Wahlkrampf 2019: Wen der Ständerat vertritt

Die vierjährige Legislatur des Schweizer Parlamentes neigt sich ihrem Ende zu, diesen Herbst sind wieder Wahlen, demnächst wird das Wahltheater so richtig beginnen.

Zu diesem Anlass, bei dem letztes Mal 2015 nicht einmal die Hälfte der Stimmberechtigten eine Wahl trafen, nachfolgend ein paar Übersichten, wem der Ständerat mit seinen 46 Mitgliedern in der letzten Legislatur besonders verpflichtet gewesen ist. Quellen sind zum einen die ausgezeichneten Webseiten der Parlamentsdienste, andererseits die Organisation Lobbywatch, die den Damen und Herren in den Parlamenten auf die Finger schaut.

Die Landwirtschaft gilt als herausragende Lobby im Land. Im Ständerat bildet sich das aber keineswegs ab, ganze 9 von 46 Mitgliedern sind der Branche verpflichtet. Allerdings hat die starke Stellung der Landwirtschaft auch damit zu tun, dass sie einerseits letztlich verstaatlicht ist und andererseits hervorragend organisieren und mobilisieren kann.
Elf Mitglieder des Ständerates sind mit der Umweltbranche verbunden, inbegriffen Tierschutz und Cleantech; die Lobby ist stärker als jene der Landwirtschaft. Allerdings stehen hinter der Umweltbranche keine grossen Apparate: Die Umwelt zu schützen, ist betriebswirtschaftlich mit Kosten verbunden, denen die Wirtschaft nach Möglichkeit aus dem Weg geht. Mithin brauchen Umweltanliegen politisch Willen und Durchsetzungskraft.
Mit 15 Mitgliedern ist die Bau- und Immobilienbranche im Ständerat sehr stark und praktisch nur auf bürgerlicher Seite vertreten – und Treuhänder sind hier noch nicht inbegriffen. Im Gegensatz zur Landwirtschaft oder der Pharmabranche verstehen es die Lobbyisten vom Bau und den Immobilien jedoch, unauffällig zu bleiben. An Durchschlagskraft fehlt es aber nicht.
Die Finanz- und Versicherungsbranche samt den Krankenkassen dürfte im Ständerat mit 20 weitgehend bürgerlichen Vertretungen numerisch die stärktse Lobby haben. Das ist aus mehreren Gründen beunruhigend: Einerseits leisten diese Branchen volkswirtschaftlich keinerlei produktiven Beitrag – sie sind also auf Abgaben aus Wirtschaftszweigen wie der Landwirtschaft, dem produzierenden Gewerbe oder der Industrie angewiesen. Andererseits erklärt die extrem starke Lobby ohne weiteres Phänomene wie die ständigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen oder den stillen Widerstand gegen moderne und elegante Steuersysteme wie die Transaktionssteuer: Die Politik hat systemisch gar kein Interesse an wirksamen Massnahmen, zumal die Bevölkerung fast nach Belieben gemolken werden kann und den Lobbyisten praktisch unbeschränkt Geld zur Verfügung steht – ein grandioser Teufelskreis zulasten der Bevölkerung, den Alt-Bundesrat Kaspar Villiger letzthin bestechend klar erläutert hat.

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