und Herrscher in der Menschheitsgeschichte aufgetaucht sind, sondern ab wann sie nicht mehr einfach weggelacht wurden (David Graeber, David Wengrow; Anfänge, Eine Geschichte der Menschheit).

Auch wenn der Schreibende nicht alle lustigen Schweizerinnen kennt, so empfindet er es trotzdem als befremdlich, dass ihm so gar niemand lustiges in den Sinn kommt. Ausser vielleicht sein neunjähriger Nachbarsjunge. Der ist so gewitzt, frech und gleichzeitig charmant, dass ich die Maulecken nicht mehr runterkriege, wenn mal wieder eine Runde Trashtalk-Sparring (ohne Zoten) angesagt ist. Ich finde ihn goldig. Nur ist dieses Komiktalent kein Schweizer, sondern Albaner. Ich befürchte, dass talentierte Komiker nicht so privilegiert schnell eingebürgert werden wie ihre fussballernden Pendents. Sofern sie das überhaupt wollen. Weiterer Humor mit deutscher Zunge: Da haben doch die Österreicher zumindest in der Breite einen Schmähvorteil. Trotzdem sei Ihnen im nicht nachhaltigen Tourismusgeschäft kein Feriengast gegönnt, welcher nicht auch hier bei uns schöne Ferien machen kann. Klar, der Gast bezahlt dann mehr, dafür hat er aber auch weniger auf dem Teller. Aber er läuft auch nicht Gefahr, sagen wir es mal euphemistisch, „übertrieben freundlich“ behandelt zu werden wie bei den Ösis. Seit die Angestellten der diversen Berner Oberländer Bergbahnen in Kurse geschickt werden, wo sie lernen, dass ihr Ober- und Unterkiefer im Gegensatz zu früher, nicht nur auseinandergezwängt werden kann um in die so entstehende Lücke Bätzi zu schütten, sondern, dass man unter Zuhilfenahme des Zwerchfells durchaus auch Worte und Sätze wie zum Beispiel „Danke“ oder „Have a nice day“ formen kann, hat es wirklich stark gebessert. Wirklich! Stark.
Kommen wir kurz zum nördlich deutschsprachigen Humor der Teutonen: Ein dünnes Buch.

Man flüchtet also in die einzige Fremdsprache, derer man einigermassen mächtig ist – in meinem Falle das Englische. Zuerst zu den Amis: Einerseits ist mein persönlicher König der Komiker tatsächlich ein Amerikaner, nämlich Lenny Bruce* und andererseits hab ich bei den unzähligen US-Kinokomikern immer so das Gefühl von, wie soll ich sagen? Drückebergerhumor!? Lenny Bruce spielte in den prüden 50er und 60er Jahren vor allem in Strip Clubs, weil er sonst überall, vor allem im TV, schwarzgelistet war. Ein Visionär mit unfassbarem Mut. Sehr frech. Sehr schnell. Der Muhammad Ali des Stand Up.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass fast jede/jeder durchschnittliche Britin/Brite Freitag Abend seven pm in einem xbeliebigen Pub des Königreichs lustiger ist als alle professionellen „Comedians“ im deutschen Sprachraum zusammen. Woher das kommt? Nun, wahrscheinlich auch wieder, weil sie seit Jahrhunderten eigentlich nichts zu lachen haben. Ganz sicher nicht mehr seit Margaret Thatcher* und insbesondere aktuell auch nicht mit „Look at my loony haircut, I’m such a crazy lying son of a bitch“-Prime Minister Boris Johnson. Desen Spitzname auf der Insel lautet ja Boris The Clown. Was natürlich eine absolute Beileidigung ist für alle Clowns dieser Welt.
Also immer, und immer wieder Monty Python oder alte Aufnahmen von The Young Ones. Peter Cook, der junge Dudley Moore und auch Peter Sellers. Sacha Baron Cohen? Sure!
Alt? Von gestern? Ich weiss – aber gut! Und zehnmal schärfer als der Unterhaltungsbrunz heutztage (Gruss an Tinu Heiniger, du geile Siech). Jedoch auf BBC TWO gibt es nach wie vor Live At The Apollo (Mo. + Fr. 23:00). Sehr lustig. Nur – das muss ich gestehen – wenn die SchottInnen vom Leder ziehen, verstehe ich kein Wort. EngländerInnen aus dem Norden, WaliserInnen, IrInnen aller Inseln…. auch nicht so einfach. Fair enough!

Anzumerken bleibt zum Ying und Yang des Lachens und Weinens noch, dass die wahnsinnig lustigen Engländer nebst Sketchen wie zum Beispiel jenen mit dem toten Papagei auch den Manchester-Kapitalismus erfunden haben. Und dieser wird so wie es ausschaut, mit all seinen Begleiterscheinungen wie „hier nennt man das Wetter“ die Menschheit auslöschen. Sooner or later, No joke! I’m truly sorry.

Wenn es dann soweit ist, mit dem Ende der Welt und ich das tatsächlich erleben respektive erleiden sollte (gefühlsmässig: wohl eher nein; zu alt), dann wird meine Begleitmusik auch englisch sein.
Englischer geht es nicht:

Ladies And Gentlemen We Are floating In Space“ von „Spiritualized“.

Gute Reise!

Ah! Jetzt muss ich doch noch Schmunzeln, wenn ich an Schweizer Humor denke: „Nadeschkin“ von „Ursus und Nadeschkin“. Also Nadja Sieger – sie finde ich dann schon eine lustige Nudel. Und überhaupt. Wirklich!

Und Hazel Nusser (etwas platter Nachnamenswitz) traue ich ganz klar ein supi Comeback zu.

*Die Eiserne Lady, Lenny Bruce und Marcel Prost haben am gleichen Tag
Geburtstag

Spiritualized
Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space

1997

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